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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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als er jetzt an seiner Zigarette zog, kam es ihm zum Bewußtsein. Kurze Zeit nachdem er den Hörer aufgenommen hatte, war ein leises Klicken in der Leitung vernehmbar gewesen. Bei den Telephongesprächen der letzten drei Tage hatte er nichts dergleichen gehört. In Colettes Zimmer gab es zwar einen Nebenanschluß, aber sie hatte bestimmt ganz fest geschlafen, als er aufstand. Bestimmt… Er drückte die Zigarette aus und warf den Stummel zum offenen Fenster auf den Kiesboden hinaus. Dann drehte er sich abrupt um, rannte lautlos auf bloßen Füßen die Treppe hinauf und stürmte ins Schlafzimmer. Der Telephonhörer war auf die Gabel zurückgelegt worden. Der Garderobenschrank stand offen, die drei geöffneten Koffer und sein Schlüsselring lagen auf dem Fußboden. Die Baronin hockte inmitten des Durcheinanders auf den Knien und starrte ihn mit weitaufgerissenen Augen an. Um sie herum lag eine Anzahl schlanker Stahlröhren, deren zum Verschluß der offenen Enden bestimmte Kappen abgenommen worden waren. Aus einer der Röhren ragte das Zielfernrohr heraus, aus einer anderen die Mündung des Schalldämpfers. Sie hielt etwas in den Händen - etwas, das sie voll Schrecken angestarrt hatte, als er eintrat.
    Sekundenlang blieben beide stumm. Der Schakal faßte sich zuerst.»Du hast mitgehört.«
    »Ich - ich wollte wissen, mit wem du jeden Morgen telephonierst.«
    »Ich dachte, du schläfst.«
    »Nein. Ich werde immer wach, wenn du aufstehst. Dieses… Dingdas ist ein Gewehr, eine Mordwaffe.«
    Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, und doch drückte sich darin die unsinnige Hoffnung aus, er könne erklären, daß es sich um etwas anderes, etwas ganz Harmloses handele. Er sah auf sie hinunter, und zum erstenmal bemerkte sie, daß sich die grauen Flecken in seinen Augen vermehrt und deren Ausdruck wie mit einem wolkigen Schleier überzogen hatten. Sein Blick war kalt und leblos geworden, und sie hatte das Gefühl, als starre eine Maschine sie an.
    Sie richtete sich zögernd auf und ließ den Gewehrlauf scheppernd zu Boden fallen.
    »Du willst ihn umbringen«, flüsterte sie. »Du bist einer von den OAS-Leuten. Du brauchst dies hier, um de Gaulle damit zu töten.«
    Daß er ihr nicht antwortete, war Antwort genug. Sie wollte zur Tür stürzen. Er fing sie mühelos ein und schleuderte sie quer durch den Raum, setzte ihr mit drei raschen Schritten nach und warf sie aufs Bett. Auf das zerwühlte Laken gestreckt, öffnete sie den Mund, um zu schreien. Ein Hieb mit dem Handrücken auf die Halsschlagader würgte den Schrei ab, noch bevor er aus ihrem Mund gedrungen war. Dann packte der Schakal mit seiner Linken ihr Haar und drehte ihr den Kopf mit dem Gesicht nach unten über die Bettkante. Ein Ausschnitt aus dem Teppichmuster war das letzte, was sie wahrnahm, bevor der Handkantenschlag mit voller Wucht auf ihren Nacken niederfuhr.
    Der Schakal ging zur Tür, um zu lauschen, aber von unten drang kein Laut herauf. Ernestine war vermutlich in der im hinteren Teil des Schlosses gelegenen Küche, um das Frühstück zu richten, und Louison würde sich in Kürze auf den Weg zum Markt machen. Glücklicherweise waren beide ziemlich schwerhörig.
    Er steckte die Einzelteile des Gewehrs wieder in die Stahlrohre zurück, packte diese in den dritten Koffer mit dem Armeemantel und den ungereinigten Kleidungsstücken André Martins und tastete das Kofferfutter nach den Papieren ab, um sicherzugehen, daß sie sich noch an ihrem Platz befanden. Dann schloß er den Koffer zu. Der zweite Koffer, der die Garderobe des dänischen Pastors Per Jensen enthielt, war geöffnet, aber nicht durchwühlt worden.
    Er brauchte fünf Minuten, um sich in dem ans Schlafzimmer angrenzenden Bad zu waschen und zu rasieren. Anschließend nahm er seine Schere zur Hand und verbrachte weitere zehn Minuten damit, sein langes blondes Haar sorgfältig hochzukämmen und es gute fünf Zentimeter kürzer zu schneiden. Alsdann bürstete er genügend Färbemittel hinein, um ihm die eisengraue Haarfarbe eines älteren Mannes zu verleihen. Die Feuchtigkeit des Färbemittels erlaubte es ihm schließlich, es genau in der Weise zu bürsten, wie es auf dem Photo in Pastor Jensens Paß, den er vor sich auf das Bord über dem Waschbecken gelegt hatte, zu sehen war. Zu guter Letzt setzte er sich die Kontaktlinsen ein.
    Er spülte alle Spuren des Färbemittels fort, wischte das Waschbecken sorgfältig aus, nahm sein Rasierzeug und kehrte ins Schlafzimmer zurück. Der nackten Leiche

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