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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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»Blutkrebs.«
    Kowalsky sah Rodin an. Er traute Zivilisten nicht.
    »Aber die Quacksalber können es doch heilen, mon colonel?«
    »Nein, Kowalsky, Leukämie ist unheilbar. Da kann man nichts machen. Warum?«
    »Ach, nichts«, murmelte Kowalsky, »ich hab' nur so was gelesen.«
    Dann ging er. Wenn Rodin überrascht gewesen war, daß sein Leibwächter, von dem niemand angenommen hätte, daß er jemals etwas Komplizierteres als seinen Tagesbefehl durchgelesen hatte, auf ein solches Wort gestoßen sein sollte, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken, und der Vorfall geriet bei ihm rasch in Vergessenheit. Denn mit der Nachmittagspost war der erwartete Brief gekommen, der besagte, daß sich das gesamte Guthaben der OAS auf schweizerischen Bankkonten jetzt auf mehr als 250000 Dollar belief.
    Rodin war zufrieden, als er sich hinsetzte, um den Banken zu schreiben und die Überweisung des Betrags auf das Konto des gedungenen Killers zu veranlassen. Wegen der restlichen Summe machte er sich keine Sorgen. Wenn Präsident de Gaulle erst einmal tot war, würden die Bankiers und Industriellen der extremen Rechten, die die OAS in früheren und erfolgreicheren Tagen finanziert hatten, nicht anstehen, ihrerseits die anderen 250000 Dollar beizubringen. Dieselben Leute, die seine dringenden Bitten um einen weiteren Vorschuß noch vor wenigen Wochen mit dem fadenscheinigen Hinweis abgelehnt hatten, der »Mangel an Initiativen und eindrucksvollen Erfolgen«, den die patriotischen Kräfte in den letzten Monaten gezeigt hätten, habe ihre Aussichten, jemals von den bei früheren Gelegenheiten investierten Geldern etwas wiederzusehen, erheblich vermindert - dieselben Leute würden sich um die Ehre reißen, die Militärs, die in Kürze die neuen Herren des wiedergeborenen Frankreich wären, finanziell nach Kräften zu unterstützen. Bei Einbruch der Dunkelheit hatte er die Anweisungen an die Banken aufgesetzt, aber als Casson die von Rodin verfügten Instruktionen las, denen zufolge die schweizerischen Bankhäuser das Geld an den Schakal überweisen sollten, erhob er Einwände. Er machte geltend, daß eine eminent wichtige Zusage, die sie alle drei ihrem Engländer gemacht hatten, darin bestand, ihm einen Kontaktmann in Paris zu nennen, der in der Lage war, ihn mit den jeweils neuesten Informationen über die Aktivitäten des französischen Präsidenten wie auch jede mögliche Änderung der seine Person betreffenden Sicherheitsvorkehrungen zu versorgen. Diese Informationen könnten, ja würden für den Killer von entscheidender Bedeutung sein. Den Schakal zum gegenwärtigen Zeitpunkt von der Überweisung des Geldes in Kenntnis setzen, hieße, so argumentierte Casson, ihn zu vorzeitigem Handeln ermutigen. Wann der Mann zuschlagen wolle, war ausschließlich ihm selbst überlassen, dabei würden ein paar Tage keinen entscheidenden Unterschied machen. Was dagegen sehr wohl den Unterschied zwischen einem Erfolg und einem weiteren, dann aber gewiß letztmaligen Fehlschlag bewirken könne, das seien die dem Killer verfügbaren Informationen.
    Er, Casson, habe mit der heutigen Post Nachricht erhalten, daß es seinem wichtigsten Repräsentanten in Paris gelungen sei, einen Agenten in unmittelbare Nähe eines zu de Gaulles engstem Mitarbeiterstab zählenden Mannes zu placieren. Schon in wenigen Tagen würde dieser Agent in der Lage sein, über den jeweiligen Aufenthaltsort, die Reisepläne und jedes vorgesehene öffentliche Auftreten des Generals - über Dinge also, die nicht mehr im voraus angekündigt zu werden pflegten - laufend verläßliche Informationen zu erhalten. Ob Rodin daher seine Instruktionen bitte noch ein paar Tage zurückhalten würde, bis er, Casson in der Lage sei, dem Killer eine Pariser Telephonnummer zu nennen, unter der er die für das Gelingen seines Auftrags so entscheidend wichtigen Informationen erhalten könne?
    Rodin ließ sich Cassons Einwände lange durch den Kopf gehen und kam endlich zu dem Schluß, daß er recht habe. Keiner der beiden Männer konnte wissen, wie der Schakal vorzugehen beabsichtigte, und in der Tat würden die Instruktionen an die Schweizer Banken, gefolgt von der Übersendung des Briefs mit der Pariser Telephonnummer nach London, den Killer in keiner Weise zu einer Änderung seines Zeitplans veranlaßt haben. Keiner der Terroristen in Rom konnte ahnen, daß der Schakal den Tag schon festgelegt hatte und seine Vorbereitungen und Absicherungen gegen unvorhergesehene Zufälle mit der Präzision

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