Der Schatten des Highlanders
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»Touristenstadtpläne können sehr praktisch sein«, raunte er ihr verschwörerisch zu.
»Hör sofort auf, mich zu küssen«, war alles, was sie hervorbrachte.
»Meinst du das im Ernst?«
Sie wollte ja sagen, wollte ihm sagen, er solle sie in Ruhe lassen, solle aus ihrem Leben verschwinden, ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen. Sie wusste, dass es ihr nichts als ein gebrochenes Herz eintragen würde, wenn sie den Tag mit ihm verbrachte, ihn berührte und ihn küsste. Sie würde nach Seattle zurückkehren, und er würde eine unausstehliche Frau heiraten, die ihn nicht verdient hatte.
Aber anscheinend war sie irgendwie doch masochistisch veranlagt, denn stattdessen nahm sie lediglich sein Gesicht in ihre Hände, beugte sich zu ihm und küsste diesmal ihn. »Du bist so verdammt zuvorkommend«, murmelte sie. Ihre Lippen berührten sich. »Was ist los mit dir?«
Er holte tief Luft und atmete dann langsam aus. »Ich versuche, mich wenigstens halbwegs zusammenzureißen«, sagte er ruhig. »Ich gebe mir Mühe - falls du dir das vorstellen kannst -, meine Finger von dir zu lassen- Und da ich mir dachte, dass es keine so gute Idee wäre, dich in deinem Hotelzimmer gefangen zu halten, führe ich dich lieber aus und versuche, verdammt zuvorkommend zu sein.«
Sunny lief ein kalter Schauder über den Rücken. »Aha, ich verstehe.«
»Das hoffe ich.«
Sie wollte gerade ein Stück von ihm wegrutschen, da hatte er schon die Arme um sie geschlungen und begonnen, sie stürmisch zu küssen. Es dauerte sicher ein oder zwei Haltestellen, bevor er sich wieder von ihr trennen konnte und sie mit aufgewühltem Blick ansah. »Gewähre mir noch einen Tag mir dir, Sunshine.«
»Das wären aber etliche Stunden mehr als abgemacht.«
»Das ist doch egal. Das Einzige, was heute zählt, ist, dass wir einander ganz nahe sind. Was morgen geschieht, soll uns jetzt nicht weiter stören.«
Sie lächelte, auch wenn es ihr schwerfiel. »In Ordnung.«
Er ließ den Stadtplan sinken und küsste sie erneut, bevor sie sich dagegen wehren konnte.
Nicht dass sie es ernsthaft versucht hätte ...
Als er sich diesmal von ihr losriss, war er ziemlich außer Atem.
»Hör auf«, keuchte sie. »Und diesmal meine ich es ernst.«
»Was ist los?«
»Ich falle sonst noch in Ohnmacht.«
Mit einem Lächeln zog er seinen Arm hinter ihrem Rücken hervor. Er setzte sich eine Sonnenbrille auf und umfasste ihre Hand mit den seinen. Sunny blickte ihn an - ein mittelalterlicher Laird in Gore-Tex-Jacke und mit einer Ray Ban auf der Nase -, dann setzte auch sie ihre Sonnenbrille auf und wandte sich den Häusern und Straßen zu, durch die sie fuhren.
Mit Schrecken stellte sie fest, wie wenig davon sie überhaupt bewusst wahrnahm.
Am frühen Abend überquerten sie die Brücke zum Tower of London, nachdem sie den ganzen Tag lang Sehenswürdigkeiten angeschaut hatten, für die Sunny bislang nie Zeit
gefunden hatte. Dass sie besonders viel davon mitbekommen hätte, konnte sie allerdings nicht gerade behaupten. Dafür war sie viel zu sehr mit Cameron beschäftigt gewesen.
Irgendwann jedoch hatte sich der lange Tag bemerkbar gemacht. Sie war zwar fröhlich und gut gelaunt gewesen, aber das hatte sie durchaus einige Mühe gekostet. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie noch durchhalten würde. Nicht einmal die Vorstellung, das Verlies des Towers mit einem Mann zu besichtigen, der in etwa aus der gleichen Zeit stammte wie das Gemäuer selbst, konnte sie so recht aufmuntern.
Es gab weniger Hoffnung für sie beide, als es im Jahr 1375 vielleicht der Fall gewesen wäre. Wenigstens hatte Cameron damals einen Grund gehabt, sein Leben als Laird hinter sich zu lassen und mit ihr in eine gemeinsame Zukunft zu fliehen. Doch diesmal gab es keinen Deus ex Machina, der sie hätte retten können, der die Ehe hätte verhindern können, die er in gerade mal einem Monat eingehen würde - es sei denn, Cameron wäre bereit gewesen, das alles einfach zurückzulassen. Und da er ihr den ganzen Tag über nichts dergleichen zu verstehen gegeben hatte, erschien ihr dies höchst unwahrscheinlich.
Er nahm ihre Hand. »Sunny?«
Sie sah ihre ineinandergeschlungenen Finger, doch auch das war für sie kein Trost. Sie versuchte zu lächeln, versagte aber kläglich. »Cameron, ich kann nicht mehr.«
Er ließ ihre Hand los und legte seinen Arm um ihre Schultern. »In Ordnung. Suchen wir uns irgendeinen Ort, an dem wir ungestört sind, und sprechen wir über die Zukunft.«
Was
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