Der Schatten des Highlanders
Inquisitionstribunalen zu ergötzen, oder auch im Frankreich des 17. Jahrhunderts mit seinen anderen Ausschweifungen aller Art. Zumindest war sie nur im vergleichsweise freundlich gestimmten Schottland gelandet. Das Ganze hätte noch viel schlimmer ausgehen können.
Sie hätte am liebsten laut aufgelacht, sich über ihre Lage lustig gemacht oder die Augen vor den Tatsachen verschlossen, aber das war nicht möglich. Ihr blieb nur, neben dem Feuer niederzusinken, das Cameron mit eigenen Händen aufgeschichtet hatte, und sich bewusst zu machen, dass es schlimm um sie stand.
Sie war hungrig, erschöpft und hatte, wenn sie ehrlich war, panische Angst. Die Tränen halfen nicht, auch nicht die verzweifelten Schluchzer, die sie immer wieder schüttelten. Sie presste sich die Hände auf den Mund und gab sich Mühe, leise zu sein.
Sie spürte, Camerons Messer lag tröstlich in ihrer Hand, und sein Plaid wärmte ihre Schultern. Trotzdem hatte sie sich noch nie im Leben so allein gefühlt.
Und sie würde allein bleiben, denn sie konnte nicht nach Hause zurückkehren, und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass jemand kommen und sie finden würde. Wie sollte das möglich sein, wenn niemand eine Ahnung hatten, wo sie hingegangen war?
Angenommen, die Suchenden würden irgendwie doch über Moraigs Türschwelle stolpern - obgleich sie über ein Jahr in dem Cottage gewohnt hatte, ohne dass ihr irgendetwas Ungewöhnliches an dieser Tür aufgefallen war selbst wenn sie es herausbekämen, woher sollten sie wissen, in welcher Zeit sie gelandet war? Sie war die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen der Geschichte, und die Suchenden würden Monate brauchen, um überhaupt nur ahnen zu können, wohin sie geraten sein könnte.
Und selbst wenn sie tatsächlich die richtige Zeit finden würden, dann wüssten sie noch lange nicht ihren Aufenthaltsort, denn nun lebte sie ja im Haus von Robert Francis Cameron Mac Camerons verstorbener Heilerin, zwei Stunden zu Pferd von dort entfernt, wo sie hätte sein sollen.
Unglücklicherweise konnte sie nicht in Moraigs Haus zurückkehren und dort auf sie warten. Die Mitglieder des MacLeod-Clans wären ihr gegenüber ebenso feindlich gesinnt wie Camerons Männer und würden sie wohl, ohne lang zu fackeln, zur Burghure erklären, wenn sie sie nicht auf der Stelle töteten. Auf dem Land des Cameron-Clans konnte sie zumindest noch damit rechnen, dass Cameron sie hin und wieder vor dem Verderben rettete.
Wenn ihm Gilly das gestattete.
Ein leises Klopfen an der Tür - und sie wäre vor Schreck fast ins Feuer gestürzt. Sie rappelte sich auf mühsam hoch und schlich auf wackligen Beinen leise zur Tür, wo sie ihre Hand aufs Holz legte, aber nichts sagte.
»Sunshine?«
Erleichtert schloss sie kurz die Augen, dann öffnete sie. Cameron stand, in ein Plaid gehüllt, draußen und trug in der einen Hand eine Ledertasche und in der anderen einen grobleinenen Beutel.
Er bemerkte ihr vermutlich vollkommen verweintes Gesicht und seufzte tief.
»Es tut mir leid, Sunshine«, sagte er ruhig.
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Mir geht es gut. Es ist nur kurz mit mir durchgegangen.«
Er sah sie stirnrunzelnd an. »Was ist mit Euch durchgegangen?«
Sie musste unwillkürlich lächeln. »Meine weiblichen Gefühle. Aber es geht schon wieder.«
»Vielleicht seid Ihr hungrig«, meinte er. »Ich habe heute noch nicht dafür gesorgt, dass Ihr etwas zu essen bekommt.« Er streckte ihr seine Mitbringsel hin. »Es ist das Beste, was ich finden konnte.«
»Danke«, sagte sie, nahm die Sachen entgegen und hielt sie fest an sich gedrückt. »Wollen Sie hereinkommen und mit mir essen?«
»Das wage ich nicht«, erwiderte er bedächtig. »Die Leute hier im Dorf sind auch so schon misstrauisch, und ich will keine Spekulationen anheizen. Ich komme morgen wieder, um zu sehen, wie es Euch geht.«
Sie setzte ein Lächeln auf, obgleich dieser Versuch vermutlich nicht allzu erfolgreich war. »Sie sind sehr fürsorglich. Vielen Dank.«
Er blies sich die Haare aus den Augen und trat einen Schritt zurück. »Verriegelt Eure Tür, so gut es geht. Und beim Schlafen solltet Ihr immer diesen Dolch, den ich Euch hier gebe, in der Hand behalten.«
»Das werde ich tun.«
Er bedeutete ihr mit einer Geste, die Tür zu schließen.
Sie tat, wie geheißen, dann legte sie den gänzlich unzureichenden Riegel vor und redete sich ein, die Tür sei damit gut gesichert. Sie legte Holz nach und dankte im Geiste demjenigen, der es gehackt und hier
Weitere Kostenlose Bücher