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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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schwebte geballter über dem langen Konferenztisch als der blaue Rauch aus Bouviers Pfeife. Saint Clairs schmales, blasses Gesicht war noch blasser geworden, und seinen Augen war Beunruhigung anzusehen.
    »Wir alle hier sind uns der begrenzten Möglichkeiten der Sicherungsgruppe des Präsidenten bewußt«, stellte Kommissar Ducret nüchtern fest. »Wir versehen unseren Dienst in der unmittelbaren Umgebung des Präsidenten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die gestellte Aufgabe viel zu weitreichend ist, als daß sie von meinem Stab ohne Vernachlässigung seiner regulären Pflichten wahrgenommen werden könnte.«
    Niemand widersprach, denn jeder der anwesenden Abteilungsleiter wußte, daß der Chef der Sicherungsgruppe die Wahrheit ausgesprochen hatte. Aber auch keiner von ihnen wünschte seinerseits das Auge des Ministers auf sich zu ziehen. Roger Frey sah in die Runde und ließ den Blick schließlich auf der rauchverhüllten massigen Gestalt Kommissar Bouviers am unteren Ende des Tisches ruhen.
    »Was meinen Sie, Bouvier? Sie haben sich noch nicht geäußert.«
    Der Detektiv nahm die Pfeife aus dem Mund, brachte es fertig, einen letzten übelriechenden Schwaden beizenden Rauchs direkt in Oberst Saint Clairs Gesicht wehen zu lassen und begann mit ruhiger Stimme wie jemand zu sprechen, der ein paar simple Fakten aufzählt, die ihm gerade durch den Kopf gegangen sind.
    »Herr Minister, der SDECE kann diesen Mann nicht durch seine Agenten in der OAS ausfindig machen, weil ja nicht einmal die OAS weiß, wer er ist. Der Aktionsdienst kann ihn nicht unschädlich machen, weil er nicht weiß, wen er unschädlich machen soll. Die DST kann ihn nicht an der Grenze festnehmen, weil sie nicht weiß, welche Person sie abfangen soll. Und die RG können uns keine dokumentarische Information über diesen Mann liefern, weil sie keine Ahnung haben, nach welchen Dokumenten sie suchen sollen. Die Polizei kann ihn nicht festnehmen, weil sie nicht weiß, wen sie festnehmen soll, und das CRS kann ihn nicht jagen, weil es keinen Schimmer hat, wen es jagen soll. Die gesamte Organisation der Sicherheitskräfte Frankreichs ist machtlos, weil ihr ganz einfach ein Name fehlt. Mir scheint daher, daß die erste Aufgabe, ohne deren Lösung alle anderen Vorschläge sinnlos bleiben, darin zu bestehen hat, diesem Mann einen Namen zu geben. Mit einem Namen bekommt er ein Gesicht und mit dem Gesicht einen Paß, und mit einem Paß können wir ihn dingfest machen. Aber den Namen herauszubekommen, und das unter strikter Geheimhaltung, ist reine Detektivarbeit.«
    Er verstummte wieder und klemmte sich neuerlich die Pfeife zwischen die Zähne. Was er gesagt hatte, stimmte jeden der an dem Konferenztisch sitzenden Männer nachdenklich. Keiner vermochte begründete Einwände dagegen zu erheben. Sanguinetti nickte stumm.»Und wer, Kommissar, ist der beste Detektiv in Frankreich?« fragte der Minister schließlich. Bouvier überlegte ein paar Sekunden lang und nahm dann die Pfeife wieder aus dem Mund.
    »Messieurs, der beste Detektiv Frankreichs ist mein eigener Stellvertreter, Kommissar Claude Lebel.«
    »Lassen Sie ihn holen«, sagte der Minister des Inneren.

ZWEITER TEIL
 
Die Jagd

ZEHNTES KAPITEL
    Verwirrt und bestürzt verließ Claude Lebel eine Stunde später den Konferenzraum. Fünfzig Minuten lang hatte er ununterbrochen zugehört, während der Minister ihn über die vor ihm liegende Aufgabe unterrichtete.
    Bei seinem Eintreten war er gebeten worden, am unteren Ende des Konferenztisches Platz zu nehmen, und hatte sich zwischen den Chef des CRS und seinen eigenen Chef Bouvier gesetzt. Während er den Rolland-Bericht las, hatten die anderen vierzehn Männer geschwiegen, und er war sich der abschätzenden Blicke, die ihn neugierig musterten, bewußt gewesen.
    Als er den Bericht aus der Hand legte, begann die Frage, warum sie ihn hatten rufen lassen, ihn zu beunruhigen. Dann sprach der Minister. Es ging weder um eine Konsultation noch um irgendein Ansuchen. Es war eine Verfügung, der eine wortreiche Einweisung folgte. Er könne ein eigenes Büro einrichten; er erhalte uneingeschränkten Zugang zu allen erforderlichen Informationen; ihm ständen die gesamten Hilfsmittel aller Organisationen zur Verfügung, die von den an diesem Tisch sitzenden Männern geleitet wurden. Eine Limitierung für die entstehenden Kosten sei nicht vorgesehen.
    Mehrfach wurde die Notwendigkeit absoluter Geheimhaltung, wie sie das Staatsoberhaupt befohlen hatte,

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