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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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jeden abzweigenden Korridor, wurden durch weitere ersetzt, und mehr und mehr Explosionen ertönten im Stein.
    Rand fand keinen Hinweis darauf, was er getan hatte oder wie das zugehen mochte. Er konnte einfach nur dastehen und zittern unter dem Druck der Macht, die ihn erfüllte und dazu zwingen wollte, sie zu benützen. Selbst, wenn sie ihn dabei vernichtete. Er fühlte, wie Trollocs und Myrddraal starben, fühlte die Blitze zuschlagen und töten. Er konnte sie nun überall töten, überall auf der Welt. Das war ihm klar. Mit Callandor brachte er alles fertig. Und ihm war auch klar, daß er bei dem Versuch selbst genauso sicher sterben müßte.
    Die Blitze verblaßten und erstarben mit den letzten der Schattenwesen. Die herumwirbelnde Masse stürzte mit einem lauten Schlag in sich zusammen, als die Luft hineinströmte. Doch Callandor gleißte immer noch wie die Sonne. Die Macht schüttelte ihn.
    Moiraine war da, nur ein Dutzend Schritte entfernt, und sah ihn an. Ihr Kleid machte einen ordentlichen Eindruck. Jede Falte aus blauer Seide war am rechten Fleck, nur ein paar Strähnen ihres Haares waren verwirrt. Sie sah müde aus - und erschrocken. »Wie...? Was Ihr vollbracht habt, hätte ich nicht für möglich gehalten.« Lan erschien. Im Laufschritt kam er den Gang herauf, das Schwert in der Hand, das Gesicht blutverschmiert, die Kleidung zerrissen. Ohne den Blick von Rand zu wenden, streckte Moiraine eine Hand aus und brachte Lan kurz vor sich zum Stehen, ein gutes Stück von Rand entfernt. Als sei er so gefährlich, daß sich nicht einmal Lan ihm nähern dürfe. »Geht es... Euch gut, Rand?« Rand riß seinen Blick von ihr los, und er fiel auf den Körper eines dunkelhaarigen Mädchens, kaum mehr als ein Kind. Sie lag auf dem Rücken, die Augen weit aufgerissen und zur Decke gewandt, während Blut das Mieder ihres Kleides dunkel färbte. Traurig beugte er sich herunter und wischte ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Licht, sie ist doch nur ein Kind. Ich bin zu spät gekommen. Warum habe ich nicht früher angefangen? Ein Kind!
    »Ich werde dafür sorgen, daß sich jemand um sie kümmert, Rand«, sagte Moiraine mit sanfter Stimme. »Ihr könnt ihr jetzt nicht helfen.« Seine Hand, mit der er Callandor hielt, zitterte derart, daß er das Schwert kaum noch halten konnte. »Hiermit kann ich alles vollbringen.« Seine Stimme klang sogar in den eigenen Ohren hart. »Alles!« »Rand!« sagte Moiraine mahnend.
    Er wollte nicht hören. Die Macht erfüllte ihn. Callandor gleißte, und er war die Macht. Er lenkte Ströme in den Körper des Kindes hinein, suchte, probierte, bewegte sie in ihrem Innern herum. Sie stand schwankend und mit ruckartigen Bewegungen auf, die Arme und Beine unnatürlich steif.
    »Rand, das könnt Ihr nicht tun! Nicht das!« Atmen. Sie muß atmen. Die Brust des Mädchens hob und senkte sich. Herz. Muß schlagen. Blut, daß bereits zähflüssig und dunkel war, quoll aus der Wunde an ihrer Brust. Lebe. Lebe, seng Dich! Ich wollte nicht zu spät kommen. Ihre Augen starrten ihn an. Verschleiert. Leblos. Unbeachtet rannen ihm Tränen über die Wangen. »Sie muß leben! Heilt sie, Moiraine. Ich weiß nicht, wie! Heilt sie!« »Den Tod kann man nicht heilen, Rand. Du bist nicht der Schöpfer.« Rand blickte in diese toten Augen und ließ langsam die Ströme der Macht absterben. Der Körper fiel steif zu Boden. Die Leiche. Er warf den Kopf zurück und heulte so wild wie ein Trolloc. Gebündelte Feuerstrahlen schlugen in Wände und Decke, als er sich enttäuscht und voller Schmerz Luft machte.
    Er sackte in sich zusammen und ließ Saidin fahren, schob es weg von sich. Es war, als schiebe er einen Felsblock zur Seite, als schiebe er das Leben selbst von sich. Mit der Macht verließ ihn auch die Stärke. Nur dieses süße Verderben blieb wie ein Schmutzfleck, der ihn durch Dunkelheit und Schatten niederdrückte. Er mußte Callandor auf die Fußbodenkacheln stellen und sich daraufstützen, um auf den Beinen zu bleiben.
    »Die anderen.« Das Sprechen fiel ihm schwer; sein Hals schmerzte. »Elayne, Perrin, alle die anderen? Kam ich für sie auch zu spät?« »Ihr seid nicht zu spät gekommen«, sagte Moiraine ruhig. Aber sie hatte sich ihm immer noch nicht genähert und Lan wirkte, als sei er bereit, sich zwischen sie und Rand zu werfen. »Ihr dürft nicht... « »Sind sie noch am Leben?« schrie Rand.
    »Sie leben«, versicherte sie ihm.
    Er nickte erschöpft und erleichtert zugleich. Er bemühte sich, die Leiche

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