Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
Vom Netzwerk:
besonderen Dienst« erweisen. Jorge versprach, darauf zurückzukommen, obwohl er sich träge und befriedigt fühlte und nicht wusste, ob er es je wieder schaffen würde, sich zu erheben.
    Eine weitere Stunde verging. Allmählich begann sich das Zelt der Ossvalt-Brauerei zu leeren. Die Bedienung warf Jorge gallige Blicke zu, weil er noch immer nicht daran dachte zu verschwinden und nach wie vor fleißig Gratisbier orderte.
    Schließlich saß er allein am Tisch – eine Wohltat, nachdem ihm die ständigen »Heil Sieger!« -Rufe gegen Ende doch ein wenig auf die Nerven gegangen waren. Als er seinen Bierkrug das nächste Mal senkte, sah er, dass vom anderen Ende des Zelts ein einzelner Zwerg auf ihn zugeschlendert kam. Er trug einen feinen Gehrock mit langen Schößen, eine karierte Weste und Kniebundhosen. An Jorges Tisch hielt er an und nahm Platz.
    »Ein beachtlicher Triumph«, sagte er zur Begrüßung. »Noch nie hat jemand von auswärts den Schluckbewerb der Ossvalt-Brauerei gewonnen.« Er schien einen Augenblick nachzudenken. »Was vielleicht daran liegt, dass wir so gut wie nie Besuch von auswärts bekommen.«
    Jorge nickte, nahm den dämlichen kleinen Hut ab und ließ ihn unauffällig unter den Tisch kullern, direkt in eine Pfütze mit grünem Hunderotz. »Stimmt absolut, was du sagst. Aber ich fühle mich nach dieser anstrengenden Meisterleistung zugegebenermaßen etwas ermattet.«
    »Das kann ich verstehen.« Der Zwerg beugte sich über den Tisch und streckte ihm eine kleine, glatte Hand entgegen. »Mein Name ist Ullrych. Heil Hindrych!«
    »Wie? Oh ja, heil zurück …« Die Hand des Zwergs fühlte sich hart und knochig an.
    »Gegenwärtig hat eine gewisse Unruhe unsere schöne Stadt ergriffen«, plauderte Ullrych drauflos. »Wie ich an Ihrem Siegelring erkenne, sind Sie einer der Beamten vom IAIT, die bei uns unter der Erde weilen, um den Anlass dieser Unruhe zu erforschen, den grausamen Mord an Schürfminister Borkudd.« Er sah Jorge mit großen Augen an, und Jorge konnte nicht anders, als seine Dienstzugehörigkeit zu bestätigen.
    »Das bin ich«, sagte er und rülpste.
    Ullrych bestellte bei dem Kellner, der ringsum bereits die bekleckerten Tischdecken zusammenrollte, zwei Zwergengedecke: einen doppelstöckigen Drollych sowie einen Humpen Bier für jeden.
    »Sie kommen mit Ihren Ermittlungen gut voran, schätze ich?« Ullrych wischte sich Schaum vom Mund, nachdem er einen winzigen Schluck getrunken hatte.
    Jorge nickte, schüttelte aber eine Sekunde später wieder den Kopf. »Geheimsache«, erklärte er. »Es gibt da ein altes Trollsprichwort, und es geht so: Eine geheime Sache ist in der Regel saugeheim, das macht sie zur Geheimsache.«
    Ullrych hob seinen Krug. »Wir, also die Bürger auf der Straße, sind sehr besorgt. Die Grubenlampe überschlägt sich mit widersprüchlichen Angaben zum Hergang des schrecklichen Mordes …«
    »Ich lese keine Zeitung. Lohnt nicht.«
    »Wir sind beunruhigt«, wiederholte Ullrych und beugte sich so weit vor, dass Jorge seinen bitteren Hungeratem riechen konnte. Allmählich ging ihm der Kerl auf den Sack. Jorge mochte keine aufdringlichen Leute.
    »Beunruhigt und zutiefst verstört. Von einem Monster ist die Rede. Ich meine – ein Monster? Hier, bei uns in Barlyn? So etwas kann es doch nicht geben! So etwas darf es nicht geben!«
    Jorge zuckte die Achseln. »Ich bin zwar nicht befugt, darüber zu reden, aber ich glaube nicht, dass ihr euch diesbezüglich Sorgen machen müsst.«
    »Die Grubenlampe hat berichtet, dass sogar ein Agent des IAIT des Wesens ansichtig wurde.«
    »Was du nicht sagst! Woher wissen diese Schmierfinken, dass ich das Biest gesehen habe? Dieser Fall unterliegt strikter Geheimhaltung, verstehst du?«
    »Natürlich. Aber Sie wissen ja, wie das ist mit der Presse. Sie …«
    »Sie behauptet einfach Dinge, die sie gar nicht wissen kann. Meine Fresse, hoffentlich bekommt M.H. nicht Wind davon. Der flippt glatt aus, ich kenne ihn! Er steht mit der Presse grundsätzlich auf Kriegsfuß.«
    »Ja, die Presse schürt vorhandene Ängste nur sinnlos weiter.«
    Jorge winkte ab. »Dabei braucht sich die Bevölkerung gar nicht aufzuregen. Von wegen Monster und so.«
    »Ach, braucht sie nicht? Und warum ist das so?«
    »Na ja, dir kann ich es ja verraten, Ullrych: Wir vom IAIT wissen selbstverständlich, dass es gar kein Monster gibt.«
    Ullrych sah auf. Ein Lächeln spaltete sein Gesicht. Es sah aus wie mit dem Messer eingeritzt. »Ach? Es gibt gar kein Monster?

Weitere Kostenlose Bücher