Der Schädelring: Thriller (German Edition)
sich und legte Wasserleitungen und Isolierungsmaterial frei. Walter riss die Isolierung klumpenweise weg.
Der modrige Geruch des Kriechkellers kam hoch und füllte den Schrank. Der Zwischenraum zwischen der Duschkabine und der Wand war etwa sechzig Zentimeter weit und der Unterboden war herausgeschnitten. „Was machst du?“ frage Julia.
„Der Zugang“, sagte Walter. „Für Reparaturen an den Rohrleitungen, oder als Fluchtweg.“
Walter zwängte sich durch die enge Öffnung zwischen den Fußbodenbalken. Seine Füße berührten die Erde unter dem Haus. Als er sich umdrehte, sah er beinahe drollig aus, wie ein Springteufel, der zu groß für seinen Behälter war. „Komm mir nach. Oder willst du etwa hier bleiben und auf sie warten?“
Julia glaubte, ein Krabbelgeräusch an der Haustür zu hören, war sich jedoch nicht sicher. „Hast du den Ring genommen?“
„Welchen Ring?“ Er schaute ihr in die Augen, nicht wütend aber auf eigenartige Weise entschlossen.
„Und den Wecker? Was bedeutet 4:06 Uhr?“
„Rede jetzt keinen Unsinn“, sagte er. „Machen wir, dass wir rauskommen.“ Er duckte sich in der Öffnung und krümmte seinen großen Körper. Die Schultern verschwanden und dann der Kopf und zuletzt die Arme. Seine Stimme klang gedämpft, als er ihren Namen rief.
Julia kroch auf Händen und Knien und zog ihre Tasche hinter sich her. Sie schaute sehnsüchtig nach dem Baseballschläger unter dem Bett. Jedoch würde ihr der Schläger nichts nützten, da sie ihn in dem engen Kriechkeller nicht schwingen könnte. Snead und der berüchtigte Deke Hartley könnten draußen auf sie warten. Trotz Walters eigenartigem Verhalten zog sie es vor, mit ihm mitzugehen anstatt Snead und Hartley gegenüberzutreten.
Sie spähte in die Dunkelheit des Kriechkellers. Dieser Ort war schlimmer als der Keller in ihren Träumen, mit oder ohne Knochen. Dies bedeutete, dass sie bewusst kapitulierte. Dies war eine bereitwillige Entscheidung, ein Sprung in eine unbekannte Zukunft.
Jedoch hatte sie die Zukunft nie gekannt und selbst die Vergangenheit war ungewiss.
Julia streckte die Beine voran in den Kriechkeller. Der Stoff ihrer Hosen scheuerte auf der rauen Sperrholzkante. Sie ließ sich nach unten in die feuchte Luft sinken und spürte Walters Hände. Seine Berührung war kühl und feucht, dauerte jedoch nur, bis sie den Boden unter den Füßen fühlte. Sie duckte sich in dem Moment in den Kriechkeller, als sie ein lautes Klopfen an der Haustür hörte.
Walter langte nach oben und schob das Brett wieder an seinen Platz zurück. Nun herrschte im Kriechkeller fast vollständige Dunkelheit. Das einzige Licht drang durch die wenigen Lüftungsspalten in der Mauer des Fundaments. Julias Herz dröhnte in ihrer Brust. Sie hörte Stimmen von außerhalb des Hauses. Ein Mann, der wie Snead klang, gab Befehle, dann die Stimme einer Frau.
Julia konnte Walter nicht sehen aber sie spürte seinen Körper in der Nähe. „Was zum Teufel ist hier los?“ flüsterte sie.
„Ich hätte es dir sagen sollen“, sagte er so leise, dass sie ihn kaum verstand.
Julia streckte ihre Hand aus und fand sein Hemd. Sie rutschte über die feuchte Erde näher an ihn heran. „Warum verschweigen alle etwas? Was wollen sie?“
„Alles. Sie werden es jedoch nicht erhalten.“ Er kroch leise auf Ellbogen und Knien zu einer der Lüftungsspalten. „Folge mir“, flüstere er.
Das schwache Tageslicht wurde vorübergehend blockiert, als jemand am Lüftungsspalt vorbei schritt. Wie viele waren draußen? Waren es Leute aus Sneads Abteilung? Waren sie alle Gauner?
Als sie Walter nachkroch, fühlte sie sich vom Körper abgetrennt, von sich losgelöst und sie dachte einen Moment daran, um Hilfe zu rufen. Dann schlug sie den Kopf an einem Wasserleitungsrohr an und der Schmerz brachte sie wieder zu Sinnen. Der Aufschlag brachte die Leitung zum Vibrieren und Walter hielt an und flüsterte ihr eine Warnung zu. Julia rieb sich den Kopf und war dankbar für den Schmerz. Nun hatte sie etwas, auf das sie sich konzentrieren konnte, etwas Wirkliches. Sie schlang den Riemen ihrer Tasche um das Handgelenk und rutschte vorwärts. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an das Halbdunkel.
Ihre Hände strichen über harte Gegenstände, die sie für Steine hielt. Eines der Objekte verschob sich, als ihr Finger es berührte. Seine gebogene Form glänzte schwach im gedämpften Licht.
EIN KNOCHEN. Lieber Himmel, ein Knochen!
Er sah nach einer kleinen Rippe aus, er war trocken und
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