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Der Schatten des Schwans

Der Schatten des Schwans

Titel: Der Schatten des Schwans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Selbstmord begangen.
    Er habe keine Ahnung, sagte Berndorf. Aber es wäre ihm Recht, wenn im offiziellen Pressebericht der Polizei auf eine Richtigstellung vorerst verzichtet würde. Dann entschloss er sich, Englin wenigstens zwei Brocken hinzuwerfen: »Wir wollen sehr unauffällig vorgehen, weil wir mögliche Querverbindungen zur organisierten Schleuserkriminalität nachprüfen müssen.« Englins Augenlid zuckte kurz. Organisierte Kriminalität klingt immer gut, dachte Berndorf. »Außerdem müssen wir der Frage nachgehen, ob es im Milieu Leute gibt, die mit K.-o.-Tropfen arbeiten.« Berndorf blickte zu Felleisen, der auf der anderen Seite des Konferenztisches saß. Der Leiter der »Sitte« war ein adrett gekleideter Mann mit einem sorgfältig gestutzten Kinnbart und wachen flinken Augen.
    »Ihre Kollegin hat schon mit mir gesprochen«, sagte Felleisen. »Wir werden ein paar meiner Stammkunden aufsuchen. Die werden es wissen.«
    »Einverstanden«, sagte Englin. »Allerdings haben wir im Augenblick andere Prioritäten.« Aus der JVA Mariazell sei gestern während einer Gefangenenmeuterei ein Häftling ausgebrochen, der Mann gelte als hochgefährlicher Gewaltverbrecher. »Mir ist der Name zwar kein Begriff«, sagte Englin, »aber offenbar stammt der Mann aus Ulm und wird vermutlich versuchen, hier Unterschlupf zu finden ... Der Mann heißt ... Moment«, Englin begann in seinen Notizen zu suchen. »Wen haben wir denn derzeit in Mariazell?«, Markert, der Chef der Schutzpolizei, schaute fragend zu Berndorf hinüber. »Es wird doch nicht ...«
    »Thalmann«, sagte Englin, »Wolfgang Thalmann heißt der Mann.«
    »O Gott«, sagte Markert und wurde bleich. Berndorf erinnerte sich. Markert war damals ein schmächtiger junger Mann gewesen, ein Schlaks in Uniform, und sie waren nebeneinander
in dem Wohnzimmer mit der Couchgarnitur gestanden, vor der Frau, deren Kopf über die Rückenlehne nach hinten hing. Und überall war das Blut gewesen.
    »Sie kennen den Fall?«, fragte Englin.
    »Ja«, sagte Berndorf. »Allerdings kennen wir den Fall.«
     
    Das Haus in der Eppsteiner Straße war um die Jahrhundertwende erbaut worden. Vor nicht allzu langer Zeit hatte man es renoviert. Weiße Fenstersimse und Ornamentbögen hoben sich von dem Zartrosa der Fassade ab. Thalmann ging durch den Vorgarten und klingelte. Aus der Gegensprechanlage fragte eine quäkende Stimme nach seinem Wunsch.
    »Heinz Neumann. Ich bin angemeldet.«
    Die Kanzlei lag im Hochparterre. Eine dunkel gekleidete Sekretärin führte Thalmann in ein Wartezimmer. Er sei auf 11 Uhr bestellt, sagte Thalmann.
    »Wir bitten Sie, sich etwas zu gedulden«, sagte die Sekretärin und zog die Tür nachdrücklich hinter sich zu. Thalmann stellte fest, dass er dies künftig nicht mehr ertragen würde. Niemals würde ihn jemand mehr irgendwo einschließen. Er griff in die Jackentasche und fühlte nach dem angenehm glatten Perlmuttgriff. Wie es der Zufall wollte – er hatte sich mit dem Friseur über das Rasieren unterhalten und dass er Elektrorasierer eigentlich verabscheue. Da sei er ganz seiner Meinung, hatte der Friseur gesagt, und dann waren sie auf die Nassrasur gekommen und dass die eigentlich nur mit einem sorgfältig scharf geschliffenen, gepflegten altmodischen Rasiermesser wirklich perfekt gelinge. Ja, hatte Thalmann gesagt, er habe auch so ein Messer gehabt, noch von seinem Vater, aber leider sei es ihm abhanden gekommen. Wer so etwas eigentlich noch im Sortiment habe? Das sei weiter kein Problem, hatte der Friseur gemeint.
    Und jetzt steckte das Messer in seiner Brusttasche. Glatt, kühl und beruhigend fühlte es sich an.

     
    »Die Frau hatte damals schon eine neue Wohnung, aber dann hat sie noch in eine letzte Aussprache eingewilligt«, sagte Markert. Er war nach der Konferenz mit Tamar und Berndorf in dessen Büro gegangen, um die nächsten Schritte abzuklären. »Und dann hat er dem Mädchen ein Schlafmittel gegeben und gewartet, bis seine Frau von der Arbeit kam. Er habe die Kleine schon zu Bett gebracht, hat er ihr gesagt. Und ob er etwas zu trinken bringen soll. Und dann ist er von hinten an sie herangetreten.«
    Berndorf stand am Fenster und sah auf die Blau und das Fischerviertel hinaus. Markert erzählte nicht, wie es in der Wohnung ausgesehen hatte. Oder in der Schreinerei, in der sie später in den Nacht den zweiten Toten gefunden hatten. Das war auch besser so. Wenn sie es wollte, konnte Tamar es in den Akten nachlesen.
    »Und das Mädchen hat

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