Der Schacht
hier nur raus.« Seine Augen suchten nach dem AUSGANG-Schild, dem Gral, der jetzt in seiner Reichweite lag.
Jonathan senkte seine Stimme, als sie sich der Schwingtür näherten. »Ich habe den Wagen. Jamaica ist auch da. Bauhaus hat das mit der Kaution erledigt, aber sie hat das Geld abgeholt.« Okay, dachte er bei sich, damit wäre der Gefallen getan, er hatte sich demütigen lassen, er hatte seinen Schlaf geopfert. Jetzt kam die Revanche. »Hör mal zu, Cruz. Wir müssen über einiges reden …«
Cruz schnaufte – ganz, ganz vorsichtig – und lächelte, soweit sein zerschlagenes Gesicht das zuließ. Es war eher eine Leichenbittergrimasse. »Hat sie dich gefickt?«
»Nein, darum geht es nicht.«
Cruz ließ ihn nicht ausreden und wischte das mit seiner unverletzten Hand weg. Die Plastiktüte schwang hin und her. »Warte noch … ein bisschen damit. Lass uns … erst hier raus.« Jonathan hörte hierausch.
Erst musste alles holterdiepolter gehen. Jetzt sollte er warten. Was für ein schöner Tag!
Als er und Cruz aus der Wache kamen, war es im Wagen heimelig warm. Als Jamaica Cruz zu Gesicht bekam, sprach ihre Miene Bände: oh mein Gott.
»Ich habe Percodans in meiner Tasche«, sagte sie ihm, und das war alles, was Cruz hören wollte. Er schluckte trocken zwei hinunter und spülte dann mit einem Schluck ihres Wassers hinterher.
»Zuerst müssen wir los. Bauhaus …«
Jonathan fühlte einen flüchtigen Ärger darüber, dass ihm nicht nur nicht gedankt wurde, sondern dass er jetzt auch noch den Chauffeur spielen sollte. Aber wenn er sich jetzt aus seiner Samariterrolle herausstehlen wollte, wäre das genauso feige und unpassend wie der ganze Rest seines Lebens. Außerdem: Zu hören, was sich in dem Appartement über ihm zugetragen hatte, entpuppte sich auf unerwartete Art als unterhaltsam, so als sehe man zum ersten Mal extraterrestrisches Fernsehen.
Jamaica saß in der Mitte zwischen ihnen, den Schaltknüppel zwischen ihren langen Beinen. Zwangsläufig strich Jonathans Hand immer wieder über ihr Knie, wenn er schaltete, das dämpfte für den Augenblick seinen Ärger.
»Glaubst du immer noch, dass Onkel Bauhaus die Sache gestern Nacht inszeniert hat?«
Cruz schüttelte den Kopf bei Jamaicas Frage: »Sie sind wegen dem Blag gekommen, nicht unseretwegen.«
Zu der Zeit, als Jamaica und Cruz sich aufeinanderwälzten und Jonathan mit seiner dritten Fuhre unterwegs gewesen war, waren im Kenilworth mehrere Streifenpolizisten, zwei Detectives und ein verschlafener Mann, der der Leichenbeschauer des Distrikts war, gekommen und gegangen. Und dann hatte die spätabendliche Langeweile Sergeant Barnett dazu bewegt, die gesamte Belegschaft des Kenilworth unter die Lupe zu nehmen, um zu sehen, was für Belastungsmaterial sich finden ließ.
»Wenn Bauhaus das … nicht inszeniert hat …« Blut umrandete Cruz Zähne. Er versuchte zu sprechen, ohne dass noch mehr passierte. Der Bärenficker in seiner Zelle hatte ihm die Synapsen aus dem Schädel getrommelt. Er sah immer noch, wie der zugewichste Fußboden auf ihn zukam. Er war aufgeprallt und weitergeschliddert. Und das brachte dann auch das Bild von Chiquita wieder hoch, die immer noch fiel. »Wenn … dann erwähnt ihm gegenüber das Dope nicht. Kein Wort darüber.«
»Ich verstehe das nicht.« Jonathan versuchte es immer mit Aufrichtigkeit, wenn ihm der Durchblick fehlte. Er bremste vor einer roten Ampel an der Lake Street, Richtung Westen. Der Toyota schlidderte die letzten paar Meter durch den Matsch, und er berührte wieder Jamaicas Knie.
Grundgütiger Himmel.
»Cruz musste die zwei Kilo verschwinden lassen, die Bauhaus ihm angehängt hatte«, erklärte Jamaica.
»Kilo?«
»Er hat sie in einen Plastikbeutel gestopft und den Luftschacht hinuntergeworfen. Wenn die Razzia gestern Nacht nicht von Bauhaus inszeniert worden ist, um auf die harte Tour Cruz’ Verlässlichkeit zu überprüfen, dann kann Cruz behaupten, dass er das Zeug die Toilette herunterspülen musste. Wir können den Mist zurückholen, ihn verkaufen oder auch einfach nur behalten.« Sie kalkulierte. »Das sind mehr als neunzig Riesen, die Bauhaus einfach abschreiben muss. Ein Teil des Risikos, wenn man Geschäfte machen will.«
»Wir teilen. Durch drei.« Cruz versuchte wieder zu grinsen, während er Jonathan ansah. »Wenn man das Kleingeld abzieht, sind es noch neunundzwanzig bis dreißig Riesen. Für jeden von uns.«
Er dachte schon daran, wie er das Geld an Rosie schickte, damit der es
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