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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Und tatsächlich wollten die Mechaniker ihr den Feuerdrachen zwecks eingehender Untersuchung fortnehmen, aber Syvilda hatte ein Verbot des Archimandriten erwirkt. Sie vertrat beharrlich die Meinung, dass man ein Kind, das beide Eltern verloren hatte, nicht von einem weiteren geliebten Wesen trennen dürfe. Veldan war damals über dieses Eingreifen sehr froh gewesen, und Syvilda hatte in der zukünftigen Wissenshüterin eine glühende Loyalität geweckt, die dem Archimandriten allerdings verborgen blieb.
    Solange Veldan über die Vergangenheit nachdachte, war sie wenigstens von den Sorgen der Gegenwart abgelenkt. Dennoch hatte sie unterdessen unablässig auf die Geräusche der Besucher gehorcht. Nachdem einige Zeit alles still war, hörte sie laute Schritte, die sich ihrer Tür näherten. Sie erstarrte. Wieder stieg das Bild vom kauernden Kaninchen in ihr auf. Gewaltsam drängte sie es beiseite und griff nach dem Dolch. Kaninchen mochten sich ängstlich ducken, Wissenshüter nicht. Alle ihre Sinne waren auf die Vorgänge vor der Tür gerichtet. Je mehr sie davon erfassen konnte, desto besser würde es um ihre Rettung stehen, falls der Ärger losginge.
    Da befanden sich mehr als eine Person im Gang, vielleicht drei oder sogar vier. Jetzt standen sie genau vor ihrer Tür – dann waren sie vorüber. Veldan hörte ein Klicken, das Quietschen der Tür des Nebenzimmers und Stimmengemurmel. Und dann war ihr, als würde eine eiskalte Tentakel sich um ihren Hals legen. Sie hörte einen durchdringenden jammervollen Ton, spürte Verwirrung, Preisgabe und höchste Not, einen fremdartigen Zustand der Vereinsamung, der sie zutiefst berührte. Angst und Mitleid waren in ihr geweckt, aber auch drängende Neugier – die übermächtige Eigenschaft aller Wissenshüter. Eine, die jeden früher oder später das Leben kostete.
    »Hör auf damit«, befahl jemand in nüchternem Ton. Dann folgte ein harter Schlag, und das Jammern verstummte. Dieselbe kalte Befehlsstimme sagte daraufhin: »Es ist nicht erforderlich, dass ihr hier steht und diesem Irren zuhört.«
    »Aber mit deiner Erlaubnis, Herr …«, begann einer der Angesprochenen mit zittriger Stimme. »Sollten wir nicht etwas mehr zu seiner Hilfe unternehmen? Er ist in einem bedauernswerten Zustand. Und, nun ja, er ist trotz allem noch der Hierarch.«
    »Das war einmal der Hierarch.« Wieder dieser leidenschaftslose und kurz angebundene Tonfall. »Nun ist es nur noch das geistlose Wrack eines menschlichen Wesens. Unsere Aufgabe besteht darin, ihn am Leben zu erhalten und nach Tiarond zurückzubringen, bevor der morgige Abend anbricht. Er muss seine ihm zuletzt zugedachte Rolle erfüllen, indem er Myrial geopfert wird.«
    Veldan war bestürzt. Welches krankhafte Tun planten diese abergläubischen, niederträchtigen Menschen jetzt wieder? Opferten ihren eigenen, angeblich verehrten Häuptling? Jetzt weiß ich Bescheid, dachte sie, da steckt noch mehr dahinter … Doch erneute Schritte auf dem Gang unterbrachen ihre Gedanken, dann wurde nebenan die Tür geschlossen.
    »Von nun an bewacht ihr diesen Raum«, befahl die kalte Stimme. »Und niemand außer mir geht durch diese Tür, ganz gleich, welchen Grund er anführt. Sollte Zavahl sich anhören, als würde er Hilfe brauchen, dann holt mich. Vielleicht solltet ihr euch vor Augen halten, dass Tiarond morgen ein Opfer bringen muss. Falls der Hierarch nicht verfügbar ist, werde ich gezwungen sein, einen oder zwei Vertreter zu benennen. Habt ihr mich verstanden?«
    »Jawohl, Herr!«
    Daraufhin entfernten sich energische Schritte aus dem Korridor und zur Vorderseite des Hauses, und zu Veldans Erleichterung war vor ihrer Tür nicht das geringste Verzögern zu bemerken. Sie stieß einen lautlosen Pfiff aus. Das ist ein höchst gefährlicher Mann, dachte sie. Nach all ihrer Erfahrung war es der selbstbeherrschte und emotionslose Feind, der am bereitwilligsten tötete.
     
    In dieser Hinsicht war auch Kazairl inzwischen mehr als bereitwillig. Das sollte sein ungeduldiges Temperament aushalten: Als Misthaufen getarnt in einer kalten, zugigen Scheune zu liegen, um Himmels willen – und unterdessen saß keine hundert Schritt entfernt seine Partnerin in der Falle, in einem feindbesetzten Haus. Und als ob das nicht genügte, nagte der Hunger stetig an seinen Eingeweiden, während er obendrein genau vor der Nase ein Festmahl sah, das er sich versagen musste. Kaz seufzte. Aber es half nichts. Denn wie Veldan empfand er großen Respekt für die

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