Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
Vom Netzwerk:
wenn er es jetzt anziehen würde; es war schlimm genug, dass er sich wieder in die anderen getragenen Klamotten zwängen musste.
    Als er wieder ins Wohnzimmer kam, lief der große Videoprojektor. Freddy Krueger hetzte Traumgirls und zerlegte sie, wenn er nicht gerade dumme Sprüche machte. Cruz hielt sich jetzt an die leichteren Gänge aus der Mandarin-Küche, wohl wissend, dass nach dem Gemüse und den Vitaminen sein Urin phosphoreszieren würde. Eine weitere dieser mörderisch gut aussehenden Koksprinzessinen war in einem anderen der hinteren Räume wieder aus ihrem Schlummer erwacht. Diese hier hatte braune Locken und schwere, bunte Ohrringe. Faszinierende Augen, videoblau in einem ausdruckslosen Babydoll-Gesicht. Sie wirkte raubtierhaft und geschmeidig. Bauhaus stand unbestreitbar auf junges Gemüse. Sie trug einen kurzen Frottee-Bademantel und sagte nichts. Laut Bauhaus war ihr Name Krystal.
    Sie hießen immer Krystal. Oder Chaka, oder Suki, oder Lolabelle oder Star oder Tanya oder Chari. Und sie endeten immer mit einer Überdosis, weggeworfen, ausgebrannt. Oder sie segelten vom nächsten Balkon herunter …
    Chiqui vollführte in Cruz’ Gedanken wieder ihr Zirkusstückchen. Platsch.
    Cruz ging näher an den Film heran. Bauhaus fütterte die Mädchen mit Nudeln. Ein Bohnenkeimling hing in dem Zweitagebart an seinem Kinn; Chari schnurrte und leckte ihn ab. Sie kaute dabei lasziv, und ihre vorwitzigen kleinen Titten hüpften und sprangen bei jeder Bewegung ihres aerobicgestählten Körpers.
    »Bereit für einen Test?«, fragte Bauhaus. Er stand auf und zündete sich eine überteuerte kubanische Zigarre an, an der er hektisch sog, bis ein grauer Schleier über dem ganzen Wohnzimmer lag.
    »Was hast du denn da?«
    Bauhaus deutete mit der Zigarre in Richtung der Bar, wo Chari die Dinge so zurechtgestellt hatte, wie er es ihr aufgetragen hatte. Drei ordentliche Pyramiden weißen Pulvers waren auf der Onyxfläche vorbereitet. Sie wurden von Halogenlampen dramatisch ausgeleuchtet.
    »Rosie hat deine erstaunliche Nase empfohlen«, sagte Bauhaus. »Jetzt will ich sehen, wie du deinen Stoff auf die Reihe kriegst. Beziehungsweise meinen Stoff.«
    Krystal kicherte wie eine irre Axtmörderin.
    Cruz sah sich das Kokain kurz an. Es sah aus, als sei es gerade frisch vom Block gekratzt worden. Chari hatte zwei saubere Spiegel herausgelegt, einige einseitig geschliffene Rasierklingen, Laborspatel, Luftbefeuchter, Wattebäusche und einige Reagenzgläser mit Korkstopfen. Es sah aus, als sei die Bar für eine Operation an einer außerirdischen Lebensform vorbereitet.
    »Tor Nummer eins, Tor Nummer zwei«, Bauhaus zählte die Haufen durch, »und Puerto Numero Tres.« Diesmal lachten beide Mädchen und machten es sich gemütlich, um zuzusehen, eine rechts und eine links von ihm hinter der Bar.
    Cruz zog die Luft durch die Nase ein. Beide Nasenlöcher waren frei. Er angelte sich einen Stuhl und setzte sich, ihnen genau gegenüber.
    »Jetzt erzähl mir was über das Zeug hier«, sagte Bauhaus.
    Cruz nahm eine Prise von dem äußeren linken Haufen und rieb es zwischen den Fingern, wobei er das meiste wieder auf den Haufen zurückfallen ließ. Er berührte seinen Finger dann mit der Zungenspitze.
    »Ist in einer davon destilliertes Wasser?«, fragte er und zeigte auf die Spritzflaschen.
    Bauhaus nickte: »Ich habe auch Vitamin E, falls du das möchtest.«
    »Noch nicht.« Über den ersten Haufen sagte er: »So aus dem Stand würde ich sagen, das ist eine ungefähr 40-prozenüge Mischung.« Mit der Rasierklinge und dem Spiegel hackte er eine 30-mg-Linie, die exakt fünf Zentimeter lang war. Er sah sich um, bis ihm ein gläserner Trinkhalm gereicht wurde, und zog den Mix in sein linkes Nasenloch. Er ließ die Mischung brennen, dann schniefte er es herunter und nahm einen Nachschlag, wobei er abwechselnd seine Nasenlöcher zuhielt.
    »… versetzt mit Babypuder und Speed.« Irgendein rätselhafter Zusatz lähmte seine Nasenschleimhäute; das war nicht die anästhesierende Kälte von reinem Koks, sondern wahrscheinlich eher die psychoaktive Salzigkeit von Procain oder der Koffeeinschub von Benzocain. Als Trip war es kaum stark genug, um Cruz’ Blutdruck ansteigen zu lassen. Aber auf der Straße würde es durchgehen. »Fünf bis sechs Linien Minimum, um auf Touren zu kommen. Du verkaufst das Zeug an Schulkinder? Macht Sinn. Die werden wohl nichts Besseres kennen.«
    »Babypuder für die Babys.« Bauhaus strahlte. »Ist das nicht so …

Weitere Kostenlose Bücher