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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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abgestanden, wie er erwartet hatte. »Mit seiner Freundin zusammen?«
    Jones schüttelte den Kopf. »Immer allein, aber der alte Pat ist ziemlich sicher, dass er mal mit Harry gesprochen hat. Harry hat offenbar immer Werbekärtchen für sein Taxi verteilt - er sagte, persönlicher Kontakt sei die beste Werbung.«
    »Und was tun wir? Nehmen wir ihn mit auf die Dienststelle?«
    »Der ist im Moment nicht in der Lage, irgendwohin zu gehen, und daran ist nicht nur die Migräne schuld. Er hat eine aufgeplatzte Lippe und einen dicken Striemen, wo der Sicherheitsgurt eingeschnitten hat.« Jones zog fragend eine Braue hoch. »Wie hart war der Aufprall auf den Pfosten?«
    »Das Auto hat ihn eher gestreift. Sehr viel Fahrt können sie nicht gehabt haben. Die Doktorin hat so stark gebremst, dass sie Gummi liegen gelassen hat.« Beale berichtete, was er von dem jungen Paar gehört hatte. »Ich würde sagen, der Lieutenant hat ins Lenkrad gegriffen, und um den Wagen wieder unter ihre Kontrolle zu bringen, blieb der Jackson nichts anderes übrig, als ihn k.o. zu schlagen. Worauf sie den einen Pfosten verfehlten und dafür den anderen rammten.«
    Jones nickte. »So sehe ich es auch. Und warum soll der Junge ihr ins Lenkrad gegriffen haben?«
    »Vielleicht hat es mit der Migräne zu tun?«, meinte Beale. »Er scheint dann ja immer ziemlich impulsiv zu sein. Das hat der Pakistani im Pub am eigenen Leib zu spüren bekommen. Und Sie ja auch. Völlig gefechtsunfähig wird er doch erst, wenn ihm so richtig schlecht wird und er sich übergeben muss.«
    Jones schüttelte den Kopf. »Bei mir hat er durchgedreht, weil ich ihn angefasst habe. Das Gleiche gilt für den Pakistani. Kann
sein, dass er sich weniger beherrschen kann, wenn er eine Migräne hat, aber ich glaube nicht, dass die Kopfschmerzen der Grund für seine Ausraster sind. Er hatte keine Migräne, als ihn Walter Tutting draußen vor der Bank mit dem Finger anstupste, und trotzdem ist er gleich auf ihn losgegangen.«
    »Er ist aber nicht völlig ausgerastet, Brian. Vielleicht ist die Migräne nicht der ursprüngliche Auslöser, aber sie trägt auf jeden Fall einiges zur Heftigkeit seiner Reaktionen bei. Man sollte ihm ein Warnschild umhängen - aus der Bahn, wenn ich Kopfschmerzen habe.«
    »Im Moment geht es ihm jedenfalls schlecht«, sagte der Superintendent. »Die Doktorin hat ihm etwas gegen den Brechreiz gegeben und ist gegangen, um ihren Reifen zu wechseln. Vermutlich befürchtet er, dass sie jetzt nichts mehr mit ihm zu tun haben will.«
    »Ist das wahrscheinlich?«
    »Kommt drauf an. Wenn sie glaubt, er wollte sie vorhin umbringen... Im Augenblick deckt sie ihn, indem sie behauptet, es sei ihre Schuld gewesen - wahrscheinlich weil sie weiß, dass sie ihn provoziert hat -, aber kann leicht sein, dass sie es sich bis morgen anders überlegt. Sie ist stinkesauer - will ihn auf gar keinen Fall mit ihrer Partnerin allein lassen.«
    Beale rührte mit dem Finger in seinem Bier, um es ein wenig zum Sprudeln zu bringen. »Ein Freund von mir wollte sich mal in einem BMW das Leben nehmen«, erzählte er. »Er ist mit sechzig Stundenkilometern gegen eine Backsteinmauer gedonnert und ohne einen Kratzer ausgestiegen. Hinterher behauptete er, er hätte nicht an die Airbags gedacht und nicht gewusst, dass BMWs die reinsten Panzer sind.«
    »Sie glauben, Acland wollte sich das Leben nehmen?«
    »Er ist total kaputt - ein bisschen wie dieser Freund von mir... Er wird nicht mit seinem Schicksal fertig. Dr. Campbell meint, er versucht schon seit Monaten, sich langsam zu Tode zu hungern, während er sich vormacht, er habe sich nur eine neue
Lebensweise angewöhnt. Vielleicht wollte er heute Abend Nägel mit Köpfen machen und hatte beschlossen, Dr. Jackson mit in den Tod zu nehmen.«
    Jones sagte nichts.
    »Das überzeugt Sie nicht?«
    »Teilweise schon«, sagte Jones. »Er ist sicherlich in einer schlimmen Verfassung, und es würde mich nicht wundern, wenn er eines Tages tot aufgefunden wird. Aber ich glaube nicht, dass er sich das Leben nimmt. Ich denke, er wird sich eines Tages mit jemandem anlegen, der noch wütender und noch kaputter ist als er.« Er schwieg einen Moment. »Man könnte das natürlich als Todeswunsch bezeichnen.«
    »Er hat sich also mit Dr. Jackson angelegt? Er wollte, dass sie zuschlägt?«
    »Nicht unbedingt. Ich glaube eher, er wollte sie auf die Probe stellen. Er wollte sehen, wie sie reagiert, wenn ihr das Heft aus der Hand genommen wird. Ich frage mich langsam, ob

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