Der Schatten des Highlanders
gentlemanlike dazu, sie aus seinem Kuss zu entlassen und die Tatsache zu ignorieren, dass ihr Kleid, obgleich bemerkenswert bescheiden für ein Abenddress, immer noch genügend von ihr enthüllte, dass es seine keusche Zurückhaltung gefährdete.
Als er wieder klar denken konnte, trat er vorsichtshalber einen Schritt zurück, solange er es noch konnte. Er legte seine Stirn an ihre.
»Sunny, wenn ich jetzt nicht gehe, dann schaffe ich es nicht mehr.«
»Oh doch, ich glaube schon«, erwiderte sie mit schwacher Stimme. »Du hast eine beeindruckende Selbstkontrolle.«
»Lass es mich anders ausdrücken: Wenn ich nicht jetzt
rausgehe, dann wird es mir sehr schwer fallen, später noch zu gehen. Zufrieden?«
Sie nickte. »Sehr. Also los, raus hier.«
»In einer Minute«, erwiderte er und zog sie wieder an sich. »Vielleicht auch in zwei.«
Nach einer gerade noch akzeptablen Anzahl von Minuten zwang er sich, den Kopf zu heben. »Ich bin morgen zurück«, versprach er.
»Mein Flugzeug geht um eins.«
»Aber das fällt in die mir gewährte Zeitspanne, Sunny. Hol deinen Pass, und ich buche das Flugticket für dich um, bevor ich ins Bett gehe.«
»Aber ...«
»Vierundzwanzig Stunden, Sunshine. Du hast zugestimmt.«
Sie sträubte sich, dann seufzte sie. »Also gut. Aber dazu musst du mich loslassen.«
Er gab sie widerstrebend frei und beobachtete, wie sie in ihrer Tasche nach ihrem Pass kramte. Er wartete, während sie ihm die Nummer aufschrieb, und hörte sie fluchen, als er die Nummer mit ihrem Pass verglich, um sicherzustellen, dass sie ihm nicht absichtlich eine falsche aufgeschrieben hatte. Er holte seine Kleider, die er im anderen Bad zurückgelassen hatte, zog sie mit sich zur Tür, küsste sie noch einmal sehr zart und sah sie an.
»Sei morgen früh hier«, sagte er in ernstem Ton.
Sie legte sich die Arme um den Körper und fröstelte. »Wir werden es noch bereuen.«
»Hast du den heutigen Abend bereut?«
Sie sah ihn nachdenklich an, und ihre grünen Augen verdunkelten sich; es lag mehr Schmerz in ihnen, als er gerne darin gesehen hätte.
»Es war ein wunderbarer Abend.« Sie holte tief Luft und lächelte. »Vielen Dank dafür.«
Jetzt verfiel sie wieder auf dieses gezwungene Lächeln, das sie schon in Schottland aufgesetzte hatte. Das gefiel ihm
gar nicht, aber er konnte derzeit nichts dafür tun, dass es fröhlicher ausfiele.
Noch nicht.
Er machte die Tür auf und ging hinaus auf den Korridor. Dort drehte er sich noch einmal um und sah sie an. »Warte auf mich.«
Sie nickte und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
Cameron holte tief Luft, ging rasch den Korridor entlang und die Treppe hinunter. Dann eilte er aus dem Hotel und über die Straße. Er würde in der Morgendämmerung zurückkommen, noch bevor sie Zeit hatte, ihm zu entwischen. Einen Tag mit Dingen zu verbringen, die ihr Freude machten - was konnte daran falsch sein?
Er schaffte es nur einen halben Block weiter, dann blies die kalte Abendluft ein wenig Vernunft in sein benebeltes Hirn, und ihm wurde klar, was daran falsch war. Er wollte sich der Realität nicht stellen, aber er hatte jetzt keine andere Wahl mehr. Würde er sie bitten, zu bleiben - würde er ihr gestatten zu bleiben dann würde er sie unnötig in Gefahr bringen, und das hatte sie nicht verdient.
Er blieb abrupt stehen. Anscheinend lief er Gefahr, dasselbe zu tun wie damals, als er sie ins Jahr 1375 zurückgezogen hatte. Aber diesmal wusste er, was er damit von ihr verlangen würde.
Er holte tief Luft, dann zwang er sich weiterzugehen. Noch einen Tag. Er würde sich jeden Blick, jeden Seufzer, jede Berührung ihrer Hand mit seiner und das Gefühl ihres Mundes auf seinem genau einprägen.
Und er hoffte inständig, dass sich irgendeine Lösung ergeben würde, denn der bloße Gedanke, sie zu verlieren, war wie ein Dolch in seinem Herz.
Er senkte den Kopf und ging weiter.
23
Sunny stand im Badezimmer und betrachtete versonnen ihr Spiegelbild. Sie war blass. Das kam vermutlich vom Zeitreisen. Aber vielleicht war es auch einfach der Schlafmangel. In der vergangenen Nacht hatte sie ihren Koffer nur so weit ausgepackt, dass sie an ihren Pyjama kam und an eines von Camerons Plaids, das sie mitgenommen hatte. Dann hatte sie sich ins Bett gelegt, doch an Schlaf war nicht zu denken gewesen.
Wenn sie die Augen schloss, war alles nur noch schlimmer geworden, denn jedes Mal war in ihrer Vorstellung ein Bild von Cameron aufgetaucht. Sie hatte seinen gebeugten Kopf bei ihrem
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