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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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blutverschmierte Automatik lag immer noch auf dem Boden, und Bashs angeschlagener Schädel ließ ihn auf sie niederstarren, als sei sie das offensichtlichste Indiz der Welt – in den Händen eines Trottels, der zu dumm war, die Botschaft zu entschlüsseln.
    Die Flasche Kahlua, die er als Präsent für Jonathan hatte mitgehen lassen, steckte immer noch in seiner Manteltasche und blutete Kaffeelikör.
    Das und die auslaufende Wand stellten ihn vor die Frage, was mit seinem Freund passiert war.
    Er hob die Waffe und drehte sie in seiner Hand. Schwer und geladen. Das war kein Spielzeug. Sein Daumen strich über den glatt polierten Sicherungshebel, und sein Finger krümmte sich leicht um den Abzug.
    Die Tür öffnete sich, und sein Herz setzte aus. Er stand kurz davor, die Person, die im Türrahmen auftauchte, einfach wegzupusten.
    »Ich habe Marko gerade auf seinem Weg nach draußen verpaßt«, sagte Jamaica. »Besser gesagt, er hat mich um Haaresbreite verfehlt. Du musst Jonanthans Freund sein. Der Kerl mit dem Wagen.«
     
    Wenn Fergus einen Nachnamen hatte, dann kannte den zumindest niemand, und auch sein sprachliches Repertoire umfasste nur wenige Ausdrücke: Bullshitt, Mistding, verflucht, wenn ich wissen und Mackisch.
    Wenn man im Ausland ist, dann geht man meistens davon aus, dass die beiden wichtigsten Fragen Wie nennt man das? und Wie spricht man das aus? sind. Was seine Pflichten als Hausmeister, Klempner und Verwalter des Kenilworth Arms anging, so fand Fergus es viel praktischer, dies nicht zu wissen, weil er damit Arbeit vermeiden konnte, die die armseligen Bewohner des Hauses sowieso nicht zu würdigen wussten. Und für die sie auch keine Trinkgelder herausrückten.
    Warum laufen die Toiletten im zweiten Stock über?
    Verflucht, wenn ich wissen.
    Was ist mit dem Fensterglas, das du für Nr. 210 zugesagt hast?
    Bullschitt. Mistding von Scheibe muss isch sauber mache.
    Wann reparierst du endlich die Waschmaschine in der Waschküche?
    Mackisch.
    Das bedeutete, dass Fergus ein Meister des Provisoriums war, ein Held der Flickarbeit. Wenn die Bewohner irgendwann die Nase voll hatten und kündigten, dann behielt er normalerweise ihre Kaution, weil sie ihren Mietvertrag nicht fristgerecht gekündigt hatten. Das Geld strich er ein. Damit konnte er Vorratspackungen Hundefutter und die eine oder andere Flasche Night Train kaufen. Und wenn noch etwas übrig blieb, dann war das für Videokassetten, auf denen Weiße sich gegenseitig in den Arsch fickten, oder auch für die käufliche Gesellschaft eines weiblichen Wesens unter fünfzig, das sich alle paar Wochen mal die Beine rasierte.
    Fergus liebte verdorbene Frauen.
    Seine Beziehung zu den Bewohnern des Kenilworth war wirklich symbiotischer Natur. Sie bekamen voneinander das Nötigste, was sie zum Leben brauchten, wie Bandwürmer auf gegenseitiger Basis, die nie genug nahmen, um den Wirt zu töten. Fergus war eine uneingeschränkte Autorität auf dem Gebiet des Parasitismus. Gewissermaßen war das auch der Grund, warum er als der Concierge der Hölle bleiben durfte.
    Damals, 1972, hatte sein Boss ihm erklärt, dass das Kenilworth Arms während der Prohibitionszeit gebaut worden war und dass man dazu die Steine und andere Materialien von abgerissenen Häusern verwendet hatte, deren Bauzeit his in die 1880er zurückreichte. Fergus hatte sofort den besonderen Duft der Steine bemerkt, die Ausdünstung von Mumientüchern oder der Geruch, den alte Grabsteine verströmen, wenn sie auseinanderbrechen. Ein Amerikaner hätte diesen Geruch nie bemerkt. Es war der Geruch des Alters.
    Das Gebäude war etwas Besonderes. Der Boss hatte das deutlich herausgestellt. Es existierte ein Tunnelsystem, das man vom Keller aus erreichen konnte, sowie eingebaute Hohlräume – kleine Vorratskammern – zwischen dem zweiten und dritten Stock. Die waren ursprünglich konstruiert worden, um größere Mengen schwarzgebrannten Alkohols zu verstecken.
    Fergus war nicht scharf auf den Job gewesen. Das Ding in ihm hatte ihn gezwungen, Ja zu sagen. Später kam er zu der Überzeugung, alles habe sich zum Besten gefügt. Dieses Leben war ganz okay.
    Das Ding, das in ihm lebte, hatte sich zuerst als Stechen bemerkbar gemacht – ein bohrender Schmerz direkt unter seinem linken Lungenflügel, der Stiche aussandte, als ob man zu schnell gelaufen sei oder falsch atme. Er blieb bestehen, rhythmisch pulsierend.
    Danach hatten die Magenschmerzen eingesetzt. Dann schweres Sodbrennen. Er hatte Fusel in sich

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