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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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warten?«
    Der Minister seufzte. Er hatte von seinem chef de cabinet keine andere Reaktion erwartet, aber das machte ihm die Aufgabe nicht leichter. Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
    »Hören Sie, Alexandre. Erstens steht es noch nicht absolut fest, ob der Rolland-Bericht zutrifft. Es handelt sich lediglich um seine eigene Auswertung der wirren Reden dieses - Kowalsky, der inzwischen verstorben ist. Vielleicht täuscht Rolland sich. Die Ermittlungen in Wien sind noch nicht abgeschlossen. Ich habe deswegen mit Gibaud gesprochen, und er erwartet den Bescheid für heute abend. Aber man muß zugeben, daß es unrealistisch wäre, zu diesem Zeitpunkt im ganzen Land Jagd auf einen Ausländer machen zu wollen, von dem uns nur der Deckname bekannt ist. Abgesehen davon handelt es sich um seine Weisung - nein, seine strikte Order. Ich wiederhole sie, damit hierüber bei keinem von uns irgendwelche Unklarheiten herrschen. Die Sache darf unter keinen Umständen publik werden, es darf keine Großfahndung stattfinden, und außerhalb unseres engsten Mitarbeiterkreises darf keinerlei Andeutung darüber gemacht werden, daß Gefahr im Verzug ist. Der Präsident ist der Meinung, daß die Presse, sofern wir ihr gegenüber auch nur das Geringste verlauten ließen, dies als gefundenes Fressen betrachten, die Weltöffentlichkeit hämisch reagieren und jede zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, die wir treffen, sowohl hier als auch außerhalb unseres Landes nur als ein unwürdiges Schauspiel auffassen würde, in dem der Präsident der Republik Frankreich sich vor einem einzelnen Mann - und noch dazu einem Ausländer - zu verstecken sucht. Genau dies aber wird er unter keinen Umständen - ich wiederhole: unter keinen Umständen! - zulassen. Tatsächlich« - der Minister unterstrich ' mit erhobenem Zeigefinger die Bedeutung dieses Punktes - »hat er mir deutlich zu verstehen gegeben, daß Köpfe rollen würden, falls durch unsere Behandlung der Angelegenheit irgendwelche Einzelheiten bekanntwerden oder auch nur vage Andeutungen an die Öffentlichkeit dringen sollten. Glauben Sie mir, eher ami, ich habe ihn kaum je so unzugänglich gesehen.«
    »Aber das Veranstaltungsprogramm«, protestierte Sanguinetti, »muß auf jeden Fall abgeändert werden. Er darf nicht mehr in der Öffentlichkeit erscheinen, bis der Mann gefaßt ist. Er muß unbedingt…«
    »Er wird nichts absagen. Programmänderungen sind ganz ausgeschlossen, auch solche um eine Stunde oder auch nur um eine Minute. Die ganze Angelegenheit muß unter absoluter Geheimhaltung gehandhabt werden.«
    Zum erstenmal seit der Aufdeckung der Verschwörung in der Ecole Militaire im Februar, die zur Verhaftung und Verurteilung der Beteiligten geführt hatte, fühlte sich Alexandre Sanguinetti wieder auf den Punkt zurückgeworfen, von dem er ausgegangen war. In den letzten beiden Monaten hatte er bei der Bekämpfung der Bankraub und Einbruchwelle schon geglaubt, daß das Schlimmste überstanden sei. Die Auflösungserscheinungen, die der OAS- Apparat unter der doppelten Einwirkung des Aktionsdienstes von innen und der Polizei und CRS-Kräfte von außen zu zeigen begann, hatten ihn zu dem vorschnellen Schluß verleitet, die Raubüberfälle stellten nichts anderes als die letzten Zuckungen der Geheimarmee dar, bei denen eine Handvoll noch nicht dingfest gemachter Strolche und Abenteurer sich noch einmal austobte, um sich die nötigen Gelder für ein lebenslanges Exil zu verschaffen.
    Aber die letzte Seite von Hollands Bericht machte deutlich, daß die ungezählten Doppelagenten, die Rolland in die OAS hatte einschleusen können, wo es ihnen gelungen war, in die höchsten Dienstränge aufzusteigen, durch die Anonymität des Mörders außer Gefecht gesetzt worden waren. Und infolge der simplen Tatsache, daß der Schakal Ausländer war, waren auch die von den Sicherheitsbehörden geführten Karteien über alle einer bestehenden oder früheren Verbindung zur OAS verdächtigten Staatsbürger nutzlos.
    »Was sollen wir denn tun, wenn es uns nicht erlaubt ist zu handeln?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß es uns verboten sei zu handeln«, verbesserte Frey ihn. »Ich sagte lediglich, wir dürfen nicht in aller Öffentlichkeit handeln. Die ganze Sache muß geheim bleiben und entsprechend gehandhabt werden. Es gibt also nur eine einzige Möglichkeit für uns: Die Identität des Mörders muß durch geheimzuhaltende Erkundigungen ermittelt, er selbst, wo immer er sich aufhält - sei es in Frankreich

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