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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Sektion und noch ein paar andere Leute dazu platzen lassen. Einer von denen, die ganz schnell ausgetauscht werden mußten, war unser Residenturchef in Westindien. Er war bis vor einem halben Jahr mit Philby zusammen in Beirut gewesen und dann nach Westindien versetzt worden.
    Im gleichen Monat, es war im Januar, wurde Trujillo, der Diktator der Dominikanischen Republik, auf einer einsamen Landstraße unweit von Ciudad Trujillo ermordet. Den Berichten zufolge ist er von Partisanen umgebracht worden - er hatte viele Feinde. Unser Mann wurde damals nach London zurückgerufen, und wir arbeiteten eine Weile im gleichen Büro, bis man ihn dann wieder hinausschickte. Er erzählte mir von dem Gerücht, daß Trujillos Wagen durch einen einzigen Gewehrschuß gestoppt worden sei, den ein Scharfschütze abgegeben haben soll - aus hundertzwanzig Meter Entfernung. Durchschlug das kleine dreieckige Fenster neben dem Fahrersitz, das einzige, das nicht kugelsicher war. Der ganze Wagen war gepanzert. Der Schuß traf den Chauffeur in die Kehle, und er verlor sofort die Kontrolle über den Wagen. Das war der Augenblick, in dem die Partisanen in Aktion traten. Das Merkwürdige daran ist, daß das Gerücht besagte, der Schütze sei ein Engländer gewesen.«
    Die beiden Männer starrten eine Weile schweigend auf die jetzt schon nachtdunkle Themse hinaus, während ihnen das Bild einer kargen, ausgedörrten Landschaft auf einer fernen, heißen Insel vor Augen stand, in der eine mit hundertzwanzig Stundenkilometern dahinfahrende gepanzerte Limousine von der asphaltierten Straße abkam… Sie stellten sich den alten Mann in der mit Goldlitzen reich bestickten hellbraunen Uniform vor, der sein Land dreißig Jahre lang mit eiserner Faust regiert hatte und jetzt aus den Trümmern des Wagens gezerrt wurde, um unter den Pistolenschüssen der Partisanen neben dem Straßenrand im Staub zu verenden.
    »Dieser Mann, von dem das Gerücht wissen will - kennt man seinen Namen?«
    »Keine Ahnung. Ich erinnere mich nicht. Wir hatten damals andere Dinge im Kopf, und ein karibischer Diktator war das letzte, worüber wir uns Gedanken machten.«
    »Und dieser Kollege, der es Ihnen erzählte - hat er einen Bericht geschrieben?«
    »Muß er wohl. Das entspricht der üblichen Praxis. Aber es war nur ein Gerücht, verstehen Sie. Nur ein Gerücht. Nichts, worauf man etwas hätte geben können. Wir befassen uns mit Fakten und stichhaltigen Informationen.«
    »Aber aktenkundig wird es doch sicher geworden sein - irgendwo?«
    »Ich nehme es an«, sagte Lloyd. »Niedrigste Dringlichkeitsstufe. Lediglich ein Gerücht, das damals da drüben in den Kneipen und Bars kursierte. Muß überhaupt nichts besagen.«
    »Aber Sie könnten doch vielleicht rasch einen Blick in die alten Akten werfen und nachsehen, ob der Mann dort namentlich genannt ist?«
    Lloyd trat von der Balustrade zurück.
    »Sie fahren jetzt am besten nach Hause«, sagte er dem Superintendenten. »Falls ich auf irgend etwas stoßen sollte, was in dieser Sache von Interesse sein könnte, rufe ich Sie an.«
    Sie kehrten in das Pub zurück, stellten ihre Biergläser ab und gingen zum Ausgang.
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar«, sagte Thomas, als sie sich trennten. »Vermutlich werden sich keine Anhaltspunkte ergeben. Aber auch nur die leiseste Chance dazu scheint mir schon den Versuch wert zu sein.«
    Während Thomas und Lloyd sich in dem an der Themse gelegenen Pub unterhielten und der Schakal in einem Dachgartenrestaurant in Mailand den Rest seiner Zabaglione auslöffelte, nahm Kommissar Claude Lebel in Paris an der im Konferenzraum des Innenministeriums stattfindenen Lagebesprechung teil.
    Die Sitzordnung war die gleiche wie bei der vierundzwanzig Stunden zurückliegenden ersten Besprechung. Der Innenminister saß am oberen Ende des Tisches, an dessen Längsseiten die Abteilungsleiter Platz genommen hatten. Claude Lebel saß wieder am unteren Ende und hatte einen schmalen Aktenordner vor sich liegen. Mit einem freundlichen Nicken eröffnete der Minister die Sitzung.
    Als erster sprach sein chef de cabinet. Im Laufe des gestrigen Tages und der vergangenen Nacht, berichtete er, habe jeder Zollbeamte an jeder Grenzstation Frankreichs Anweisung erhalten, das Gepäck aller einreisenden hochgewachsenen blonden Ausländer männlichen Geschlechts gründlich zu durchsuchen. Pässe seien besonders eingehend zu überprüfen und von den DST-Beamten beim Zoll insbesondere auf etwaige Fälschungen zu untersuchen. (Der Leiter

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