Der Schatten des Highlanders
ebenfalls sehr vielversprechend. Fast von ihm geküsst zu werden, war ... nun, sie hatte vermutlich einfach Glück gehabt, dass sie dabei unterbrochen worden waren. Sonst hätte ihr Verlangen sie verzehrt, bis nichts mehr von ihr übrig gewesen wäre.
Sie wusste jedoch nur zu gut, dass auch von Cameron nichts mehr übrig wäre, hätte sie Patrick nicht davon abhalten können, nach Cameron Hall zurückzufahren und ihn zu töten. Sie hatte pausenlos auf ihren Schwager eingeredet und sich damit ganz gut ablenken können, bis sie sich in Moraigs Cottage verkroch, um ihre Sachen zusammenzupacken.
Erst ab diesem Zeitpunkt war es mit ihr wirklich bergab gegangen.
Sie hatte das Handy benutzt, das Jamie ihr gegeben hatte, und sich ein Flugticket kaufen wollen, dann aber feststellen müssen, dass sie kein Geld auf ihrem Bankkonto hatte. Und
sie hatte kein Geld auf ihrem Bankkonto, weil von ihrem Aktiendepot kein Geld überwiesen worden war. Und es war kein Geld überwiesen worden, weil ihr Aktienhändler ihre gesamten Ersparnisse verschleudert hatte. Und nicht nur das, er war auch noch getürmt, und sie hatte jetzt sogar noch Schulden bei der Bank.
Vermutlich hätte sie ein oder zwei Mal in den vergangenen Monaten ihre Post lesen sollen, anstatt zu Hause herumzusitzen und sich die Augen wegen eines Mannes auszuweinen, der mit anderen Frauen frühstückte und dabei von seiner Verlobten unterbrochen wurde.
Patrick hatte sie überzeugen wollen, zu bleiben, und ihr fest versprochen, dass er und Jamie für sie sorgen würden, aber sie hatte seine Almosen nicht annehmen können; sie ließ lediglich zu, dass er ihr den Flug bezahlte. Sie würde ihr Lager auf der Couch ihrer Eltern aufschlagen und sich einen Job suchen. Ihrem Vater würde sie ein paar neue gälische Redewendungen beibringen, und vielleicht würde sie sich dadurch eine Ruhepause von all den Bewerbungsformularen für Aufbaustudiengänge erwirken können, die er und ihre Mutter ihr jeden Abend unters Kopfkissen stecken würden.
Madelyn hatte auf der Fahrt zum Flughafen sehr wenig gesprochen. Sunny hatte allerdings nichts anderes erwartet. Ihre Schwester hatte damals ihre eigenen Gründe gehabt, den Highlands den Rücken zu kehren. Aber Madelyn war von ihrer großen Liebe dorthin zurückgeholt worden.
Sunny zweifelte ernsthaft daran, dass ihr ein ähnliches Glück beschieden wäre.
Sie fluchte, bis ihre Tränen langsam versiegten. In Amerika müsste sie zumindest nicht dauernd Fotos von Cameron und seiner bezaubernden Braut sehen — oder auch nur von ihm, wie er aus dem Fond seines Rolls Royce ausstieg, aus Restaurants herauskam und den Paparazzi sein — wie sie leicht erkennen konnte — nur aufgesetztes höfliches Lächeln präsentierte.
Zuerst hatte sie gedacht, die Fotos erschienen in den Klatschpostillen, weil er Penelopes Begleitung war. Als sie dann aber eine Zeitschrift durchblätterte, die sie aus dem Gepäcknetz des Sitzes vor sich gezogen hatte, vermutete sie, es läge eher an seiner fotogenen Erscheinung. Nun ja, und an der Tatsache, dass er ein schottischer Lord und der CEO von Cameron Ltd. war.
Aber eigentlich war es wohl vor allem deshalb, weil er großartig aussah und seine Fotos dafür sorgten, dass sich die Zeitschriften sehr gut an Leserinnen verkauften, die ihn gerne ansahen.
Vielleicht hatte es ja auch sein Gutes, dass sie nie mit ihm verheiratet sein würde. Ihn mit unzähligen unbekannten Frauen teilen zu müssen, die über Fotos von ihm ihren Tagträumen nachhingen, wäre nur eine der Zumutungen gewesen, die das mit sich brachte. Sobald sie Feinstrumpfhosen hätte tragen oder darauf achten müssen, dass sich ihr Slip nicht unter der Kleidung abzeichnete, oder ihr ständig Kameras vor die Nase gehalten würden, hätte sie sicher die Krise bekommen. Sie mochte Lebewesen, solange es sich dabei um Babys oder Yoga-Schüler handelte, oder um Pflanzen, die aus dem Humus sprossen. Alles andere war für sie unbekanntes Terrain, zu dem es sie nicht unbedingt hinzog. Ja, es war definitiv das Beste, einfach in die Staaten zurückzufliegen, wo sie vor all dem in Sicherheit wäre. Das war natürlich keine Flucht; sie vollzog nur einen maßvollen, bewussten Kurswechsel.
Und je eher der erfolgte, desto glücklicher wäre sie. Also packte sie den Griff ihres Koffers fester und zog ihn mühsam weiter hinter sich her. Ihr war es gleichgültig, was sich nördlich des Hadrianswalls abspielte. Sie hatte mit Schottland abgeschlossen und war jener rollenden
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