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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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Das skelettierte Grinsen war für immer erstarrt. Seine Hand verschwand im Innern des Dings, als er weiterhackte und seinen Gegner ausweidete. Er hörte das Klappmesser nutzlos zu Boden poltern.
    Hab dich.
    Das Ding schnappte sich eine Handvoll von Edgars Haar. Edgar bemerkte, dass es nicht vor Anstrengung keuchte, nicht in Todeszuckungen röchelte. Es atmete gär nicht.
    Edgars Griff um das Rasiermesser lockerte sich. Es hing tief in der Leere einer ausgeweideten Bauchhöhle und richtete dort genauso wenig Schaden an wie in der ganzen Zeit vorher.
    Edgars Füße verließen den Boden, als er in die Höhe gehoben wurde. Er fühlte seine Pantoffeln herunterfallen. Er wehrte sich und änderte damit nicht das Geringste. Das Totenschädelgrinsen öffnete sich noch weiter. Und dann kam der Schmerz, warm und weit entfernt, der zu einem Maximum anschwoll, als Edgars Kehle herausgerissen wurde. Der Knorpel seines Adamsapfels wurde wieder ausgespuckt und hüpfte losgelöst über die Fliesen des Badezimmers.
    Das Handtuch fiel herunter und saugte sich voll Blut. Edgar strampelte.
    Die Katze beäugte das rollende Teil im Badezimmer; es konnte ja ein Spielzeug sein, mit dem man herumtollen konnte.
    Edgar fiel zu Boden, tot wie nur irgendwas. Sein Fall trieb das Klappmesser tief in seine Schulter hinein, aber den Schmerz konnte er nicht mehr fühlen.
    Die Geräusche, die Edgars ausblutender Körper verursachte, waren alles, was die abrupte Stille störte.
    Dann began der Eindringling zu zittern. Er streckte bebende Klauen aus, um sich gegen die engen Wände des Badezimmerflurs abzustützen, während seine blutige Vogelscheuchengestalt durch den Ansturm des Sieges hin und her wippte. Verklebte, schleimige Paste bahnte sich durch das Loch in der Speiseröhre in dicken, pumpenden Stößen einen Weg nach draußen. Das vertrocknete Gewebe des Gesichts wurde mit einem frischen Schwall blutigen Schweißes neu getränkt, der feucht herabfloss und doch kalt und leblos war. Altes Blut. Verbrauchtes Blut. Es füllte die Risse und Falten in dem schrecklichen Gesicht aus, so wie Tinte rissiges Leder, und tropfte dann hinunter, um auf die gleiche Art das eigentliche Leder der vergammelten Biker-Jacke einzufärben. Tropfen, die nicht absorbiert wurden, glitzerten in dem dürftigen Licht.
    Obwohl sie jetzt mit nassem Rot imprägniert war, knirschte die Jacke trotzdem, als sich der Eindringling steif hinunterbeugte, und mit Totenhänden in fingerlosen Handschuhen seinen eigenen glibberigen Abfall wieder einsammelte. Die Masse war glitschig und ließ sich kaum halten. Sie wurde dahin zurückgeschaufelt, wo sie herkam, und dann mussten notdürftige Knoten im zerschlitzten Leder der Jacke dafür sorgen, dass sie an Ort und Stelle blieb. Der Reißverschluss war oxidiert und nutzlos, in Rost erstarrt. Die Jacke war an der Vorderseite zu Streifen zerschlitzt.
    Der Eindringling beugte sich noch einmal hinunter, vorsichtig, so als sei er sich bewusst, dass er dies nicht allzu häufig machen durfte, wenn er dabei nicht zu einem Gulasch aus zerrissenen Fleischfasern zerfallen wollte. Er benutzte seinen langen, zum Kokainschnüffeln zurechtgefeilten kleinen Fingernagel, um eines von Edgars Augen herauszulöffeln. Das Auge zog spaghettiartige Nervenenden hinter sich her. Es wurde sorgfältig in einer leeren Augenhöhle plaziert, wo es einen Schwall ockerfarbenen Eiters verdrängte und sich drehte, bis die Pupille nach vorn zeigte. Sie kontraktierte plötzlich, als sie neue visuelle Signale erhielt.
    Der Eindringling nahm nur ein Auge. Ein Auge reichte zum Sehen. Er stieg über Edgars Leiche hinweg und ging in das Badezimmer. Dort stemmte er die Bretter los, die das vernagelte Luftschachtfenster verdeckten. Jetzt war Essenszeit. Aber zuerst beugte er sich noch einmal herunter und benutzte den Stummel eines madenzerfressenen Fingers, um FUCK ME in das klebrige Rot auf der Stirn seines jüngsten Opfers zu schreiben.

19.
    Der eisige Wind ließ Jonathan keuchen, und heute Nacht japste er sogar stärker als ein Rudel Jagdhunde. Die Garrison Street bildete einen Windtunnel, in dem ein Schneesturm heulte. Die Temperatur lag weit unter null, und der Schnee war hart und stechend wie Sandpapier. Das bloße Luftholen und jede Art von Bewegung gingen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit. Man konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, geschweige denn nett zu Fremden sein. Jonathan begann, die Unfreundlichkeit der Chicagoer Einwohner zu verstehen.
    Der Taxifahrer wollte

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