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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Ehre, die Sie ihm durch Ihre Aufwartung erweisen, bewusst. Er lässt Ihnen durch mich seine aufrichtigsten Grüße übermitteln und wünscht Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Barlyn.« Seine Haltung straffte sich. »Ich bin Meister Alprecht, engster Vertrauter und rechte Hand unseres gütigen Herrschers.«
    »Sehr angenehm«, erwiderte Hippolit und verspürte kurz den Impuls, dem kleinen Mann mit der Faust in sein ausdrucksloses Diplomatengesicht zu schlagen. Doch er beherrschte sich. Immerhin hatte Meister Alprecht sich seine Überraschung über Hippolits knabenhaftes Erscheinungsbild mit keinem Wimpernzucken anmerken lassen, ebenso wenig wie seine fraglos damit einhergehenden Zweifel an dessen Fähigkeiten. Damit rangierte er etliche Stufen über dem Großteil der Personen, mit denen es Hippolit im Zuge seiner Ermittlungen üblicherweise zu tun bekam.
    »Hübsche Hosen«, sagte Jorge anstelle einer Begrüßung und deutete wohlwollend auf das bis zu den Knien reichende Beinkleid des Beraters. »Meinst du, so was gibt es auch in meiner Größe?«
    Meister Alprecht ignorierte den Einwurf und wies auf die bequem wirkenden Sitzgelegenheiten. »Wir müssen uns einige Augenblicke gedulden. Es fehlen noch mehrere Personen, darunter Polizeipräsident Wymmler von den Barlyner Ordnungskräften. Er leitet die bisherigen Ermittlungen im Fall Borkudd. Wenn Sie so lange Platz nehmen möchten?«
    Noch bevor Hippolit Gelegenheit zu einer Erwiderung fand, hatte sich Jorge bereits neben ihm in einen Sessel plumpsen lassen. Das Möbel quietschte protestierend unter seinem Gewicht. Mit einem Mal wirkten die nach Zwergenmaßstäben pompösen Dimensionen des Stuhls allenfalls noch durchschnittlich, beinahe zierlich.
    »Ein altes Trollsprichwort weiß: Leerer Bauch wartet nicht gern«, verkündete Jorge und langte nach einer der Schüsseln, die, wie sich zeigte, mit handtellergroßen, haufenförmigen Hirsekeksen gefüllt waren. Er hievte seine schweren Stiefel vor sich auf die Tischplatte und begann zu essen.
    Wortlos nahm Hippolit einen Sitz weiter Platz. Auch wenn er es nie laut zugegeben hätte: Jorge tat ihm leid. Seit ihrer Ankunft in der Zwergenstadt musste er sich fast ausnahmslos mit eingezogenem Kopf bewegen, um niedrigen Türrahmen und Decken auszuweichen. Hippolit hoffte, dass man ihnen später Unterkünfte zuweisen würde, die seinem Assistenten wenigstens eine brauchbare Schlafmöglichkeit böten. Aber wenigstens ihre Reise nach Barlyn war – abgesehen von einem kleinen, wenig erbaulichen Zwischenfall – problemlos verlaufen …
    Das Straßennetz nordöstlich von Nophelet war gut ausgebaut und erstklassig beschildert; sie hatten Barlyn pünktlich am dritten Tag erreicht. Herr Kawavis, ein in Nophelet ansässiger Waldläufer und Fährtensucher, den Geheimrat Karliban angeheuert hatte, um sie bis zu den Südausläufern des Gengostok-Massivs zu begleiten, erwies sich jedoch bereits gegen Ende des ersten Tages den Salven alter Trollsprichwörter, mit denen Jorge ihn beharkte, als nicht gewachsen. Nachdem sich sämtliche von ihm erprobten Abwehrmechanismen – verbales Gegensteuern, verbissenes Schweigen, lautstarke Beleidigungen – als wirkungslos erwiesen hatten, schleuderte der ältliche Herr, noch ehe ein erstes Nachtlager bereitet war, das Dutzend Silberkaunaps, welches er für seine Dienstleistung empfangen hatte, vor seinen Schutzbefohlenen auf den Boden, schwang sich auf sein Pferd und preschte davon.
    Hippolit konnte es ihm kaum verdenken.
    »Auch wenn ich den Grund für seinen Unmut nicht recht verstehe, steht es dem guten Kawavis natürlich jederzeit frei zu kündigen«, tönte Jorge später am Lagerfeuer, während er die Knochen eines Kaninchens abnagte, das er fürs Abendessen gefangen hatte. »Jeder ordentliche Angestellte hat das Recht zu kündigen. Sogar ich! Und ehrlich gesagt habe ich mir das sogar schon öfter überlegt. Mal ehrlich, M.H.: Würdest du für einen Laden arbeiten wollen, der Typen wie mich in seinen Reihen duldet? Also, ich nicht, bei Batardos!«
    Eineinhalb Tage nach diesem Zwischenfall hatten sich die ersten schartigen Gipfel von Gengostok vor ihnen in den Himmel gereckt. Die bis zur Wolkendecke emporreichenden, gleichmäßig grauen Gesteinsmassen boten einen erhabenen Anblick, wenngleich auffiel, dass von Weitem keinerlei Anzeichen von Besiedlung auszumachen waren. Vorfreudig begann Jorge von »prunkvoll geschmückten Hallen aus poliertem Stein« zu schwärmen, von »mächtigen,

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