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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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aufpassen! Jetzt steh ich da, der Magen hängt mir in den Kniekehlen, und ich habe einen Haufen Drachenfutter vor der Nase, der völlig nutzlos ist. Veldan, das bringt mich um! Wie lange müssen wir noch hier bleiben? Ich ersaufe sozusagen in meinem eigenen Geifer!«
    Vom Bett aus sah Veldan den Schnee an ihrem Fenster vorbeiwirbeln, dick wie Schlagsahne, und der Sturm wurde schlimmer. Sie ließ Kaz sehen, was sie sah, und meinte: »Da wirst du wohl gute Miene zum bösen Spiel machen müssen, mein Guter. Wir müssten verrückt sein, um heute Nacht aufzubrechen.«
    »Wir sind verrückt, wenn wir hier bleiben«, grollte er. »Wo diese niederträchtigen Menschen herumschnüffeln und ihre Nase überall reinstecken. Andererseits …«
    »Was?«, fragte Veldan scharf. Auf seinen nachdenklichen Tonfall fiel sie nicht herein. Wenn Kaz Ideen ausbrütete, dann gab es immer jemanden, für den das nichts Gutes bedeutete.
    »Nichts«, antwortete der Feuerdrache gut gelaunt. »Oberhaupt nichts.«
    Oh nein!, durchfuhr es Veldan. Jetzt kommen wir erst recht in Schwierigkeiten.
    »Meine Gedanken sind umhergeirrt, weiter nichts«, sagte Kaz. »Damit setzt gewöhnlich der Todeskampf ein, wenn man Hungers stirbt, glaube ich.«
    »Kaz, ich bitte dich – denk doch an Toulac. Sie muss hier weiterleben, wenn wir wieder fort sind. Tu nichts, was uns in noch größere Schwierigkeiten bringt.« Die einzige Antwort, die sie darauf erhielt, war ein boshaftes Kichern. Sie ballte die Fäuste unter der Bettdecke. »Warte nur, bis ich dich in die Finger kriege!«
    Dieser Kazairl! Man konnte nie wissen, was er sich als Nächstes ausdachte. Kaz der Unberechenbare, Kaz der Einzigartige. Einzigartig war er tatsächlich. Nach Wissen des Schattenbundes gab es keine anderen seiner Art, doch zugegebenermaßen kannten die Wissenshüter nicht die ganze Welt. Auch für sie gab es unzugängliche Orte, wo die Schleierwand undurchdringlich war und die Geheimnisse dahinter ein für alle Mal verborgen blieben. Nur einem Mitglied des Schattenbundes – Veldans Mutter – musste es gelungen sein, an einen dieser unbekannten Orte vorzudringen, aber sie hatte nicht mehr lange genug gelebt, um die Geschichte erzählen zu können. Vielleicht war meine Mutter tatsächlich die Einzige, die den Weg dahin gefunden hat, dachte Veldan. Aber wie hat sie das geschafft? Und warum hat sie es versucht?
    Niemand in Gendival war jemals willens oder fähig gewesen, ihr etwas über ihre Eltern zu erzählen – nicht einmal ihre Pflegeeltern, die beide dem Schattenbund angehörten. Es wurde behauptet, dass ihr Vater ein Unbekannter aus dem Ausland gewesen sei – ein Liebhaber, den ihre Mutter während einer Mission aus einer Laune heraus aufgegriffen und wieder fallen gelassen habe. Mit der Sicherheit eines Telepathen wusste Veldan, dass man sie damit belog; dazu brauchte sie nicht einmal diese einfallslose Geschichte mit dem letztendlichen Schicksal ihrer Mutter in Beziehung zu setzten.
    Als Veldan noch ein Säugling war, hatte irgendetwas ihre Mutter dazu veranlasst, die Heimat und ihr Kind zu verlassen und spurlos zu verschwinden. Zwei Jahre später überschritt sie von wo auch immer her die Grenze Gendivals. Man fand sie so schwer verwundet auf, dass sie starb, bevor man ihr helfen konnte. In ihrem Rucksack fand sich ein Paket, das so gut gepolstert und verschnürt war, dass man sogleich darin einen zerbrechlichen und kostbaren Gegenstand vermutete. Zu Recht. Es enthielt ein Ei, größer als der Kopf eines Menschen, das tiefschwarz war und einen schillernden Glanz besaß. Die einzige Hinterlassenschaft der Mutter an ihre Tochter: Kazairl, der Feuerdrache.
    Eine einsame Waise und ein einsames Drachenjunges, so waren sie zusammen aufgewachsen und wurden rasch unzertrennlich. Sie schliefen und aßen gemeinsam und machten Unfug. Besonders in letzter Hinsicht erwies der Drache sich als unerschöpflich erfindungslustig. Erst als sie selbst erwachsen und ihrerseits eine Wissenshüterin geworden war, hatte sie begriffen, welche Aufregung sie und der Drache im Gemeinschaftsleben von Gendival verursacht hatten. Alle Mitglieder des Schattenbundes, von Cergorn dem Archimandriten angefangen, waren fasziniert von Kazairls Einzigartigkeit, von seinem raschen Wachstum, seiner offensichtlichen Intelligenz und seinen telepathischen Fähigkeiten. Schon sehr früh hatte zwischen Veldan und Kaz eine grundlegende Verständigung bestanden, die sich mit der Zeit beträchtlich vertiefte und verfeinerte.

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