Der Schatten des Chamaeleons
Schweigen als Zustimmung und setzte sich vorgebeugt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, auf die Kante. »Aber der Superintendent möchte zuerst mit Ihnen sprechen. Was meinen Sie dazu? Soll ich ihn hinhalten - damit Ihnen etwas mehr Zeit bleibt?«
»Wozu?«
»Damit Sie darüber nachdenken können, wie bald Sie sich
dazu durchringen können, der Polizei zu helfen. Mr. Jones braucht leider alles - bis ins kleinste Detail -, und er wird nicht lockerlassen, bis er es bekommt.« Sie wandte den Blick ab. »Wir haben alle begriffen, warum Sie auf körperliche Berührung so heftig reagieren, Charles. Es gibt nicht mehr viele Geheimnisse, denke ich.«
»Verlassen Sie sich lieber nicht darauf.«
»Wie oft hat Jen den Elektroschocker bei Ihnen angewendet?«
»Das kommt darauf an, ob Sie die Wiederholungsschüsse mitzählen«, sagte er. »Wenn sie mir alle fünf Minuten eine Ladung verpasste, konnte sie mich auf dem Boden festnageln, so lange sie wollte.« Ein ironisches Lächeln schien in seinem Auge zu blitzen. »Da muss einer schon ziemlich blöd sein, um sich mehr als einmal erwischen zu lassen, nicht wahr?«
»Ist es das, was Ihnen so zu schaffen macht? Dass Sie glauben, blöd gewesen zu sein?«
»Es spricht jedenfalls nicht für meine Militärausbildung. Soldaten sollten immer auf Überraschungsangriffe gefasst sein.«
Jackson lächelte. »Vom Feind vielleicht - nicht von Freunden.«
»Ich hatte keine Ahnung, dass sie überhaupt so ein Ding besaß, als sie es das erste Mal benutzte. Sie sagte, es wäre ein Versehen, und drückte nur das eine Mal ab. Beim nächsten Mal war ich im Sessel eingeschlafen, als wir eigentlich ausgehen sollten. Eine kleine Lektion, damit ich lerne, sie nicht für selbstverständlich zu nehmen, meinte sie.« Er schwieg einen Moment. »Das war kurz vor meiner Abreise nach Oman, und sie sagte, sie hätte es nur getan, weil sie es nicht ertragen könne, dass ich so lang weg sein würde. Daraufhin habe ich ihr das verdammte Ding weggenommen und mit einem Hammer kurz und klein geschlagen.«
»Aber während Sie weg waren, hat sie sich ein neues gekauft?«
Acland nickte.
»Die Dinger sind leicht zu bekommen, Charles. Daisy wurden von Schwarzhändlern schon mehrmals welche angeboten.«
Er sagte nichts.
Jackson richtete sich auf. »Was war dann?«
»Ich erklärte ihr, ich hätte die Zeit in Oman genutzt, um über alles nachzudenken, und löste die Verlobung. Sie hat es nicht besonders gut aufgenommen.« Er lachte leise. »Ich war so dumm, ihr den Rücken zuzudrehen.«
»Wie viele Schläge?«
Acland schüttelte den Kopf. »Ich habe gar nicht mehr mitgezählt. Jedes Mal, wenn ich aufstehen wollte, hat sie mir wieder eine vor den Latz geknallt. Das geht auf den Kopf - man verliert die Koordination. Bei wiederholten Stromschlägen gerät alles durcheinander.«
»Ebendeshalb sind diese Dinger hier verboten. In den Händen von jemandem wie Jen können sie töten. Der menschliche Körper kann nur eine begrenzte Zahl von Stromschlägen verkraften.«
»Sie fand es lustig.«
Jackson hörte den Hass in seiner Stimme. »Wie haben Sie sie dazu gebracht aufzuhören?«
»Sie nahm einen Anruf an - das Gespräch dauerte länger, als sie dachte. Als sie zurückkam, kriegte ich sie beim Handgelenk und richtete den Schocker auf sie selbst.« Wieder versank er in kurzes Schweigen. »Ich hätte sie beinahe umgebracht. Ich hätte es mit Leichtigkeit tun können, und das wusste sie auch.«
»Warum haben Sie’s nicht getan?«
»Weil ich mir dafür zu gut bin.«
Wie dein Vater, dachte sie. »Hat Jen außer dem Schocker noch andere Waffen gegen Sie gebraucht?«
»Darüber möchte ich nicht sprechen.«
Jackson schüttelte den Kopf. »Das wird Jones aber nicht akzeptieren. Er muss wissen, ob sie Sie mit der knobkerrie geschlagen hat.«
Er zögerte kurz. »Um das zu tun, brauchte sie mich nicht wehrlos zu machen. Die knobkerrie war ihre Lieblingswaffe. Es begann als Scherz - ein kleiner Klaps auf die Hand, wenn ich zu spät kam. Im Juli, als ich ihr von der Übung in Oman erzählte, rastete sie aus. Einmal hätte sie mir beinahe den Arm gebrochen.«
Jackson sah ihn aufmerksam an. »Wann hat sie die knobkerrie das erste Mal gebraucht? Vor oder nach der Verlobung?«
»Ich bin kein kompletter Idiot. Danach«, sagte er mit einem neuerlichen ironischen Lachen. »Bis dahin war sie ganz in Ordnung.« Er machte eine Pause. »Ich dachte, ich hätte sie vielleicht in irgendetwas hineingedrängt, was sie gar nicht
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