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Der Schatten von nebenan - Roman

Der Schatten von nebenan - Roman

Titel: Der Schatten von nebenan - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Saur
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fühlten sich mit einem Mal anders an. Es war, als ob ich zusammen mit meinen Mitreisenden eine andere Welt betreten hätte, als der Zug langsam seine polternde Fahrt über die Brücke nach Brooklyn fortsetzte.

B UCH 2

-1-
    G leich nachdem ich zu Hause ankam, klingelte das Telefon.
    »Galvin, ich bin’s, Claire«, sagte sie, und ihre sonst so schöne Stimme klang aufgeregter als noch am Morgen.
    »Galvin. Etwas Schlimmes geht hier vor. Ein Detective kam vorbei. Sein Name ist, warte, warte, hier ist seine Karte, sein Name ist Lewis Palmer. Du hättest etwas mit dem Verschwinden eines Mädchens zu tun. Was soll das, Galvin? Was um Himmels willen geschieht hier? Was hast du mit der Polizei zu tun?«
    Ich musste mich mit meiner freien Hand an der Küchenzeile festhalten. Palmer musste mich diesen Morgen beschattet haben, erst nach Hause und dann zurück in die Stadt.
    »Er untersucht das Verschwinden von zwei Mädchen, und du stehst unter Verdacht, etwas damit zu tun zu haben. Warum sagt er sowas? Er fragte mich alles Mögliche, Galvin.«
    Einen Moment lang kam es mir in den Sinn, zu lügen. Dann verwarf ich den Gedanken.
    »Dieses Mädchen, Greta Amos, das ist ihr Name. Das dunkelhaarige Mädchen mit der Mutter aus China«, sagte Claire.
    »Es stimmt. Ich sprach heute morgen mit dem Detective«, sagte ich und versuchte dabei, so ruhig wie möglich zu klingen. »Er fragte mich, ob ich etwas Ungewöhnliches in der Nachbarschaft bemerkt hätte, eine Routineangelegenheit.«
    »Der Detective hat auch gesagt, dass du und Greta in Kontakt wart. Er fragte mich nach unserer Beziehung zur Familie Amos. Ob ich jemals mit diesem Mädchen gesprochen hätte. Er sagte, du und das verschwundene Mädchen, ihr hättet euch unterhalten, und er wollte wissen, ob ich jemals etwas Ungewöhnliches an dem Mädchen bemerkt hätte. Ihr Vater ist derjenige, der den Detective auf dich aufmerksam gemacht hat. Verstehst du nicht, Galvin? Es ist ernst. Rede mit dem Mann. Wenn er denkt, du hättest etwas mit dem Verschwinden seiner Tochter zu tun, musst du mit ihm reden. Klär die Dinge sofort. Rede mit ihm, oder mit seiner Frau, ich fleh dich an. Du musst mit den Eltern dieses Mädchens sprechen, nur so kannst du die Dinge wieder gerade rücken.«
    Sie sprach immer schneller, und obwohl ich froh war über ihr scheinbares Vertrauen, redete sie sich unbewusst in eine Welt, die ich vor ihr versteckt gehalten hatte.
    »Wenn das Mädchen nicht bald zurück ist, wird es nur noch schlimmer. Der Detective wird hinter dir her sein, weil er auf den Vater des Mädchens hören wird. Galvin, der Mann, dieser Detective, meinte es todernst heute Nachmittag. Das ist kein Spaß. Das ist …«
    Sie beendete den Satz nicht, und ihre letzten Worte klangen plötzlich ferner, als hielte sie den Hörer von sich weg.
    So wenig mir diese Idee auch behagte, Claire hatte Recht. Es war tatsächlich nur sinnvoll, zu den Amos’ hinüberzugehen und mit ihnen zu sprechen, auch wenn das bedeutete, das unsichtbare Band zwischen David Amos und mir aufs Spiel zu setzen.
    Nachdem wir aufgelegt hatten, nahm ich meine Schlüssel und ging hinaus. Die Luft roch immer noch schwach nach dem Regen, obwohl die Straßen wieder trocken waren. Die Mittwochszeitung war aus dem Gitter gefallen und lag auf dem Beton. Von irgendwoher konnte ich das Lachen von Kindern hören. Ich stieg die Stufen zur Eingangstür der Amos’ hinauf. Einer der Grünkohltöpfe war heruntergefallen und hatte die Erde über einige Stufen verteilt. Ich kniete nieder, um den Topf wieder aufzustellen. Als ich den Eingang erreichte, wischte ich den Schmutz von meinen Händen an meiner Hose ab, zog die erste Tür auf und drückte auf die Klingel im Vestibül. Ein paar Sekunden später ging das Licht im Flur an, und die Tür öffnete sich. Mein Herz sprang gegen meine Rippen. Kate Amos stand vor mir. Ihr Gesicht verzerrte sich blitzartig, wie die Fratze in einem Jahrmarktspiegel, als ihr bewusst wurde, wer ich war. Trotzdem stellte ich mich vor.
    »Mrs. Amos«, sagte ich. »Ich wollte mit Ihnen darüber sprechen, was passiert ist. Und wie Leid es mir tut, dass Greta verschwunden ist, und wie sehr ich hoffe, dass sich alles bald aufklärt.«
    Erst antwortete sie gar nichts. Doch ihr Ausdruck veränderte sich. Schmerz und Hoffnung traten in ihr Gesicht. Sie sah mich an, so wie man einen Wächter nach Wochen der Isolation willkommen heißt, mit Angst in den Augen davor, was kommen mag, und gleichzeitig voll verzweifelter

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