Der Schatten des Chamaeleons
wir sicher geben.«
»Er muss sich so schnell wie möglich hinlegen. Wenn Sie wirklich helfen wollen, dann bringen Sie ihn mit mir zusammen ins Crown. Ich habe jetzt keine Zeit, lange hin und her zu diskutieren.«
»Wieso habe ich das deutliche Gefühl, dass Sie Charles nicht mit Ihrer Partnerin allein lassen wollen, Dr. Jackson? Was befürchten Sie von ihm?«
»Mir graut viel mehr vor Daisy«, entgegnete sie kurz. »Wenn es wieder Krach gibt wegen Charles, wirft sie mich am Ende noch raus.« Sie entblößte die Zähne zu einem sarkastischen Lächeln. »So ist das bei den Lesben, Superintendent.«
Als Beale den beschädigten Pfosten sah, ging es ihm wie Jones: Der ganze Unfall war glimpflicher ausgegangen als erwartet. Der Pfosten stand auf einer Verkehrsinsel in der Straßenmitte und war, wenn man nach seinem Pendant gehen durfte, beleuchtet gewesen, bevor Jackson ihn gerammt hatte. Das weiße Kunststoffgehäuse war der Länge nach aufgerissen, die Metallstange schief. Aber eine Gefahr für den ohnehin spärlichen Verkehr war er nicht.
Er gab die Sache weiter und rekonstruierte dann wie sein Chef den Unfall nach dem Augenschein. Reifenspuren vor dem unversehrten Pfosten ließen darauf schließen, dass Jackson vor der Verkehrsinsel stark gebremst hatte; dann war sie wohl mit einem oder beiden Rädern rechts entlanggeschrammt, was frische Kratzspuren am Betonbordstein hinterlassen hatte. Die Ausrichtung des kaputten Pfostens wiederum verriet, dass Jackson immer noch nach rechts gesteuert hatte, als der Wagen ihn gerammt hatte.
Neugierig geworden trat er zu einem jungen Paar, das auf der anderen Straßenseite an einer Bushaltestelle stand. »Wie lange warten Sie hier schon?«
»Lang genug.«
»Haben Sie zufällig den Wagen gesehen, der den Pfosten dort gerammt hat?«
Sie nickten beide. »Da haben sich zwei Kerle geprügelt«, sagte die junge Frau.
»Wie geprügelt?«
»Der Typ am Lenkrad hat dem anderen ins Gesicht geschlagen.« Die junge Frau fröstelte. »Wir wären tot, wenn er das nicht getan hätte. Das Auto ist direkt auf uns zugerast.«
Auf dem Weg zurück ins Crown rief Beale Constable Khan an. »Achmed? Ja, ja - noch mit dem Chef zu tun. Können Sie mir ein, zwei Gefallen tun? Versuchen Sie, Dick Fergusson zu erreichen, und fragen Sie ihn, ob er von irgendwelchen Dealern in der Kitchener Road weiß. Neben oder hinter einem Pub namens
The Crown . Gut - so bald wie möglich. Das Nächste ist mehr ein Schuss ins Blaue. Haben Sie mal den Film Gattaca gesehen? Nein? Dann müssen Sie für mich googlen. G-A-T-T-A-C-A. Geben Sie Uma Thurman ein und die Filme, die sie gemacht hat.«
Er hielt an, während er wartete. »Genau, das ist es. Oben müssten Sie ein Darstellerverzeichnis mit Jude Law und Ethan Hawke haben. Klasse. Wie heißt die Frau, die von Uma Thurman gespielt wird? Irene Cassini? Wie wird das Cassini geschrieben?« Er hörte einen Moment aufmerksam zu. »Ja«, bestätigte er langsam, »genau das habe ich mich gefragt. Der Chef und ich haben sie vor einer Stunde gesehen, da war sie genauso angezogen wie Uma Thurman in dem Film. Gut - versuchen Sie’s erst auf den Hostessen-Sites.«
Er wollte gerade Schluss machen, als Khan sich noch einmal meldete.
Beale seufzte. »Nein, natürlich habe ich den Evening Standard nicht gelesen. Ich arbeite seit zwölf Stunden ohne Pause.« Er hörte wieder zu. »Chalky? Nur die Beschreibung, die wir von Dr. Jackson haben. Dunkle Haare - Bart - Mitte fünfzig. Den Rest habe ich nicht mehr im Kopf, aber das finden Sie im Computer. Ich habe eine Fahndung an die Kollegen in den Nachbarkreisen rausgeschickt.«
Sein Gesicht wurde ärgerlich, als Khan fortfuhr. »Sie wollen allen Ernstes behaupten, dass Sie von der Leiche nur wissen, weil Sie es in der Zeitung gelesen haben?«
Der Superintendent war allein, als Beale seinen Platz neben ihm wieder einnahm. Der alte Mann, Pat, war gegangen, die einzige Bedienung kümmerte sich um einen Gast am anderen Ende der Bar, und von Jackson, Hardy und Acland war nichts zu sehen. Jones schob Beale sein unberührtes Bier hin. »Trinken Sie aus«, sagte er, »wir haben vielleicht etwas zu feiern. Die Doktorin hat den Lieutenant vorhin da drüben auf den Stuhl gesetzt, bevor
sie ihn mit Mr. Hardy hinaufbugsierte, und der alte Pat hat ihn an der unverletzten Gesichtshälfte erkannt. Er sagt, er hätte ihn letztes Jahr, als Harry Peel noch lebte, ein paar Mal hier gesehen.«
Beale trank nachdenklich einen Schluck Bier. Es war
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