Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
Vom Netzwerk:
Ich
--- Mr. Bellmann, Sie kennen meine Lage... Ich ---« »So
gut wie Sie. Wahrscheinlich sogar besser, denn Sie sind
inkompetent, wenn es um Geld geht, was bei mir nicht
der Fall ist. Sie haben einen Monat Zeit, um
dreihundertneunzigtausend Pfund aufzutreiben. Das wird
Ihnen nicht gelingen. Ich wüsste nicht, was Sie noch tun
könnten. Ihr Kredit ist erschöpft. « »Ich --- Mary --- bitte,
Mr. Bellmann. Wenn Sie es einrichten könnten... «
Er brach ab, da er einfach nicht mehr weiterwusste.
Bellmann saß ruhig da und beobachtete ihn genau mit
seinen weit geöffneten elektrischen Augen. Dann setzte
er zum entscheidenden Schlag an: »Sie verstehen doch,
was ich damit sagen will. Ihre Tochter Lady Mary passt
genau zu mir. Sobald wir verheiratet sind, zahle ich Ihnen
vierhunderttausend Pfund. Dreihundertneunzigtausend
reichen zur Tilgung Ihrer Schulden; mit den übrigen
zehntausend können Sie die Kosten für die
Hochzeitsfeierlichkeiten bestreiten. Das dürfte so weit
klar sein. « Lord Wytham hatte es die Sprache
verschlagen. Noch nie war er so verblüfft gewesen,
ausgenommen das eine Mal auf der Jagd, als er einen
Stoß erhalten und ohnmächtig hingefallen war. Auch
jetzt war es das gleiche Gefühl - mit etwas
zusammenzustoßen, das sehr viel größer und mächtiger
als er selbst war. Er fühlte sich fast physisch getroffen.
»Ich --- ein sehr verführerisches Angebot. Aber ich
muss das mit meinem Anwalt besprechen. Ich --- « »Mit
Ihrem Anwalt? Wozu denn?«
»Nun, es ist doch eine Familienangelegenheit --- mein
Anwalt wird den Vorschlag prüfen. Dafür werden Sie
doch Verständnis haben. « Sein Verstand begann wieder
zu arbeiten. Es war wirklich wie nach einem Sturz: Nach
der Ohnmacht kamen die ersten tastenden Versuche, sich
zu orientieren. Und er merkte, wenn Bellmann bereit war,
vierhunderttausend Pfund zu bezahlen, würde er
möglicherweise noch mehr lockermachen.
»Ah, ich verstehe«, versetzte Bellmann. »Sie möchten
noch etwas mehr herausschinden und glauben, Ihrem
Anwalt würde das eher gelingen als Ihnen. Da haben Sie
wohl Recht. An wie viel mehr dachten Sie denn?«
Wieder ein Volltreffer und neuerlicher Sturz. Bellmann
war einfach zu stark, zu schnell. Es war unfair, fand Lord
Wytham. Aber was konnte er ihm schon entgegensetzen?
Einen Rückzieher machen, dann stünde er als
Schwächling da; verlangte er zu wenig, würde er ein
Vermögen verlieren, verlangte er zu viel, wäre alles
verloren. Sein Verstand arbeitete fieberhaft; vor ihm
rasten Zahlenreihen vorbei, die mit vielen Nullen
endeten.
»Ich muss mich... schützen«, sagte er vorsichtig. »Der
Grundbesitz, das Haus am Cavendish Square. Das
verursacht alles Kosten... Ohne Kapital kann ich... «
Bellmann sagte nichts, er gab keinen Wink. Lord
Wytham holte tief Luft.
»Zweihundertfünfzigtausend Pfund«, brachte er hervor.
Das war genau halb so viel, wie er eigentlich hatte
verlangen wollen. »Sehr schön«, sagte Bellmann. »Das
scheint mir annehmbar. Wir sind uns also einig, dass sich
der Wert Ihrer Tochter auf sechshundertfünfzigtausend
Pfund beläuft. Ich stelle Ihnen einen Scheck über
fünfzigtausend Pfund aus, sobald die Verlobung bekannt
gegeben wird. Damit können die dringlichsten
Forderungen beglichen werden, außerdem ist es ein
Zeichen, dass ich es ernst meine. Der Rest der ersten
Summe, über die wir uns einig waren, also
dreihundertfünfzigtausend, wird am Morgen des
Hochzeitstages fällig. Der zusätzliche Betrag, die
zweihundertfünfzigtausend, wird erst am Morgen danach
fällig, vorausgesetzt, dass mich Lady Marys Stand
zufrieden stellt. Habe ich mich deutlich genug
ausgedrückt?« Das war der härteste Schlag. Bellmann
hatte ihm soeben klargemacht, dass es kein Extrageld
geben würde, wenn Lady Mary keine Jungfrau mehr sein
sollte. Lord Wytham wurde übel, er hörte sich
wimmern... So sollten Menschen nicht miteinander
umgehen... Geschlagen und getreten, konnte er kaum
denken, so verwirrt war er.
»Sie wollen gewiss mit meiner Tochter sprechen«,
flüsterte er fast. »Selbstverständlich. « »Wenn... Wenn
sie nun... « »Wenn sie ablehnen sollte?«, fragte
Bellmann. Lord Wytham nickte. Er brachte kein Wort
mehr hervor. »Wenn sie meinen Heiratsantrag ablehnen
sollte, dann werde ich selbstverständlich ihren Wunsch
respektieren. Die Entscheidung muss ganz bei ihr liegen.
Sind Sie nicht auch dieser Meinung?« »Oh, unbedingt. «
Lord Wythams Stimme war kaum zu hören. Er verstand,
was gemeint war.
»Dann werde ich Sie,

Weitere Kostenlose Bücher