Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
betete darum, dass der Schnee die Sicht verschlechterte, während sie Haken schlug. Die eisige Luft schnitt ihr in die Lungen. Der Schnee haftete in dicken Klumpen an ihren Stiefeln und bremste sie. Die Zeit dehnte sich ins Unendliche, die schützenden Bäume schienen noch meilenweit entfernt zu sein. Ein Bolzen surrte so dicht an ihrer Wange vorbei, dass es ihr auf der Haut prickelte. Verdammt! Das war knapp!
    Dann kam ihr ein donnerndes Gebrüll entgegen. Kaz brach aus den Bäumen hervor, seine innere Glut leuchtete ihm rot aus den Augen und aus dem klaffenden Maul. Er bremste auf der Stelle, holte tief Luft und stieß eine mächtige Flammenzunge aus, die quer über den Platz schoss, an der Hauswand unter dem Fenster zerbarst und einen hübschen Funkenregen hervorbrachte. Das feuchte Holz verkohlte im Nu, dann griffen die Flammen auf das Fenster über. Schnell breiteten sie sich mit dem Wind aus, und die Dunkelheit floh vor dem flackernden safrangelben Licht bis zum Waldrand.
    Der Beschuss hatte aufgehört.
    In Veldans Kopf schallte das jauchzende Gelächter des Feuerdrachen. »Spring auf, meine Süße!« Er drehte sich halb um, und sie sprang auf sein Vorderbein. Den Schwung ihrer Bewegung nutzend, warf er sie mit der Leichtigkeit eines Achselzuckens auf seinen Rücken, machte eine scharfe Kehrtwende und fegte mit einem dramatischen Schlag des Schwanzes eine Schneewolke in die Luft.
    Veldan wusste genau, dass er das verstörende Schauspiel, welches er ihren Feinden bot, zutiefst genoss. Auch sie selbst konnte nicht widerstehen, sich auf der Welle seiner Wildheit schadenfroh nach oben tragen zu lassen. Lieber Kaz! Er blühte auf in solchen Momenten.
    Auf der anderen Seite des Hauses blies man ins Horn, und von der Sägemühle wurde das Signal zurückgegeben. »Zeit zu gehen«, fauchte Kaz. »Sie rufen Verstärkung.«
    »Zuerst Toulac!«
    »Natürlich. Als ob ich die alte Streitaxt im Stich lassen würde!«
    Toulac kam indessen schlecht voran. Mit einer Grimasse grimmiger Entschlossenheit und beladen mit Veldans Bündel, das unter dem Fenster gelegen hatte, durchpflügte sie tapfer den tiefen Schnee. Sie schnaufte vor Anstrengung. Veldan beugte sich zu ihr herab, nahm ihr das Bündel ab, reichte ihr eine Hand, und zog sie zu sich herauf. Nach hastiger Haltsuche kam Toulac hinter ihr zu sitzen. Von da an haftete sie wie ein Blutegel an Veldans Rücken, und Veldan hörte ihren rasselnden Atem. Plötzlich tat es ihr Leid, dass sie durch ihr überstürztes Handeln die alte Frau gefährdet hatte.
    Dann erschallten hinter ihnen Rufe. Ein Haufen Soldaten kam ums Haus gerannt, stürzte blindlings in den Hof, doch sie blieben abrupt stehen, als sie den Feuerdrachen erblickten.
    »Schießt, ihr Idioten!«, bellte eine Stimme aus dem Fenster, das Veldan für ihren plötzlichen Abgang benutzt hatte. Sie schaute zurück und sah in dem brennenden Fensterrahmen das grell beleuchtete Gesicht eines Mannes. Er starrte ihr so grimmig hinterher wie ein Falke, der seine Beute entkommen sieht, und dabei ignorierte er die Hitze und den Rauch, als wären sie gar nicht vorhanden. Es war ihm anzusehen, dass er sich nur unter größter Anspannung zurückhielt, und Veldan spürte seine Bedrohlichkeit und die bezwingende Macht seiner Ausstrahlung. Sie sahen einander in die Augen, hielten den Blick des anderen fest, als würden sie die Klingen kreuzen. Der Fremde rief in Veldan starke, widerstreitende Empfindungen hervor: Halb fühlte sie sich angezogen und halb abgestoßen. Die Zeit stand still zwischen ihnen, und es entspann sich eine Beziehung der Neugierde, der Herausforderung – und tief im Innern gab es ein nicht näher bestimmbares Gefühl des Wiedererkennens. Der Mann beendete die Szene. Er neigte den Kopf, ein rätselhaftes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, und er hob die Hand zu einem spöttischen Gruß.
    Plötzlich empfand Veldan eine tiefe Angst. »Los jetzt!«, rief sie und schlug Kaz mit der Faust in den Nacken. Der Zauber, der die Zeit hatte stillstehen lassen, brach, und die Soldaten hoben ihre Armbrüste.
    »Festhalten, meine Damen!« Mit einem einzigen großen Satz erreichte der Drache den Waldrand, während die Armbrustbolzen an ihnen vorbeizischten und in die Baumstämme einschlugen.
    Aus dem Haus kam ein Schrei, der Veldan das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der Hierarch schrie aus vollem Hals: »Veldaaaan – warte! Ich bin hier! Aethon ist hier!«
    »Kaz – halt an!« Veldan schlug fruchtlos auf ihn ein. »Es ist

Weitere Kostenlose Bücher