Der Schatten des Highlanders
gedrückt. Sunny seufzte. Sie hatte schon von ein paar seiner tollkühnen Eskapaden gehört, also hatte er vermutlich keinen Grund, sie zu kritisieren.
Sunny blieb neben Cameron stehen, während Patrick mit Maddy und Hope ins Haus voranging. Bevor Sunny mit Cameron eintreten konnten, tauchte Patrick jedoch vor ihnen auf. Er stellte sich ihnen mit über der Brust verschränkten Armen entgegen.
»Patrick«, begann Sunny seufzend.
Er zog sie überschwänglich an sich, dann schob er sie ins Haus. »Dein Möchtergern-Geliebter und ich haben noch ein, zwei Dinge zu klären, bevor ich entscheide, ob er deiner würdig ist. Zieh dich um, Cameron, und komm mit.«
»Patrick«, sagte sie leise.
Er sah sie einen Augenblick schweigend an, dann seufzte er. »Also gut. Er kann hereinkommen und etwas essen. Knutsch den ganzen Nachmittag mit ihm, wenn du möchtest, aber danach gehört er mir. Ich verspreche dir, ihn nicht so übel zuzurichten wie das letzte Mal.«
Sunny lächelte ihn an, dann streckte sie die Hand aus und zog Cameron in den großen Saal. Er murmelte Patrick etwas zu, als er an ihm vorbeiging, und ihrem Schwager blieb vor Empörung der Mund offen stehen.
»Für diese Schmähung wirst du bitter bezahlen«, drohte er ihm.
»Das hättest du wohl gern«, entgegnete Cameron mit einem Schnauben.
Patrick lachte laut auf, dann drehte er sich um und ging kopfschüttelnd davon. Sunny wäre ihm gefolgt, aber Cameron hielt sie zurück. Sie sah ihn überrascht an, dann lächelte sie, ergab sich in seine Umarmung und schloss die Augen, als er sie fest an sich drückte.
Es war wohl nicht zu vermeiden, dass sie ihn später Patrick überließ. Er und Cameron würden die kleine Wiese hinter der Burg als Kampfplatz nutzen, sich Schmähungen an den Kopf werfen und sich gegenseitig verfluchen, so wie es Patrick mit Ian und Jamie handhabte. Sie würde daneben sitzen und Zusehen und dankbar sein für Patricks Großzügigkeit und sein gutes Herz.
Cameron verdiente es, Brüder zu haben, die ihn liebten, die hinter ihm standen und die ihm einen Teil der Familie ersetzten, die er verloren hatte.
Aber sie wäre auch dankbar, wenn endlich der Tag käme, an dem sie beide eine neue Familie gründeten, nur sie beide.
Es war viel später an diesem Abend, als sie mit Cameron an Patricks Küchentisch saß, bereit, sich Alistairs Schätze anzusehen. Sie hatten vorgehabt, diesen Abend in Moraigs Cottage zu verbringen, waren aber mitten in Patricks Burghof stehen geblieben, hatten einen Blick gewechselt, sich wortlos umgedreht und waren in die Burg zurückgegangen. Sie hatte ihn - fast - für sich, und das in der Zukunft - genau, wie sie es sich gewünscht hatte. Nach diesem schrecklichen Vormittag wollte Sunny einfach kein Risiko eingehen, indem sie ohne Not Moraigs Schwelle überschritt. Cameron schien derselben Ansicht zu sein.
Er zog eine Holzkiste aus seinem Rucksack und stellte sie auf den Tisch; sein Taschenmesser legte er daneben. »Ich nehme an, es ist nichts Giftiges darin«, sagte er.
»Warst du nie neugierig, was darin sein könnte?«, fragte sie.
»Ich war einfach zu sehr von anderen Dingen abgelenkt«, erwiderte er lächelnd. »Rodney starb zwei Wochen, bevor ich dich das erste Mal vor Tavish Fergussons Laden sah, wie du weißt. Ich habe nur einen kurzen Blick darauf geworfen, was er mir hinterlassen hatte, dann habe ich alles in meinen Bürosafe gestellt und nicht mehr daran gedacht, bis Alex meinte, es könnte uns weiterhelfen.«
Sunny betrachtete die Gegenstände, die er auf den Tisch legte. Es waren ziemlich unspektakuläre Reiseandenken: eine abgegriffene Holzfigur, ein kleiner, auf der Unterseite mit schwerem Leinen überzogener Aschenbecher, eine unscheinbare russische Matrjoschka sowie ein Trio von Porzellanelefanten. Sunny sah Cameron fragend an.
»Bist du sicher, dass du die kaputt machen willst?«
»Ich habe heute Morgen in der Kiste einen Brief von Rodney gefunden, worin er mir schrieb, er sei zufrieden, dass ich — und das wirst du sicher gern hören — eine Liebe zu alten Dingen habe und wissen würde, was ich damit zu tun hätte, wenn die Zeit reif sei.« Er lächelte. »Ich weiß genau, dass diese Stücke für sich genommen keinen Wert haben. Also sollten wir meines Erachtens damit beginnen, die Elefanten zu zerschlagen.«
Sunny schnappte sich eines von Madelyns ältesten Geschirrhandtüchern und wickelte einen der Elefanten darin ein. Cameron legte das Bündel auf ein Schneidebrett, nahm den gusseisernen
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