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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Falten und wurde mit einem Mal hässlich und alt.
    »Das möchte ich nicht mit einem Grünschnabel wie dir diskutieren.«
    »Aber liebe Mama! Kannst du nicht ein wenig davon erzählen, wie es war, als ihr euch kennengelernt habt? Hab ich etwa kein Recht darauf, es zu erfahren?« Er ging jetzt ein gewisses Risiko ein, entweder würde sie stinksauer werden, oder sie würde sich tatsächlich darauf einlassen und von all dem Schönen erzählen, was zweifelsohne existiert haben musste, zumindest in der ersten Zeit. Als die Zwillinge und er selbst gezeugt wurden.
    »Deck den Tisch ab!«, befahl sie und drückte ihre Zigarette aus. »Dann kannst du jedem von uns ein paar Löffel Eis in ein Schälchen füllen, nimm die hübschen mit den Medaillons. Und gieß einen Schluck Baileys drüber, du brauchst nicht zu geizen. Es ist immerhin mein verdammter Geburtstag!«
     
    Er musste ihr Musik auflegen, eine CD mit Lena Philipsson Ont, det gör ont, det gör ont – ein melancholischer und wirklich passender Song. Sie hatte ihre Strümpfe ausgezogen, saß da und bewegte ihre Zehen. Ihre deformierten Füße taten ihr ständig weh.
    Micke wartete. Er hatte gespült, den Herd abgewischt und alles weggeräumt. Jetzt tranken sie Kaffee und noch mehr Baileys, inzwischen aus Gläsern.
    »Bist du so lieb?«, fragte sie und streckte ihm flehend ihr eines Bein hin.
    »Okay.« Er rückte ein wenig näher zu ihr heran und legte ihren Fuß in seinen Schoß. Begann die verformten Zehen zu massieren und zu kneten. Ein leichter Geruch nach Fußschweiß drang in seine Nase. Nettan schloss die Augen und entspannte sich.
    »Ich verstehe nicht, warum Frauen immer in solchen Folterinstrumenten herumlaufen müssen«, begann er zu sticheln.
    »Natürlich, um den Kerlen zu gefallen.«
    »Hm.«
    »Aber im Ernst, stell dir mal ein junges Mädchen in Frövis bequemen Gesundheitslatschen vor. Oder in Schwesternschuhen! Wie sexy sind die denn auf einer Skala von eins bis zehn!«
    Sie lachten beide.
    »Also okay«, sagte sie dann. »Dein Vater. Er hatte auch seine guten Seiten, klar hatte er die. Er sah gut aus. Er war jemand, den man vorzeigen konnte, gleichzeitig konnte man dabei sicher sein, dass dieser Zwölfender zu einem selbst und keiner arideren gehört. Darauf konnte man sich verlassen. Zum Beispiel, wenn andere ihn anschauten, andere Mädchen. Man ging einfach auf ihn zu, und er legte den Arm um einen und demonstrierte es sozusagen. Wir begegneten uns das erste Mal in einer Kneipe, die es leider nicht mehr gibt, sie lag in der Fleminggata, ganz in der Nähe des Sankt-Eriks-Krankenhauses. Ich bin dort manchmal mit Vilma hingegangen, falls du dich an sie erinnerst. Die Frau, die später nach Malmö gezogen ist. Schwarzhaarig, ziemlich stark geschminkt.«
    »Ja«, antwortete er unsicher.
    »Ist ja auch egal. Er ging jedenfalls auch öfter dorthin. Mit einigen Freunden zusammen, sie hatten ihren Stammtisch am Fenster. Na ja, und dann begannen wir, uns zu unterhalten, und so kam es dann.«
    »Ja?«
    »Er konnte so romantisch sein. Er brachte immer Rosen mit, wenn wir uns trafen. Dunkelrote, teure. Die langstieligen. Ich fand es etwas unnötig, denn man konnte sie ja nirgends in die Vase stellen, wir waren ja immer unterwegs. Aber dennoch, natürlich fühlte man sich umworben.«
    Er legte ihren Fuß zur Seite und ließ sie den anderen hochlegen. Auf dem kleinen Zeh prangte ein Hühnerauge, das entzündet aussah.
    »Er war damals ja mit dieser Ann-Marie verheiratet, aber das hinderte ihn nicht daran, mit anderen auszugehen. Er war von Natur aus notorisch untreu.«
    »Notorisch?«
    »Ja, es schien unabänderlich. Und dann hatte er ja auch Kinder mit ihr, deine Halbschwestern Ann und Marie. Sie waren sieben und fünf, als er sich scheiden ließ, also, seine Frau zu verlassen ist eine Sache, aber sie dann mit der Verantwortung für die Kinder allein zu lassen …«
    Sie brach den Satz ab und schrie auf. Er hatte ihr Hühnerauge berührt.
    »Solltest du nicht besser zu einem Fußpfleger, oder wie man das nennt, gehen?«, schlug er vor und versuchte zu scherzen. »Zur Pediküre?«
    »Weißt du, was das kostet?«
    Au, au, au, schon wieder auf dünnem Eis. Er strich ihr vorsichtig über den Knöchel.
    »Und nach dir war er doch mit Barbro zusammen, oder? Jennys Mutter.«
    »Ja, soweit ich weiß. Aber es gab sicher noch andere Damen, denen er unter den Rock gekrochen ist. Bist du nun zufrieden? Hast du alles erfahren, was du wissen wolltest?«
    Nein, dachte er,

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