Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
Vom Netzwerk:
ja sehen, wer ihn zuletzt in der Hand gehalten hat.«
    »Oh. Nun, das wird nicht mehr nötig sein.« Ullrychs lächelndes Gesicht war gefroren, eine bewegungslose Maske, kalt wie Eis.
    »Das sagst du. Ich bin der Meinung, das wird sehr wohl …«
    »Es ist nicht mehr nötig, werter Herr Jorge, denn Sie haben die Wahrheit längst durchschaut: Ich habe den Hammer zuletzt in Händen gehalten.«
    Die Welt um Jorge begann sich zu drehen. Er wusste nicht, ob das am Alkohol lag, der mit Verspätung seinen Tribut forderte, oder an dem, was ihm Ullrych eben mitgeteilt hatte. »Wie bitte?«, stieß er hervor. »Ullrych, willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Mitnichten. Es ist die Wahrheit. Ich habe den Hammer im Büro von Schürfminister Borkudd platziert.«
    »Aber das … das würde ja bedeuten …«
    »Ja? Was würde das bedeuten, Herr Jorge? Lassen Sie mich an Ihrem Scharfsinn teilhaben.«
    Jorge hatte das Gefühl, in einem grässlichen Albtraum festzustecken. Alles wirkte unwirklich, die Welt schien an den Rändern auszufasern. Der Hummelschwarm verschwand aus seinem Magen und ließ eine unheilvolle, schmerzende Leere zurück.
    »Das würde bedeuten, dass du in dieser Sache … irgendwie mit drinhängst.«
    Ullrych nickte. »Sehr gut. Und weiter?«
    »Aber wenn du mit drinhängst … warum erzählst du mir das?«
    Ullrych erhob sich. Für einen Zwerg sah er plötzlich riesengroß aus. »Vielleicht war mir einfach danach«, sagte er. »Jeder braucht ab und zu mal ein offenes Ohr, nicht wahr?«
    »Aber … aber die Konseku … die Konseq … die unausweichliche Folge für dich …« Jorges Zunge schien aus Blei zu bestehen. »Wenn du mit drinhängst, muss ich dich verhaften … und die einzige Möglichkeit, dem zu entgehen … du müsstest mich hier und jetzt innerhalb der nächsten Minuten umbringen.«
    Wieder lachte Ullrych gellend und schüttelte den Kopf. »Aber, aber, Herr Jorge, wo denken Sie hin? Ich muss Sie keineswegs innerhalb der nächsten Minuten umbringen.«
    »Ah. Nicht? Was für ein Spiel … oh, Blaak … was für ein Spiel ziehst du hier ab, Zwerg? Warum musst du … mich nicht umbringen?«
    Ullrych schob sein Gesicht dicht vor das Jorges. Jorge konnte jede Falte, jede Wimper erkennen. Er sah gelbliche Zähne hinter schmalen Lippen. »Ich muss Sie nicht mehr umbringen, Herr Jorge, weil ich Sie bereits vor fünf Minuten umgebracht habe.«
    Das Gesicht verschwand in einer grauen Wolke. Jorge versuchte aufzuspringen, aber seine Glieder gehorchten ihm nicht mehr. Der Hummelschwarm kehrte mit Macht zurück, detonierte in seinen Därmen wie ein Explosivglobulus höchster Stufe. Er schrie vor Schmerz, aber sein Schrei schien in einer gigantischen Höhle zu verhallen, und dann kam die Schwärze von allen Seiten, eine verlogene Dunkelheit, die ihm versprach, dass er sich ihr nur zu ergeben brauche, und alles-würde gut werden.
    Die Lichter gingen aus. Jorges letzter Gedanke galt M.H. Er fragte sich, ob sein Kollege herausfinden würde, dass man ihn, seinen langjährigen, treuen Gefährten, mit einem simplen vergifteten Bier ins Jenseits befördert hatte.
    Er hoffte es.

23
     
     
    Als die weibliche Stimme ihren Monolog beendet und sich verabschiedet hatte, trat Stille ein in dem engem Gästezimmer. Zufrieden lächelnd lehnte Hippolit sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    Mervynia war die Beste!
    Noch auf dem Rückweg vom Schwelgermarkt hatte er sich auf eine öffentliche Toilette zurückgezogen und einen Wortwurf an das IAIT-Sekretariat abgesetzt. Es war trotz der späten Stunde besetzt, wenn auch nicht von Mervynia persönlich. Hippolit hatte ihrer Stellvertreterin aufgetragen, die Chefsekretärin aus dem Bett zu holen, und einen detaillierten Rechercheauftrag für sie hinterlassen. Normalerweise vermied er es, während eines Einsatzes auf Zuarbeit von außen zurückzugreifen. Aber die Informationen, die er aktuell benötigt hatte, ließen sich hier, in den Tiefen der Zwergenstadt, nicht ohne Weiteres beschaffen.
    Zurück in der Pension hatte er anschließend sein Äußeres, das durch den Abstecher zum Schwelgermarkt für seine Begriffe gehörig in Unordnung geraten war, wieder auf Vordermann gebracht. Eine innere Stimme riet ihm, dass ein ordentliches, seinem behördlichen Rang angemessenes Erscheinungsbild im Verlauf dieser Nacht möglicherweise noch vonnöten sein würde.
    Er wechselte sein Gewand, dessen über den Boden schleifender Saum sich mit grünem Hunderotz

Weitere Kostenlose Bücher