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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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einen Blick zum Fenster. Der Falke war noch immer da, unbeweglich. Nur seine Augen zuckten von Zeit zu Zeit hin und her und erinnerten alle daran, dass er keineswegs die ausgestopfte Trophäe eines sadistischen Jägers war.
    Sid war nun seit über vierzig Stunden wach, die Angst hatte weitere Kraft gekostet. Aber solange der Falke über ihn wachte, würde sich keiner an ihn heranwagen. Von dieser Erklärung beruhigt, genehmigte er seinen Lidern zuzufallen und glitt schnell hinab in den tiefsten Schlaf. So tief, dass die Träume lange nicht zu ihm durchdringen konnten. Stunden später erst sprang ihm Rascal lachend durch den Central Park entgegen, ihre roten Haare wippten fröhlich, das silberne Herz kreiste an der Kette um ihren Hals, die zerrissene Nylonstrumpfhose ließ genügend Haut aufblitzen, um sich die richtigen Gedanken zu machen. Mein geliebter Sid . Und ihr Veilchenduf t …
    Rascal sprang an Sid vorbei, sie verfehlte seine ausgebreiteten Arme, verschwand, bevor sich die Bilder richtig aufgebaut hatten. Der Duft, er stimmte nicht. Sie roch nicht nach Veilchen, ehe r …
    Sid riss die Augen auf, zwang sich aber still zu bleiben. Sofort war ihm klar, dass jetzt der Moment gekommen war. Es war dunkel! Zum ersten Mal war in dieser Zelle das Neonlicht aus. Und dieser scharfe Geruch. Seine Augen brauchten eine Weile, um sich an die ungewohnte Dunkelheit zu gewöhnen. Ein Schatten kniete auf Husnis Pritsche und drückte ihm einen Lappen aufs Gesicht. Es roch nach Narkose. Wie war das möglich? Wie konnte der Falke das zulassen. Mit rasendem Puls sah er zur anderen Wand. Es dauerte lange, bis er begriff, was er dort sah. Der Tisch schwebte, mit den Beinen in den Raum hineinragend, vor dem Fenster! Blankes Entsetzen packte Sid. Sie haben den Falken ausgesperrt!, durchzuckte es Sid.
    Mein geliebter Sid .
    Er kam nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu denken.

42. Kapitel
    Kairo, Tora Prison Complex, Sonntag, 28 . Oktober, 1 0 Uhr
    Birger Jacobsen saß in einem Büro des Tora-Gefängnisses und wartete. Er hasste es, wenn man ihn behandelte wie einen lästigen Versicherungsvertreter, aber er zwang sich, ruhig zu bleiben. Nur ein Missverständnis!, würde er dem Anstaltsdirektor erklären und Sids sofortige Entlassung fordern, notfalls mit ein bisschen Hilfe. Er überprüfte die Tasche seines Jacketts, der Flakon war an Ort und Stelle.
    Endlich wurde hinter seinem Rücken eine Tür geöffnet, mit zackigen Schritten trat ein Mann ein, übergewichtig, wie Birger Jacobsen an dem Nachhall der Stiefel zu erkennen glaubte. Nur mit Mühe konnte er ein zufriedenes Grinsen unterdrücken, als sich ein fetter Zwerg vor ihm aufbaute, die Uniform straff über dem gewaltigen Bauch gespannt. Birger Jacobsen erhob sich und reichte dem Mops die Hand, dann führte er sie zur Brust.
    Ohne sich vorzustellen, quetschte sich der Offizielle hinter den Schreibtisch. Er wirkte nervös. »Bitte, M r Wright, nehmen Sie doch wieder Platz«, nuschelte er in sauberem Englisch. Birger Jacobsen hörte Alarmglocken schrillen, irgendetwas stimmte hier nicht.
    »Sie sind hier wege n …« Der Uniformmensch überflog mit den Augen ein Blatt Papier, als würde er nach einem Namen suchen, dabei war es nur eine lächerliche Geste von Hilflosigkeit. »Sidney Seraphin Martins, richtig? Ein junger Mann, den wir mit freundlicher Unterstützung Ihrer Behörde auf frischer Tat beim Verkauf von Drogen erwischen konnten!« Er hob den Blick und lächelte unsicher.
    Birger Jacobsen fühlte, wie sich ein Zucken in seinem Augenlid anbahnte. »Ganz so war es nicht«, begann er sein Anliegen vorzubringen. Weiter kam er nicht, der Klops nahm das oberste Blatt von seinem Stapel, drehte es um und reichte es über den Tisch. Es war ein Computerausdruck mit nur einem einzigen Satz darauf.
    »Wir haben das hier bei einer Inspektion seiner Zelle gefunden. Das ist selbstverständlich nicht das Original«, beeilte er sich zu erklären. »Wir haben es für Sie übersetzen lassen.«
    »Wäre nicht nötig gewesen«, murmelte Birger Jacobsen ungehalten. »Ich lese Arabisch sehr gut!«
    Heute Nacht schlachten wir das Lamm.
    Sein Augenlid zuckte. »Was soll das bedeuten?«, fragte er ungeduldig.
    Der Dicke nestelte ein Taschentuch aus seiner Tasche und wischte sich damit über die Stirn. »Wir verstehen es als Aufruf der anderen Gefangenen, sich den Jungen vorzuknöpfen.«
    »Warum schreiben die so etwas?«, platzte es aus Birger Jacobsen heraus. »Sie hätten sich doch einfach

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