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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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bis vier weitere, um alle wichtigen Drollych-Destillerien zu besichtigen, dann noch mal drei Tage zurück …« Er wandte sich zu dem Stalagmiten um, wo bis vor einem Augenblick der kopflose Schatten gestanden hatte. »In nicht mal einem Zenit sind wir wieder da, Chef. Und dann wird es Zeit, dass wir uns mal über eine Gehaltserhöhung unterhalten, denke ich.«
    Neben ihm schlug sich Hippolit aus Verzweiflung über so viel Dreistigkeit mit der flachen Hand vor die Stirn. Doch die Stimme des Geheimrats, nun wieder vom Schreibtisch aus, wo jetzt etwas Riesiges, Krötenartiges auf dem Lehnstuhl zu thronen schien, klang erstaunlich milde, fast väterlich:
    »Stellen Sie es sich nicht zu leicht vor, Agent Jorge. Wie ich bereits angedeutet habe, könnte sich der Umgang mit unseren kurz gewachsenen Nachbarn als diplomatische Herausforderung erweisen.«
    »Bei Batardos, das bereitet mir keine schlaflosen Nächte!« Jorge winkte ab. »Wenn die kleinen Scheißer Ärger machen …«. Er langte sich in den Schritt und bedeckte seine verletzlichsten Teile mit beiden Händen. »… weiß ich mich schon zu schützen.« Er zwinkerte Hippolit zu, was dieser geflissentlich ignorierte.
    »Sie fürchten, bei der sprichwörtlichen Skepsis der Zwerge allem und jedem gegenüber, das größer ist als sie selbst, könnte sich Jorges Physis unter Umständen als Hemmschuh für unsere Ermittlungen erweisen?«, erkundigte er sich beim Geheimrat. Als dieser nicht gleich antwortete, fügte er zögernd hinzu: »Oder denken Sie, mein … jugendliches Äußeres und die damit einhergehende scheinbare Unreife könnten die traditionsbewussten Bürger Barlyns gegen unsere Intervention aufbringen?«
    Der Geheimrat schwieg erneut eine Weile. Dann sagte er: »Nein. Aber Sie werden schon noch sehen, was ich meine, Agent Hippolit …«

4
     
     
    »Heil Hindrych!« Der livrierte Zwerg salutierte, öffnete die Tür zum Konferenzzimmer und trat beiseite. Hippolit murmelte etwas, das wie »Lorgon zum Gruße« klang, und trat, gefolgt von Jorge, der sich unter dem Türsturz tief bücken musste, in den dahinterliegenden Raum.
    Das Besprechungszimmer war groß, ohne ehrfurchtgebietend zu wirken. Unter einer niedrigen, holzgetäfelten Decke war ein Rund aus Tischen aufgebaut, allesamt aus dunkelbrauner Noriseiche gefertigt und so passgenau geschreinert, dass trotz der kreisförmigen Anordnung nirgends ein Spalt klaffte. In regelmäßigen Abständen waren. Wasserkaraffen, Becher sowie Schüsseln mit Backwerk vorbereitet worden. Dicke, ledergepolsterte Sessel umringten den Tischkreis. Dahinter ragten entlang der Außenwand Dutzende Statuen in die Höhe. Sie schienen aus Pernel gemeißelt, einem der härtesten Gesteine Lorgonias, oder zumindest einem überzeugenden Imitat. Ohne Ausnahme stellten sie Zwergenkrieger dar, knapp bekleidet und in heroischen Posen; manche kämpften mit dem Schwert gegen imaginäre Gegner, andere warfen den Speer oder schleuderten die Wurfscheibe. Hippolit hatte noch nie einen so spärlich bekleideten Barlyner gesehen, dennoch argwöhnte er, dass die Hand des Künstlers ausgesprochen wohlwollend zu Werke gegangen war: Zwerge mit derart ausladenden Schultern wären ihm auf seinem Weg durch die Stadt gewiss aufgefallen, desgleichen solche mit tonnenförmig gewölbten Bnistkörben und wespengleichen Taillen, wie die steinernen Kämpen sie aufwiesen. Auch das engelsgleich wallende Haupthaar hatte augenscheinlich keinerlei Entsprechung in der Realität. Und als sei all dies nicht genug, stimmte noch ein weiteres Detail der Steinkrieger nicht mit den Tatsachen überein.
    Keiner von ihnen trug Augengläser.
    »Heil Hindrych! Sie müssen Meister Hippolit und Agent Jorge aus Nophelet sein.«
    Ein gedrungener Zwerg in dunkelgrauem Frack und ledernen Kniebundhosen kam um den Tischkreis herum auf sie zu. Er hatte einen eckig gestutzten, dünnen Vollbart und eine hohe Stirn, von der Überbleibsel eines ehemals rötlich blonden Haarschopfes zu einem strengen Zopf zurückgebunden waren. Mit kurzen, schnellen Schritten näherte er sich Hippolit und Jorge, den Arm zur allseits verwendeten Grußgeste erhoben, allem Anschein nach nicht in der Absicht, seinen Gästen die Hand zu schütteln.
    »Welche Freude, dass Sie es einrichten konnten zu kommen«, behauptete der Zwerg. Sein griesgrämig wirkendes Gesicht strafte seine Worte Lügen. Er taxierte die beiden ungleichen Besucher mit grauen, leblosen Augen. »Seien Sie versichert: Der Lordprotektor ist sich der

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