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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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der Pension Kleist sah sich Rodin ganzen Salven von Vorwürfen und verspäteten Einwänden von seilen Cassons und Montclairs ausgesetzt, die beide von den zwischen 21 Uhr und Mitternacht vergangenen Stunden sichtlich mitgenommen waren.
    »Eine halbe Million Dollar«, wiederholte Montclair unermüdlich, »wie, zum Teufel, sollen wir eine halbe Million Dollar auftreiben?«
    »Möglicherweise werden wir die Anregung des Engländers aufgreifen und ein paar Banken ausrauben müssen«, entgegnete Rodin.
    »Ich mag den Mann nicht«, sagte Casson. »Er arbeitet allein, ohne Helfer. Solche Männer sind gefährlich. Man hat sie nicht unter Kontrolle.«
    Rodin beendete die Diskussion. »Hören Sie, wir haben einen Plan entwickelt, uns auf einen von mir gemachten Vorschlag geeinigt und einen Mann gesucht, der fähig und bereit ist, den Präsidenten der Republik Frankreich gegen Geld zu ermorden. Ich verstehe ein bißchen was von solchen Männern. Wenn es irgend jemand schafft, dann er. Wir haben die Weichen gestellt. Tun wir weiter unsere Arbeit, und lassen wir ihn seine verrichten.«

DRITTES KAPITEL
    Während der zweiten Hälfte des Juni und den ganzen Juli des Jahres 1963 hindurch wurde Frankreich von einer Serie gegen Banken, Juwelierläden und Postämter gerichteter Gewaltverbrechen heimgesucht, die damals ohne Beispiel war und sich in diesem Ausmaß seither nicht wiederholt hat. Die Einzelheiten jener Welle von Einbrüchen und Überfällen sind heute aktenkundig.
    Von einem Ende des Landes bis zum anderen wurden Bankangestellte von Pistolen, Schrotflinten mit absägtem Lauf und Maschinenpistolen nahezu tagtäglich bedroht. Einbrüche in Juwelierläden häuften sich in den genannten anderthalb Monaten so sehr, daß die örtlichen Polizeikräfte nicht selten, kaum daß sie die Aussagen zitternder und oft auch blutender Juweliere und ihrer Angestellten aufgenommen hatten, schon zu einem weiteren gleichartigen Überfall innerhalb ihres Distrikts gerufen wurden. Zwei Bankangestellte wurden bei dem Versuch, den Räubern Widerstand zu leisten, erschossen.
    Gegen Ende Juli hatte sich die Situation derart verschärft, daß die Männer des Corps Républicain de Sécurité, der jedem Franzosen unter der Abkürzung CRS geläufigen Spezialeinheit zur Niederwerfung von Aufständen und Bekämpfung von Sabotageakten, zusammengerufen und erstmals mit Maschinenpistolen bewaffnet wurden. Die Bankkunden gewöhnten sich rasch an den Anblick eines oder zweier blauuniformierter Gardisten, die mit umgehängter Maschinenpistole in der Schalterhalle Wache standen.
    Von den geschädigten Bankiers und Juwelieren, die den Behörden Laxheit vorwarfen, unter Druck gesetzt, verstärkte die Polizei die nächtliche Überwachung der Banken durch vermehrte Kontrollgänge und erhöhten Einsatz von Streifen - jedoch ohne Erfolg, denn die Räuber waren keine professionellen Einbrecher, die sich darauf verstanden, im Schütze der Dunkelheit Tresorkammern aufzusprengen, sondern maskierte Gangster, schwer bewaffnet und entschlossen, beim geringsten Anlaß zu schießen.
    Die Überfallgefahr bestand bei Tage, während die Bankschalter geöffnet waren und die Juweliere ihre Kunden bedienten. Überall im Lande, am hellichten Tag, konnten plötzlich zwei oder drei bewaffnete und maskierte Männer auftauchen und »Hände hoch!« befehlen. Drei Bankräuber wurden gegen Ende Juli bei verschiedenen Überfällen angeschossen und festgenommen. Zwei von ihnen waren kleinere Betrüger und Schwindler, von denen man wußte, daß sie die Existenz der OAS als Vorwand zu anarchistischem Treiben benutzten, und bei dem dritten handelte es sich um einen Deserteur aus einem der ehemaligen Kolonialregimenter, der zugab, der OAS anzugehören. Aber trotz eingehender Verhöre in der Polizeipräfektur konnte keiner der drei überredet werden, über die Hintergründe dieser urplötzlich im ganzen Land auftretenden Serie von Raubüberfällen mehr auszusagen, als daß ihm sein »patron« (Bandenchef) das Objekt - eine Bank oder ein Juweliergeschäft - genannt habe. Über kurz oder lang kam die Polizei zu dem Schluß, daß den Festgenommenen der Zweck der Raubüberfälle nicht bekannt war; man hatte ihnen einen Anteil an der Beute versprochen, und da sie nur kleine Diebe waren, hatten sie getan, was man ihnen auftrug.
    Die französischen Behörden brauchten nicht allzu lange, um sich darüber klarzuwerden, daß die OAS hinter dem Ganzenstand und auch daß sie aus irgendeinem Grund sehr rasch

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