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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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kann warten.
    Er war zwei Schritte vom Bett entfernt – na ja, in diesem Zimmer war man nie mehr als zwei Schritte von irgendetwas entfernt – als Jamaica an die äußere Tür seiner Luftschleuse klopfte. Jonathan brauchte nicht einmal zu raten, wer dieser späte Besucher sein konnte. Immer noch in sein Handtuch gehüllt, öffnete er ihr wortlos, was so schon eine Anklage war.
    »Hallo.« Sie zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Ich habe dir dein T-Shirt zurückgebracht.« Auf obercool zu machen war im Augenblick nicht die richtige Strategie. Sie rauschte an ihm vorbei in das Zimmer. Mittlerweile kannte sie das System der Türen und wusste, wo man sich hinsetzen konnte. Jonathan konnte es nicht verhindern, trotz all dem, was er ihr übel nehmen wollte, hinter ihr herzublicken, als sie durch den Raum schritt. Sie hatte nun einmal einen Gang, von dem man die Augen nicht lassen konnte.
    Heute Nacht trug sie gebleichte Jeans, die so eng waren, dass er einen Druck im Unterleib verspürte. Weiche Lederstiefel mit flachen Absätzen. Ein frisches Sweat-Shirt mit BEVERLY HILLS HOTEL in goldglitzernden Buchstaben auf burgunderrotem Untergrund. Sie schälte sich aus einer gefütterten braunen Bomberjacke mit Büscheln abgenutzter Wolle am Kragen und einem abblätternden Abzeichen, das auf die Besatzung der B-24 ›Sweet Eloise‹ von der Flying-8-Ball-Staffel im Zweiten Weltkrieg hinwies.
    »Weißt du«, sagte sie, »als ich noch klein war, hat meine Mutter mir beigebracht, dass, wenn man will, dass Jungens auf einen stehen, man sie dazu bringen muss, von sich selbst zu erzählen. Das hat auch immer geklappt. Und dann habe ich eine viel schnellere Art gefunden, wie ich Jungens für mich interessieren konnte. Da wurde ich – wie soll man sagen? – reifer. Ich beschloss, beide Strategien miteinander zu kombinieren, und das klappte hervorragend. Es war definitiv angenehmer, als mir den Kopf zu zerbrechen, wie ich einen Abschluss kriegen konnte. Hörst du mir zu?«
    »Willst du was zu trinken?«
    »Ein Bier wäre nett. Und noch etwas von diesem speziellen Kaffee, den du gemacht hast.« Sie wusste, warum er so unpersönlich und eisig höflich war. Ihr war so schon kalt genug. »Jonathan, hör mir zu. Ich tue das, was ich tue, und ich rede selten darüber. Normalerweise würde ich mir nicht die Mühe machen, hierherzukommen und …«
    »Vergiss es.« Er wischte es mit der Hand weg, die klassische Geste, mit der man ein Bollwerk aus Unsinn zusammenfallen lässt. »Ich bin nur ein Arschloch. Das ist mein Tag, an dem ich ein Arschloch sein darf. Ich weiß, was du tust.«
    Das führte zu einem hoffnungsvollen Lächeln. Kein fröhliches Lächeln, aber für den Augenblick reichte es. »Was hältst du davon, wenn wir den Part, in dem wir uns streiten, einfach überspringen?« Sie hielt ihm ihre Hand in einem Akt guter Kameradschaft hin, wobei sie eine komische Imitation einer militärischen Ehrenbezeugung abgab.
    Er schlug ein, und sie schüttelten einander die Hände. Der Kontakt mit ihrer Haut trieb ihn fast zum Wahnsinn.
    Er brühte noch einen Columbian Supremo auf, der im Supermarkt mittelfein gemahlen worden war.
    Ein weiterer Schritt: »Nach all der Scheiße, die an diesem Wochenende passiert ist, wollte ich nur sagen, dass, wenn du diese Szene wirklich nicht ausstehen konntest und das ernst gemeint hast, als du gesagt hast, dass du etwas dagegen unternehmen wolltest, dann kannst du das tun. Du kannst uns helfen: Cruz, mir, uns allen. Verdammt, glaubst du, es macht mir Spaß, Bauhaus einen abzulutschen? Dann musst du mich für verrückt oder für verdammt pervers halten. Nein danke, Kumpel.«
    Was auch immer Bauhaus gegen sie in der Tasche hatte, was für eine Scheiße sie auch am Hacken hatte, wie übel das auch werden mochte, für Jonathan spielte das jetzt keine Rolle mehr. Ich habe sie da. Sie ist jetzt hier.
    »Hat deine Mama dir auch die anderen Sachen beigebracht?« Er versuchte zynisch zu klingen.
    »Ha!« Das war ein Lachen. »Wie viel haben deine Eltern dir über den kleinen Mann in deiner Hose erzählt?«
    »Der Punkt ist zwischen uns nie hochgekommen?«
    »Nie hochgekommen?« Die Doppeldeutigkeit ließ sie kichern. »Du hast dich mit dem Puderzucker von Onkel Bauhaus vergnügt, habe ich recht, mein Freund?«
    »Bin ich das?«
    »Bist du was?« Sie setzte sich im Schneidersitz hin und lehnte sich zurück, wobei sie ihre Jacke als Kissen benutzte. Sie taute nun langsam auf. Draußen stürmte es fürchterlich, der Wind

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