Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
waren Funkberichte von den Streifenwagen eingelaufen, deren Besatzungen die Straßensperren bewachten.
    Niemand, der einem blonden Engländer auch nur im entferntesten ähnlich sah, hatte den hermetischen Ring um Egletons zu passieren versucht. Jetzt lag das Marktstädtchen wie ausgestorben in der hochsommerlichen Hitze da und döste seelenruhig, als sei es von den zweihundert Polizeibeamten aus Ussel und Clermont-Ferrand nie in seinem Frieden gestört worden.
    Bis Ernestine schließlich ihren Willen bekam, war es 4 Uhr nachmittags geworden.
    »Du mußt da noch mal hinaufsteigen und Madame wecken«, drängte sie Louison. »Es ist unnatürlich, den ganzen Tag zu verschlafen.«
    Der alte Louison, der sich nichts Besseres vorstellen konnte, als genau das zu tun, war zwar anderer Meinung, aber er wußte, daß es zwecklos war, Ernestine etwas ausreden zu wollen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. So stieg er also nochmals - und diesmal weniger schwankend - die Leiter empor, öffnete das Fenster und trat ins Zimmer. Ernestine schaute von unten zu.
    Nach ein paar Minuten erschien der Kopf des alten Mannes im Fenster.
    »Ernestine«, rief er heiser, »Madame scheint tot zu sein.»Er war im Begriff, die Leiter wieder hinunterzusteigen, als Ernestine ihm zurief, er solle die Schlafzimmertür von innen aufschließen. Gemeinsam lugten sie über den Rand der Bettdecke und betrachteten Madames Augen, die starr auf ein nur wenige Zentimeter entferntes Kissen gerichtet waren.
    Ernestine übernahm das Kommando.
    »Louison.«
    »Ja, meine Liebe.«
    »Lauf schnell ins Dorf und hole Doktor Mathieu. Beeil dich.«
    Wenige Minuten später radelte Louison, so rasch seine alten Beine es erlaubten, die Auffahrt hinunter. Er traf Dr. Mathieu, der seit vierzig Jahren sämtliche Gebrechen, Krankheiten und Unpäßlichkeiten der Leute von Haute Chalonnière behandelte, im Schatten eines Aprikosenbaums in seinem Garten schlafend an, und der alte Landarzt sagte zu, sogleich zu kommen. Es war 16 Uhr 30, als sein Wagen auf den Schloßhof rollte. Fünfzehn Minuten später richtete er sich nach abgeschlossener Untersuchung der Leiche auf und wandte sich den beiden Hausangestellten zu, die auf der Schwelle der Schlafzimmertür stehengeblieben waren.
    »Madame ist tot«, erklärte er mit zitternder Stimme. »Ihr Genick ist gebrochen. Wir müssen den Gendarmen holen.«
    Gendarm Caillou war ein Mann von Methode. Er wußte, welcher Ernst seiner Aufgabe, den Arm des Gesetzes zu verkörpern, zukam und wie wichtig es war, alle Tatsachen klarzustellen. Nachdem man sich an den Küchentisch gesetzt hatte, nahm er die Aussagen Ernestines, Louisons und Dr. Mathieus zu Protokoll.
    »Es besteht kein Zweifel«, sagte er, als der Doktor seine Erklärung unterschrieben hatte, »daß ein Mord begangen wurde. Verdächtig ist in erster Linie offenkundig der blonde Engländer, der sich hier aufgehalten hat und mit Madames Wagen davongefahren ist. Ich werde die Sache sofort dem Hauptquartier in Egletons melden.« Und er radelte den Hügel hinunter ins Dorf zurück.
    Um 18 Uhr 30 rief Claude Lebel Kommissar Valentin aus Paris an. »Alors, Valentin?«
    »Noch nichts«, antwortete Valentin. »Seit dem späten Vormittag haben wir alle Straßen und Wege, die aus der Gegend herausführen, blockiert. Er muß noch im Sperrgebiet sein, es sei denn, er ist sehr weit gekommen, nachdem er den Wagen stehengelassen hat. Dieser dreimal verfluchte Taxifahrer, der ihn am Freitag gefahren hat, ist noch immer nicht aufgetaucht. Ich habe Streifen losgeschickt, damit sie die Straßen in der Umgebung nach ihm absuchen - Augenblick mal, eben kommt gerade eine neue Meldung.«
    Lebel konnte Valentin mit jemandem im Hintergrund reden hören, der sehr schnell sprach.
    Dann meldete sich Valentins Stimme wieder am Apparat.
    »Himmelherrgott, was wird denn hier nur gespielt? Es ist ein Mord passiert.«
    »Wo?« fragte Lebel mit sofort erwachtem Interesse.
    »Auf einem Schloß in der Umgebung. Die Meldung ist gerade eben vom Dorfpolizisten durchgegeben worden.«
    »Wer ist das Opfer?«
    »Die Schloßherrin. Warten Sie - eine Baronin de la Chalonnière.«
    Caron sah Lebel blaß werden.
    »Valentin, hören Sie zu. Das war er. Ist er schon aus dem Schloß entkommen?«
    Wieder gab es eine kurze Beratung im Polizeikommissariat von Egletons.
    »Ja«, sagte Valentin dann. »Er ist heute morgen im Wagen der Baronin weggefahren. Ein kleiner Renault. Der Gärtner hat die Leiche gefunden, aber erst heute

Weitere Kostenlose Bücher