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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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war, als Sarah angenommen hatte. Endlose Augenblicke stürzte die Flamme in die Tiefe – um schließlich abrupt zu verlöschen.
    »Was war das?«, fragte Sir Jeffrey verblüfft.
    »Die Dunkelheit hat die Flamme gefressen«, gab Kamal düster zur Antwort. Aber Sarah ließ sich nicht beirren. Sie befahl eine Laterne zu entzünden und den Henkel an ein Seil binden. Dann manövrierte sie die Laterne langsam in den Schacht hinab.
    Man konnte jetzt sehen, dass nur die obere Hälfte des Schachts gemauert war. Weiter unten war er durch nackten Fels getrieben worden. Der Länge des Seils nach zu urteilen, an dem die Laterne in die Tiefe glitt, maß der Schacht an die dreißig Yards. Die größte Überraschung jedoch wartete auf seinem Grund.
    »Was ist denn das?«, fragte Milton Fox verblüfft, als sich die Laterne plötzlich zu verdoppeln schien. Sarah hielt das Seil fest, sodass die Laterne baumelnd hängen blieb – und indem auch die andere Laterne hin und her zu schaukeln begann, wurde klar, dass es sich um ein Spiegelbild handeln musste. Zudem gab es rings um sie herum ein leichtes, mattes Glitzern wie von…
    »Wasser«, sprach Stuart Hayden das Unglaubliche aus. »Dort unten ist Wasser. Mitten in der Wüste…«
    »Möglicherweise eine Zisterne«, vermutete Sarah. »Vielleicht auch ein unterirdischer See, der vom Nil gespeist wird. Jemand muss hinunter und sich das ansehen.«
    »Ich werde das übernehmen«, erklärte Hayden ohne Zögern.
    »Vielen Dank für das Angebot, Captain«, erwiderte Sarah, während sie ihren Revolver aus dem Holster zog und ihn Hayden zur Aufbewahrung reichte. »Aber ich werde das selbst übernehmen, wenn Sie gestatten.«
    »Ich gestatte es nicht«, protestierte Hayden energisch. »Ich werde nicht zulassen, dass Sie Ihr Leben…«
    »Muss ich Sie daran erinnern, Captain, dass nicht Sie die Leitung dieser Expedition innehaben, sondern ich?«
    Hayden holte tief Luft. »Nein«, antwortete er zähneknirschend, »das brauchen Sie nicht.«
    »Gut. Ich muss hinunter, Captain. Ich muss sehen, was sich dort unten verbirgt. Wahrscheinlich kann nur ich es richtig deuten.« Sarah nickte entschlossen, zog die Laterne aus dem Schacht und knotete sie los. Das Ende des Seils knüpfte sie mit geübtem Griff zu einer Schlinge, die sie als Tritt für ihren rechten Fuß benutzte. »Dann lassen Sie mich jetzt hinunter, in Ordnung?«
    »Einverstanden«, erklärte sich Hayden widerstrebend bereit. »Denham, Lester – lassen Sie Lady Kincaid am Seil hinab. Aber ganz vorsichtig, verstanden?«
    »Jawohl, Sir.«
    Die Soldaten nahmen das Tau über beide Schultern, sodass es ihnen nicht entgleiten konnte. Dann ließen sie Sarah, die sich bereits auf den Rand der Schachtöffnung gesetzt hatte und die Beine in die gähnende Leere baumeln ließ, langsam hinab.
    »Bitte nicht, Mylady«, flehte Kamal.
    »Die Entscheidung ist bereits gefallen«, entgegnete Sarah nur. Ihre Stimme klang hohl und dumpf aus dem Schacht.
    Mit einer Hand klammerte Sarah sich an das Seil, das unter der Spannung leise knarrte, mit der anderen hielt sie die Laterne, deren Schein die Wände des Schachts beleuchtete. Tatsächlich hörte das Mauerwerk bereits nach wenigen Yards auf und ging in Felsgestein über, in das der Schacht in schweißtreibender Arbeit gehauen worden war. Beklommen fragte sich Sarah, wie viele Sklaven beim Bau dieser Anlage wohl ihr Leben hatten lassen müssen.
    Ihre Neugier auf das, was sie am Grund des Schachts erwartete, wuchs mit jedem Augenblick. Was immer es war – Sarah war froh, sich Hayden gegenüber durchgesetzt zu haben. Für ihren Geschmack hatte die Suche nach dem Buch des Thot schon viel zu viele Menschenleben gekostet, und sie wollte nicht dabei zusehen, wie noch mehr von ihren Leuten zu Schaden kamen. Auch aus diesem Grund hatte sie darauf bestanden, den Schacht selbst zu erkunden…
    Ein gutes Stück unter sich nahm sie ein Glitzern wahr. Noch einige Yards ging es hinab, dann endete der Schacht, und Sarah fand sich inmitten eines großen unterirdischen Gewölbes wieder, von dessen Decke sie baumelte.
    »Halt!«, rief sie den Schacht hinauf, und erschrak über den Hall ihrer eigenen Stimme, der darauf schließen ließ, dass das Gewölbe von beträchtlichen Dimensionen war. Wie groß, ließ sich in der Dunkelheit, die sich jenseits des Laternenscheins erstreckte, allerdings nicht feststellen.
    Sofort arretierten die Soldaten das Seil, und Sarah baumelte nur rund einen Fuß über der glitzernden

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