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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Bewegung.
    Die Verlorene bekam den Mund gar nicht mehr auf, als das breite, schwarze Metallband sie zwischen die Augen traf. Es war kein besonders harter Schlag und reichte bestimmt nicht aus, sie zu betäuben, aber er kam unerwartet. Moghedien verlor nur einen Augenblick lang nur einen kleinen Teil der Kontrolle über die von ihr gewebten Stränge. Und doch verlagerte sich in diesem kurzen Augenblick das Gewicht des Kampfes zu Nynaeves Gunsten. Das aus Geist gewebte Schild schlüpfte zwischen Moghedien und die Wahre Quelle. Das Glühen um die Frau herum verschwand augenblicklich.
    Moghediens Augen quollen hervor. Nynaeve erwartete, daß sie ihr an die Kehle springen werde. Jedenfalls hätte sie selbst das getan. Statt dessen riß Moghedien ihren Rock hoch bis an die Knie und rannte davon.
    Da sie sich jetzt nicht mehr verteidigen mußte, kostete es Nynaeve wenig Mühe, Stränge aus Luft um die fliehende Frau zu weben. Die Verlorene erstarrte aus vollem Lauf heraus.
    Schnell verknotete Nynaeve ihr Gewebe. Sie hatte es geschafft. Ich habe mich einer der Verlorenen gestellt und sie besiegt, dachte sie ungläubig. Sie sah die Frau an, die von Kopf bis Fuß durch Luft festgehalten wurde, die sich so unnachgiebig wie Stein verhielt. Die Frau stand sogar noch in der Bewegung auf einem Fuß und nach vorn gebeugt da. Es war kaum zu glauben. Als sie näher betrachtete, was sie da erreicht hatte, sah sie, daß ihr Sieg doch nicht so vollständig war, wie sie gehofft hatte. Die scharfe Kante des Schilds war doch etwas stumpf geworden, bevor es durchgedrungen war. Moghedien war gefangen und abgeschirmt, aber es war nicht zu einer Dämpfung gekommen.
    Sie bemühte sich, nicht zu wanken, und trat vor die Frau hin. Moghedien wirkte immer noch majestätisch, aber wie eine verängstigte Königin, die sich die Lippen leckte und deren Blick unstet umherirrte. »Wenn... wenn Ihr mich freilaßt, dann k-können wir uns irgendwie einigen. Ich... ich kann Euch... viel beibringen... « Nynaeve unterbrach sie grob und webte einen Knebel aus Luft, der den Mund der Frau offenstehen ließ. »Ein lebender Tritt. Das habt Ihr doch gesagt, oder? Ich glaube, das war eine gute Idee. Ich reite so gern.« Sie lächelte die Frau an, der die Augen beinahe aus dem Kopf quollen.
    Ihr in den Sattel helfen, ha! Wenn Moghedien endlich in der Burg vor Gericht stand und anschließend einer Dämpfung unterzogen wurde - es konnte ja wohl keine andere Strafe für eine der Verlorenen geben -, würde man ihr sicher eine nützliche Arbeit zuteilen, in der Küche, im Garten oder im Stall. Außerdem würde man sie natürlich vorzeigen, um zu beweisen, daß auch die Verlorenen zur Rechenschaft gezogen wurden, aber ansonsten würde man sie nicht anders behandeln als jede Dienerin, wenn vielleicht auch strenger überwachen. Aber sollte sie doch denken, daß Nynaeve genauso grausam sei wie sie. Sollte sie das glauben, bis sie schließlich vor...
    Nynaeve verzog den Mund. Moghedien würde nicht vor Gericht kommen. Jedenfalls jetzt nicht. Erst einmal mußte sie einen Weg finden, um mit ihr aus dem Panarchenpalast zu entkommen. Die Frau schien ihre Grimasse für etwas zu halten, was Schlimmes für sie zu bedeuten habe. Tränen rannen ihr aus den Augen und ihr Mund formte Worte, die sie des Knebels wegen nicht hervorbrachte.
    Nynaeve ging angewidert und mit unsicheren Schritten dorthin zurück, wo das schwarze Halsband lag und steckte es geschwind in ihre Gürteltasche, bevor die Welle negativer Gefühle ihr mehr antun konnte, als sie kurz zu berühren. Die Armbänder folgten unter den gleichen Schwierigkeiten. Ich war dabei, sie zu foltern, indem ich sie das glauben ließ! Sie verdient es ganz gewiß, aber das bin nicht wirklich ich. Oder doch? Bin ich auch nicht besser als Egeanin?
    Sie drehte sich auf dem Fuß um, zornig darüber, daß sie sich so etwas auch nur fragte, und stolzierte an Moghedien vorbei zu der anderen Vitrine. Es mußte eine Möglichkeit geben, an dieser Frau Gerechtigkeit zu üben.
    In der Vitrine standen sieben kleine Statuen. Sieben, aber ein Siegel lag nicht drin.
    Einen Moment lang blickte sie die Vitrine nur entgeistert an. Eine der Figuren, ein eigenartiges Tier mit den ungefähren Umrissen eines Schweins, doch mit einer großen, runden Schnauze und Füßen, die genauso breit waren wie die dicken Beine, stand an der Stelle, wo sich das Siegel befunden hatte, nämlich in der Mitte des Tisches. Plötzlich zog sie die Augen zusammen. Es befand sich gar

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