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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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zugebracht, Desmond Quayle bei seinen Ermittlungen zu begleiten, jedoch hatte weder Sarah noch du Gard dem Inspector von Scotland Yard behilflich sein können. Zum einen machte Quayle keinen Hehl daraus, dass er keinen Wert auf ihre Hilfe legte, zum anderen hatten sich seine Spuren allesamt als wertlos erwiesen. Auch jetzt war er wieder in dringenden Ermittlungen unterwegs und wahrscheinlich froh darüber, seiner lästigen Begleiter ledig geworden zu sein. Sarah konnte es nur recht sein – auf diese Weise waren du Gard und sie unbeobachtet und konnten sich anderen Methoden der Erkenntnisgewinnung widmen…
    »Wovon sprichst du?«, fragte du Gard, der sein Haar im Nacken zusammengebunden hatte und in dem frischen Hemd, das Sarah ihm gekauft hatte, wieder Ähnlichkeit mit einem menschlichen Wesen hatte.
    »Du weißt, wovon ich spreche. Du lebst hier inmitten all dieses Elends, dabei könntest du ebenso gut im reichen West End leben, auf der anderen Seite der Stadt.«
    »Pourquoi? Warum sollte ich?« Du Gard zuckte mit den Schultern und blickte hinauf zur Decke, deren Balken schwarz von Schimmel waren. »Ein so lauschiges Plätzchen wie dieses verlässt man nicht gerne.«
    »Sicher nicht«, erwiderte Sarah sarkastisch. »Du verdienst deinen Lebensunterhalt damit, Tagelöhnern aus der Hand zu lesen und ihnen die Karten zu legen – dabei könntest du ein reicher Mann sein. In den Villen von St. James und Mayfair gehen Wahrsager ein und aus, die nicht einen Bruchteil deiner Gabe besitzen.«
    »Und wenn schon.« Du Gard grinste. »Dafür erzählen sie den Leuten, was sie hören wollen.«
    »Ich meine es ernst«, beharrte Sarah.
    »Ich ebenso«, versicherte du Gard und nahm an dem grob gezimmerten Tisch Platz, über den er ein fleckiges Tuch gebreitet hatte. Auf dem Tisch standen ein Glas, eine brennende Kerze und eine große Flasche, deren Inhalt im Kerzenlicht geheimnisvoll grün schimmerte. »Bitte«, forderte er Sarah auf. »Setz dich.«
    Sie verließ ihren Platz am Fenster und kam seiner Aufforderung nach, war jedoch noch nicht gewillt aufzugeben. Du Gard merkte es und ließ ein tiefes Seufzen vernehmen.
    »Also schön«, meinte er, »reden wir darüber – eher wirst du ja doch keine Ruhe geben. Du willst also wissen, weshalb ich mich hier verkrochen und zum Bodensatz der Menschheit gesellt habe?«
    »Allerdings.«
    »D’accord. Dann lass dir gesagt sein, ma chère, dass ich mir dieses Leben keineswegs ausgesucht habe. Vielmehr wurde es für mich ausgesucht.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Sarah. »Von wem?«
    »Vom Schicksal, gewissermaßen«, antwortete du Gard, dessen Unbekümmertheit plötzlich aus seinen Zügen verschwunden war. »Nach Alexandrien und nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, habe ich mich hier verkrochen.«
    »Warum?«
    »Weil ich damals an etwas gerührt habe, an dem ich nicht hätte rühren sollen. Ich habe Wege beschritten, auf denen es keine Umkehr gibt, und ich habe Dinge erfahren, die ich nie hatte erfahren wollen. Diese Dinge müssen ein Geheimnis bleiben, solange ich lebe, deshalb bin ich hierhergekommen, wo mich niemand finden kann.«
    »Ich habe dich gefunden«, rief Sarah ihm in Erinnerung.
    Du Gard lächelte rätselhaft. »Wie ich schon sagte, ma chère, ist dies kein Zufall gewesen. Und du darfst mir glauben, dass ich jeden anderen als dich weniger bereitwillig willkommen geheißen hätte.« Er deutete auf seinen rechten Stiefel, und erst jetzt nahm Sarah die Ausbeulung wahr, die eine winzige einschüssige Pistole barg.
    »Was hat das zu bedeuten?«, verlangte sie zu wissen.
    »Pour la sécurité«, erklärte du Gard schulterzuckend. »Ich muss auf der Hut sein, Sarah, weil ich Dinge weiß, die sie nicht erfahren dürfen, um keinen Preis.«
    »Sie?«, fragte Sarah verständnislos, während sie sich allen Ernstes fragte, ob sich ihr alter Bekannter einmal zu oft auf Drachenjagd begeben hatte. »Vom wem sprichst du, Maurice?«
    »Meine Gabe, wie du es so treffend genannt hast, kann ein Segen sein, aber auch ein Fluch. Manche Dinge darf ich verraten, andere nicht – die Pistole ist für den Fall, dass jemand mehr von mir verlangt, als ich geben kann.«
    »Ich verstehe.« Sarah nickte. »Du würdest denjenigen also erschießen.«
    »Ma chère«, flüsterte du Gard. »Du solltest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich jede Art von körperlicher Gewalt verabscheue. Die eine Kugel, die sich in der Pistole befindet, ist nicht für meine Feinde bestimmt…«
    Sarah begriff, was

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