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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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ihre Tochter sich am liebsten drinnen aufhielt und auf ihrem Bett liegen und Musik aus ihrem CD-Player hören wollte. Doch nur äußerst selten wagte sie es, sich gegen die Vorschläge ihres Vaters aufzulehnen. Denn manchmal passierte es sogar, dass er sie schlug, nicht oft und nicht besonders hart, aber es passierte. Es war seine Enttäuschung, die darin zum Ausdruck kam. Eigentlich hatte er viele Kinder haben wollen, das hatte er ihr anvertraut, ganz am Anfang. Als sie frisch verheiratet waren.
    »Kleine Mädchen, die dir ähneln. Und kleine Jungs, die mir ähneln. Einen richtigen Clan werden wir bilden, du und ich.«
    Bullshit.
    Sie kam zum Sveaväg und überquerte die Straße, lief zwischen den Autos hindurch, obwohl die Ampel auf Rot stand. Huschte in den Konsum, steckte die Sonnenbrille in die Tasche. Jetzt musste sie deutlich sehen können.
    Winzige Partikel von dem Licht und der Kraft, die Justine ihr übermittelt hatte, befanden sich noch in ihr, sie hatten sich zwar zurückgezogen und waren geschrumpft, aber jetzt wuchsen sie wieder, ließen sie selbst wachsen.
    Geradewegs auf das Regal mit dem Brot zu, es war ein gut sortierter Laden, doch leider schaffte sie es nicht so oft bis zum Sveaväg, denn sie musste sich ja immer beeilen, nach Hause zu kommen, immer schnell machen, ihr ganzes Leben war ein Leben in Stress und Angst.
    Auch jetzt hatte sie es eilig. Mit ungeschickten Händen fuhr sie übers Regal, während sie zwischen den Beuteln mit frischem und abgepacktem Brot suchte. Bondgårdens Frukostlimpa, verschiedene Sorten. Tommy liebte Frühstücksbrot. Es würde seiner Laune Auftrieb geben. Der Vorteil an dem Land Schweden war, dass man hier die Inhaltsstoffe so gewissenhaft deklarierte. Auf so gut wie allen Verpackungen waren die Ingredienzien sowie der Nährwert pro 100 Gramm in extra gekennzeichneten Kästchen und gut lesbar aufgeführt. Protein, Kohlenhydrate, Fett, Ballaststoffe, Natrium. Verpackungsart: wiederverwertbare Plastikverpackung.
    Sie entschied sich für zwei Packungen Frukostlimpa unterschiedlichen Inhalts. Das war das Einzige, was sie kaufte. Dann bezahlte sie und verließ das Geschäft.
     
    An diesem Tag hatte sie das Glück auf ihrer Seite. Das Auto war noch nicht zu sehen. Sie folgte dem Fußgängerweg bis zum Observatorium hinauf und wurde angesichts der starken Steigung ein wenig kurzatmig. Unterwegs sah sie einige Enten im Gras ruhen. Sie sahen irgendwie leidend aus. Ihr kam in den Sinn, dass ihnen möglicherweise kalt am Bauch war, falls Vögel ähnlich empfanden wie Menschen.
    Ganz hinten am Spielplatz standen Bänke, auf denen man sitzen und die Aussicht über die Stadt genießen konnte. Heute war jedoch kein Mensch hier, keiner außer ihr. Hastig zog sie ihre Jacke aus und hielt sie schützend über die beiden Brote. Im Schutz des Stoffes tauschte sie dann die Verpackung der Brote.
    Den einen Beutel verschloss sie sorgfältig und steckte ihn in ihre Tasche. Den anderen nahm sie in die Hand und machte sich dann wieder auf den Rückweg. Als sie den Berg halbwegs hinunter war, kam sie an den Enten vorbei und hielt an. Sie schnatterten träge, doch ein paar von ihnen richteten sich auf und schüttelten sich, beobachteten sie.
    »Seid ihr hungrig?«, fragte sie mit lockender Stimme. »Kommt her, ich habe leckeres Frühstücksbrot für euch!«
    Da erhob sich die ganze Schar und kam wackelnd auf sie zu. Sie brach das Brot in kleine Stücke, die sie ins Gras warf. Die Enten hatten überhaupt keine Angst. Eine von ihnen, ein braun gesprenkeltes Weibchen, kam zu ihr und fraß ihr das Brot direkt aus der Hand. Sie sprach mit leiser, ruhiger Stimme.
    »Wie hübsch ihr seid. Was für schöne Vögel. Euch ist sicher kalt, und ihr seid gewiss hungrig, jetzt bekommt ihr was zu fressen.«
    Schließlich war das Brot alle. Sie sah auf die Uhr, fünf Minuten vor drei. Sie machte sich auf den Weg. Warf den leeren Beutel in einen Papierkorb und erreichte die Kungstensgata genau in dem Moment, als das Auto kam.

CHEAP TRIPS. DAS WAR WIRKLICH EIN genialer Name. Micke ließ ihn auf seinem Computer in unterschiedlichen Schrifttypen erscheinen, versah ihn mit Bildern, erstellte sogar Muster für Visitenkarten mit seinem eigenen Namen. Was für einen Titel sollte er sich nur geben? Geschäftsführer Michael Gendser? Travel Agency Boss? Ja, darüber ließe sich nachdenken.
    So weit war alles gut und schön und ziemlich aufregend. Aber dann? Rein praktisch gesehen. Wie ging man eigentlich vor, wenn man

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