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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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säulengetragenen Wandelgängen« und nicht zuletzt »üppigen Banketten mit köstlichem Wildbret und Zwergenbier«.
    Die Wahrheit erwies sich, wie so oft im Leben, als geringfügig unprätentiöser.
    Nachdem sie einem gewundenen Bergpfad zu einem Eingangstor für »Besucher, allein und in Gruppen bis zehn Personen« gefolgt waren – andere Pfade führten zu Pforten für Händler, militärisch genutzten Zugängen und weiteren, deren Sinn sich Hippolit nicht erschloss –, erreichten sie ein unscheinbares Eisentor im Fels, flankiert von zwei massiven, aus dem Stein gehauenen Wachtürmen. Sogleich strömten Horden bewaffneter Zwerge ins Freie. Jorge und Hippolit mussten sich ausweisen, ihre IAIT-Siegelringe vorzeigen und den Zweck ihres Hierseins ausführlich begründen. Erst dann wurde ein Flügel des Tors geöffnet, und sie durften die Stadt unter dem Berg betreten.
    So dachten sie zumindest.
    Drinnen stellte sich heraus, dass das Tor nur die erste von etlichen Sicherheitsschleusen darstellte, die nun folgten. Über eine Stunde verging, bis sie alle notwendigen Stationen durchlaufen hatten; ganze sechsmal wurden sie bis zu diesem Zeitpunkt befragt, durchsucht und über den strengen Verhaltenskodex aufgeklärt, der innerhalb Barlyns einzuhalten sei: keine Gewalttätigkeiten oder Obszönitäten in der Öffentlichkeit, desgleichen im privaten Bereich; keinerlei öffentliche oder private Äußerungen, die angetan sein könnten, Lordprotektor Hindrych oder das Zwergenvolk allgemein zu verunglimpfen oder politisch zu diskreditieren; weder Einfuhr noch Handel mit illegalen Substanzen, gleich ob medizinischer, thaumaturgischer oder sonstiger Natur; keinerlei Behinderung von Zwergen jedweden Alters bei jedweder zwergenspezifischen Betätigung; keinerlei geschlechtlicher Kontakt mit Angehörigen des Zwergenvolkes, gleich welchen Geschlechts; und so weiter und so fort.
    »Unter uns gesprochen, M.H.«, grunzte Jorge, als sie die sechste Wachstube verließen, jeder mit einem Bündel akkurat abgestempelter Papiere in der Hand. »Ich glaube, hier werd ich nicht alt. Diese Kerle sind ja noch ärgere Spaßbremsen als unser altes Maul.«
    »Und ich glaube, dass du während unseres Aufenthaltes hier am besten den Mund hältst, die Hände auf dem Rücken verschränkst und mir keinen Zoll von der Seite weichst!« Mit Hippolits Laune stand es nicht zum Besten. An nahezu jeder Station hatte irgendein Wachmann seine vom sdoomischen Königshof beglaubigten IAIT-Sonderbefugnisse, die ihm in Nophelet Zugang zu jeder noch so streng gehüteten Lokalität verschafft hätten, mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseitegewischt und ungerührt sein Standardprogramm abgezogen. Richtig wütend wurde er, als er wenig später erfuhr, dass er – falls er wirklich darauf bestünde, die zahlreichen thaumaturgischen Artefakte mit in die Stadt zu bringen, die er in seiner Kleidung sowie seinem thaumaturgischen Miniaturlabor bei sich trug – zunächst noch eine Odyssee durch ein halbes Dutzend weiterer Büros absolvieren müsste, um die erforderlichen Sondergenehmigungen einzuholen.
    Als Jorge und Hippolit Stunden später in Begleitung eines strammen jungen Zwergenführers namens Heyner auf einen Aufzug warteten, der sie ins vierte Untergeschoss bringen sollte, pochte die bläuliche Ader an Hippolits linker Schläfe so unheilverkündend, dass nicht einmal Jorge das Verlangen verspürte, seinen Vorgesetzten mit einem alten Trollsprichwort zu erfreuen. Stattdessen wandte er sich, kaum dass sie den Lift bestiegen hatten, an ihren Führer:
    »Sag mal, Heyner, mein Mann: Wenn man sich das alles hier so ansieht, könnte man als kluger, analytisch denkender Troll glatt den Eindruck gewinnen, dass ihr nicht unbedingt jeden in eurem Städtchen haben wollt. Wäre das möglich?«
    Heyner hob den Kopf und starrte Jorge durch die dicken Linsen seiner Augengläser an, als habe dieser ihm gerade die Erkenntnis, dass zwei und zwei vier ergab, als fundamentalste Erkenntnis des Dritten Zyklus angepriesen. »Ein wohlhabender Staat, der seinen Reichtum und seine politische Bedeutung gänzlich aus eigener Kraft erlangt hat, zieht grundsätzlich Unmassen niederer Subjekte an«, erklärte er und straffte seine mickrigen Schultern. »Neider. Arbeitsscheues Pack. Müßiggänger. Kriminelle, die glauben, sich auf unsere Kosten bereichern zu können. Dem muss man vorbeugen. Zum Glück wird Barlyn seit Jahrhunderten von weisen und ehrbaren Männer gelenkt, weshalb es noch heute im

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