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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Jorge …«
    »… ebenfalls zwölf!«, blökte Jorge und ließ den blitzartig geleerten Humpen auf den Tisch knallen. »Das tat wohl, Bube. Frisch wie der Schöpfungsmorgen! Ich mache dir jetzt mal einen Vorschlag, damit du nicht andauernd rennen musst, schließlich denke ich an meine Mitmenschen: Bring mir ab sofort immer drei Kannen auf einmal. Ich habe nämlich Brand! Meine Kehle fühlt sich an, als hätte ich seit Tagen keinen Tropfen getrunken. Na los, worauf wartest du?« Mit wedelnden Armen scheuchte er den verdutzten Kellner davon, dann wandte er sich Hippolit zu. »Ich fürchte, ich war für einige Augenblicke etwas unaufmerksam, M.H. Was meintest du eben goldrichtig? Du wolltest mir von deinem Zusammentreffen mit Oskulapius erzählen, richtig?«
    »Vergiss es.« Hippolit schüttelte müde den Kopf. »Die alles entscheidende Frage, auf die wir schleunigst eine Antwort finden müssen, ist die: Wer hat Schürfminister Borkudd umgebracht, und vor allem wie?«
    Jorge nickte einsichtig, ergriff einen der drei Krüge, die ihm der schwitzende Kellner vorsetzte, und hielt ihn mit abgespreiztem kleinem Finger nachdenklich in die Luft. Dabei fiel sein Blick unbeabsichtigt auf den Versorgungsaufzug am hinteren Ende des Zelts, durch den soeben das leere Fass abtransportiert wurde.
    »Weißt du, M.H. … manchmal, wenn ich diese allgegenwärtigen Speiseaufzüge sehe, die da thaumaturgisch auf und ab gleiten und Köstlichkeiten durch weitverzweigte Schächte hierhin und dorthin schaffen, also, dann frage ich mich zuweilen: Könnte unser Mörder nicht vielleicht durch den Speiseaufzug gekommen sein?« Er machte Anstalten, den Krug zum Mund zu führen, hielt abermals inne und fügte hinzu: »Bis mir dann wieder einfällt, dass es im Büro des ollen Borkudd ja gar keinen Speiseaufzug gab.«
    Während der folgenden zehn Herzschläge geschahen erstaunlich viele Dinge erstaunlich rasch hintereinander, beinahe gleichzeitig.
    Jorge hob den Krug an die Lippen und begann, Bier zu schlucken.
    Hippolits Augenbrauen hoben sich, als er seinen Assistenten erstaunt fixierte.
    Am Nebentisch stieß Herr Horsten, gleichfalls drei frische Krüge vor sich, ein erbärmliches Glucksen aus. Ein Schwall schaumigen Biers, vermischt mit halbverdautem Krügerschwein, quoll aus seinem Mund, schwappte über die Tischplatte und auf seinen fetten Bauch.
    Jorge trank weiter, ohne abzusetzen.
    Der Kellner, mit Eimer und Wischlappen heraneilend, verkündete: »Herr Horsten ist disqualifiziert! Der Sieger heißt: Herr Jorge!«
    Hippolit starrte mit weit aufgerissenen Augen.
    Rund zwei Dutzend Zwerge, die den Verlauf des Schluckbewerbs von den umliegenden Tischen aus mit wachsendem Interesse verfolgt hatten, brachen wie ein Mann in lauten Beifall aus. Es wurde gejohlt, man sprang von den Stühlen auf, »Heil Sieger!« -Rufe füllten die abgestandene Luft des Zelts.
    Jorge setzte den leeren Krug ab und stieß einen genüsslichen, infernalisch lauten Rülpser aus.
    Die Zwerge applaudierten frenetisch.
    Hippolit starrte.
    »Ich glaube, ich hab gewonnen, M.H.«, brachte Jorge hervor und wischte sich freudestrahlend Bierschaum von den Lippen. »Jetzt krieg ich eine Medaille!«
    Endlich kam wieder Bewegung in Hippolit. Er schüttelte den Kopf und fuhr von seinem Stuhl hoch. »Wenns nach mir ginge, bekämst du sogar zehn. Das war die Eingebung, Jorge: Thaumaturgie, die durch den Schacht kommt, das ist die Lösung!« Er drehte sich um und bahnte sich zwischen jubelnden Zwergen hindurch einen Weg Richtung Ausgang.
    »Du meinst, der Speiseaufzug war der Mörder, oder wie oder was? Ich verstehe nur Krügerschwein … Und wo willst du hin, M.H.? Ich hab nicht mal mein zweites Bier angetrunken!«
    »Bleib ruhig hier«, rief Hippolit über die Schulter. »Ich muss in die Pension, ein paar dringende Wortwürfe absetzen. Mir ist soeben klar geworden, wie sich die Sache möglicherweise abgespielt hat. Wir sehen uns später!«
    »Wie du meinst, M.H.« Jorge versuchte, einen Schluck Bier zu nehmen, aber aufgrund Dutzender Zwergenhände, die ihm von allen Seiten auf die Schultern schlugen, landete mehr davon auf seiner Brust als in seinem Hals. Als der Kellner mit dem Wischeimer zu seinem Tresen zurückkehren wollte, hielt er ihn an der Schulter fest. »Was ist jetzt mit meiner Medaille?«
    Der Zwerg sah ihn verständnislos an und schüttelte den Kopf. »Beim Schluckbewerb gibt es keine Medaillen. Die Ossvalt-Brauerei begleicht die Zeche des Siegers, darüber hinaus erhält er

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