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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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planmäßig entwickelt. Selbst Isam hatte ihm in die Hände gespielt. Warum hat der Narr aufgehört, weitere Trollocs herzubringen? Er hätte genug herbringen sollen, daß die ganzen Zwei Flüsse schwarz von ihnen gewesen wären! Speichel tropfte ihm von den Lippen, doch er bemerkte es gar nicht. Genausowenig wurde ihm bewußt, daß seine Hand an seinem Gürtel herumnestelte. Verwüstet ihr Land, bis ihnen das Herz bricht. Pflügt sie schreiend in den Boden! Alles geplant, um Rand al'Thor zu ihm herzulocken. Und nun war es zu diesem Ergebnis gekommen! Die Zwei Flüsse waren nicht einmal angekratzt. Ein paar niedergebrannte Bauernhöfe zählten nicht, genausowenig wie die paar Bauern, die man für die Kochtöpfe der Trollocs geschlachtet hatte. Ich will, daß die Zwei Flüsse brennen, so brennen, daß sich die Menschen noch in tausend Jahren daran erinnern!
    Er betrachtete die Flagge, die über dem Dorf wehte, und die andere, die gar nicht so weit von ihm entfernt flatterte. Ein roter Wolfskopf auf weißem Feld mit rotem Rand und ein roter Adler. Rot für das Blut, das in den Zwei Flüssen vergossen werden mußte, damit Rand al'Thor heulte. Manetheren. Das soll wohl die Flagge von Manetheren sein. Jemand hatte ihnen von Manetheren erzählt, oder? Was wußten diese Narren vom Ruhm Manetherens? Manetheren. Ja. Es gab mehr als eine Möglichkeit, sie fertigzumachen. Er lachte so heftig, daß er beinahe von der Eiche fiel, bevor ihm bewußt wurde, daß er sich nicht mehr mit beiden Händen festhielt, daß eine davon den Gürtel an der Stelle gepackt hielt, wo ein Dolch hängen sollte. Das Lachen verzerrte sich zu einem bösartigen Knurren, als er diese Hand anblickte. Was man ihm gestohlen hatte, befand sich in der Weißen Burg. Was ihm gehörte durch ein Recht, das genauso alt war wie die Trolloc-Kriege.
    Er ließ sich vom Ast herunterfallen und kletterte auf sein Pferd, bevor er sich nach seinen Begleitern umsah. Seinen Jagdhunden. Die dreißig oder mehr übriggebliebenen Weißmäntel trugen natürlich ihre weißen Umhänge längst nicht mehr. Auf ihren blinden Rüstungen zeigten sich Rostflecken, und Bornhald hätte diese mürrischen, mißtrauischen, ungewaschenen und unrasierten Gesichter nicht mehr erkannt. Die Menschen beobachteten Ordeith mißtrauisch und furchtsam, und sahen den Myrddraal in ihrer Mitte überhaupt nicht an. Sein leichenblasses augenloses Gesicht wirkte genauso trüb und hölzern wie die ihren. Der Halbmensch befürchtete, daß Isam ihn finden werde. Isam war alles andere als glücklich gewesen, als nach dem Überfall auf Taren-Fähre so viele entkamen, die über die Ereignisse an den Zwei Flüssen berichten konnten. Ordeith kicherte bei dem Gedanken daran, daß Isam beunruhigt war. Um den Mann würde er sich ein andermal kümmern müssen, falls er bis dahin überlebte.
    »Wir reiten nach Tar Valon«, fuhr er sie an. Es würde ein schwerer Ritt, wenn sie noch vor Bornhald an der Fähre sein wollten. Manetherens Flagge wurde nach so vielen Jahrhunderten wieder in den Zwei Flüssen gehißt. Wie dieser rote Adler ihn vor so langer Zeit schon verfolgt hatte! »Aber zuerst kommt Caemlyn dran!« Geißelt sie und häutet sie! Erst würden die Zwei Flüsse bezahlen und dann Rand al'Thor, und dann...
    Lachend galoppierte er nach Norden durch den Wald und blickte nicht einmal zurück, um zu sehen, ob ihm die anderen folgten. Sie würden ihm folgen. Sie hatten jetzt kein anderes Ziel mehr.

KAPITEL
57

    Die Stunde der Wahrheit
    D ie glutflüssige Nachmittagssonne kochte die Wüste und warf Schatten zwischen die Berge im Norden, die jetzt gerade vor ihnen lagen. Die ausgetrockneten Hügel zogen unter Jeade'ens Hufen vorbei; hinauf und hinunter wie über einen Ozean aus gebackenem Lehm, der sich meilenweit hinter ihnen erstreckte. Die Berge hatten Rand in ihren Bann geschlagen, seit sie am Vortag in Sicht gekommen waren. Sie waren nicht von Schnee gekrönt und nicht so hoch wie die Verschleierten Berge, ganz zu schweigen vom Rückgrat der Welt, sondern wirkten wie zerklüftete braune und graue Steinplatten, die an manchen Stellen gelbe oder rote Streifen aufwiesen oder breite Glitzerbänder, die so wild durcheinanderlagen, daß selbst eine Besteigung der Drachenmauer dagegen reizvoll schien. Seufzend setzte er sich im Sattel zurecht und rückte die Schufa gerade, die er zu seinem roten Wams trug. In dieser Bergkette lag Alcair Dal. Bald würde einiges beendet oder anderes dafür begonnen. Vielleicht auch beides

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