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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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waren weiß, und die Hand zitterte. Es war, als habe der Gedanke an diese Frau das ausgelöst. Der ganze Arm zitterte, und wieder versuchte ihre Hand, das Haar aus ihrer Kopfhaut zu reißen. Was beim Licht ist denn mit mir los?
    Die in Dunst gehüllte Frau stand immer noch vor dem weit entfernten weißen Podest. Das Zittern erfaßte vom Arm ausgehend Nynaeves Schulter. Sie hatte diese Frau noch nie gesehen. Und doch... Sie bemühte sich, ihre Faust zu öffnen, aber die ballte sich nur um so fester. Bestimmt hatte sie die Frau noch nie gesehen. Nun bebte sie von Kopf bis Fuß und umklammerte sich mit ihrem freien Arm, als wolle sie sich selbst festhalten. Sicher... Ihre Zähne fingen zu klappern an. Die Frau schien... Sie hätte am liebsten geweint. Die Frau...
    Bilder stiegen in ihr auf, explodierten. Sie sackte gegen die Säule an ihrer Seite, als habe die Explosion sie physisch getroffen. Ihre Augen quollen hervor. Sie sah es noch einmal vor sich. Die Kammer der Fallenden Blüten und diese kraftvolle, gutaussehende Frau, die vom Glühen Saidars umgeben gewesen war. Sie und Elayne hatten wie die Kinder geplappert, hatten sich beinahe darum gestritten, als erste antworten zu dürfen, und alles ausgeplaudert, was sie wußten. Wieviel hatten sie ihr tatsächlich erzählt? Es war schwer, die Einzelheiten zurückzuholen, aber sie erinnerte sich dunkel daran, ein paar Dinge wenigstens verschwiegen zu haben. Nicht bewußt. Sie hätte der Frau alles gesagt, alles für sie getan, was sie von ihr verlangte. Ihr Gesicht errötete vor Scham und Zorn. Wenn sie in der Lage gewesen war, ein paar kleine Dinge zu verbergen, dann nur, weil sie so - begierig - gewesen war, die letzte Frage zu beantworten, daß sie die von vorher überging.
    Das ergibt doch keinen Sinn, sagte eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Wenn sie eine Schwarze Schwester ist, von der ich nichts weiß, warum hat sie uns dann nicht an Liandrin ausgeliefert? Das hätte sie doch ohne weiteres gekonnt. Wir wären wie Lämmer zur Schlachtbank mitmarschiert.
    Kalter Zorn ließ sie nicht auf diese Stimme hören. Eine Schwarze Schwester hatte sie wie eine Marionette benutzt und ihr dann befohlen, alles zu vergessen. Und sie hatte es tatsächlich vergessen! Nun, jetzt würde die Frau erfahren, wie es war, wenn sie ihr bereit und vorgewarnt gegenüberstand!
    Bevor sie nach der Wahren Quelle greifen konnte, befand sich plötzlich Birgitte neben der nächsten Säule. Sie hatte wieder dieses kurze, weiße Wams an und die gelbe, an den Knöcheln zugebundene Pumphose. Birgitte, oder eine Frau, die sich für Birgitte hielt und die das lange, goldene Haar zu einem kunstvollen Zopf geflochten hatte.
    Sie hatte einen Finger warnend an die Lippen gelegt, zeigte zuerst auf Nynaeve und dann eindringlich auf eine der breiten Türen mit zwei Spitzbögen hinter ihr. Ihre leuchtenden blauen Augen warnten noch einmal, und dann verschwand sie.
    Nynaeve schüttelte den Kopf. Wer die Frau auch sein mochte, sie hatte keine Zeit. So öffnete sie sich Saidar und wandte sich um, als sie bis zum Überfluß mit der Einen Macht und ihrem kochenden Zorn angefüllt war. Die in Dunst gekleidete Frau war weg! Weg! Weil diese goldhaarige Närrin sie abgelenkt hatte! Vielleicht war die wenigstens immer noch in der Nähe und wartete auf sie. In die Macht gehüllt, schritt sie durch die Tür, auf die die Frau gedeutet hatte.
    Die Frau mit dem goldenen Haar wartete tatsächlich in einem mit bunten Teppichen ausgelegten Flur auf sie. Die goldenen Lampen waren nicht angezündet, verströmten jedoch den Duft parfümierten Öls. Nun hielt sie einen silbernen Bogen in der Hand, und an ihrer Hüfte hing ein mit silbernen Pfeilen gefüllter Köcher.
    »Wer seid Ihr?« wollte Nynaeve wütend wissen. Sie würde der Frau eine Gelegenheit geben, sich ihr zu erklären. Und ihr dann eine Lektion erteilen, die sie so schnell nicht mehr vergaß! »Seid Ihr die gleiche Idiotin, die in der Wüste auf mich schoß und behauptete, sie sei Birgitte? Ich war gerade dabei, einem Mitglied der Schwarzen Ajah Manieren beizubringen, als sie durch Eure Schuld entkommen konnte!« »Ich bin Birgitte«, sagte die Frau und stützte sich auf ihren Bogen. »Zumindest ist das der Name, unter dem Ihr mich kennt. Und die Lektion hätte Euch gegolten, hier genauso wie im Dreifachen Land. Ich erinnere mich an die Leben, die ich gelebt habe, als seien sie Bücher, die ich las. Was länger her ist, wirkt ein wenig trüber als das zeitlich

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