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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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sie einen schrecklichen Hunger hatte und bald das Bett nass machen würde, wenn sie noch länger liegen bliebe.
    Also gut, dann heiße ich eben Annas. Sie schlug die Augen auf, um direkt in ein hässliches Gesicht mit stumpfen braunen Haaren zu blicken. Wer bist du? Ich kenne dich nicht. Du bist überhaupt nicht so hübsch wie meine … Die Wand schob sich, schwarz und undurchdringlich, in Annas’ Kopf vor, und der Schluss des Gedankens war ausgesperrt. Sie wandte sich von der Barriere ab und dachte an etwas anderes.
    Die fremde Frau streckte ihr zögernd eine Hand entgegen, dann zog sie sie zurück. »Wie fühlst du dich, Kind? Bist du hungrig? Ich bringe dir etwas zu essen«, sagte sie und zeigte auf eine Schüssel auf dem Nachttisch. Annas konnte nicht sehen, was darin war, aber es roch nicht gut. Sie öffnete den Mund und wollte antworten, doch kein Laut kam heraus. Auch die Wörter waren hinter der Wand geblieben.
    Aber die fremde Frau war ganz hilflos! Sie stand einfach da und trat von einem Bein aufs andere, als ob sie überhaupt nicht wüsste, was als Nächstes zu tun war. Das machte Annas sehr unruhig. Wenn sie auch nicht viel in Erinnerung behalten hatte, so viel wusste sie doch, dass Erwachsene sich auskennen sollten! Da sie also keine Möglichkeit hatte, ihre Bedürfnisse zu erklären, kletterte sie aus dem breiten hohen Bett und kroch auf allen vieren darunter. Mit großer Dankbarkeit zog sie den erhofften Nachttopf hervor.
    Annas hob ihr Nachthemd hoch, das viel zu groß für sie war, und setzte sich erleichtert auf den Topf. Dabei fing sie einen Blick der fremden Frau auf, die sofort errötete und sich steif abwandte. »Oh – oh, es tut mir Leid«, murmelte sie. »Natürlich, du hast ja so lange geschlafen … ich hätte daran denken können …«
    Ach, um Gottes willen! Die ist wirklich ganz hilflos!, dachte Annas, setzte den Deckel auf den Topf und schob ihn vorsichtig unter das Bett. Da ihr die Schüssel und der Waschkrug einfielen, ging sie hin, um sich Gesicht und Hände zu waschen – jedenfalls wollte sie das. Aber weil sie so lange geschlafen hatte, waren ihre Beine weich wie Pudding. Sie machte zwei, drei schwankende Schritte, dann fiel sie plötzlich um.
    Zwei starke Arme fingen sie auf und hielten sie für einen Augenblick fest, aber sie drückten viel zu sehr. Annas fand sich Auge in Auge mit der fremden, hässlichen Frau wieder, die sie einfach ohne ein Wort aufhob und wieder ins Bett stopfte. Als ob ich ein Wickelkind wäre!, dachte Annas entrüstet.
    »Das muss dich nicht bekümmern«, sagte die Fremde mit seltsam gekünstelter Herzlichkeit, die Annas sofort durchschaute. Manche Erwachsene klangen so, wenn sie etwas zu verbergen hatten.
    »Du hast sehr, sehr lange geschlafen«, fuhr sie fort. »Dann ist es nicht anders zu erwarten, als dass du zuerst unsicher auf den Beinen bist.« Sie wrang einen Waschlappen über der Schüssel aus und begann, Annas das Gesicht und die Hände damit abzureiben. Aber sie machte es ungeschickt und grob.
    Ich bin kein Wickelkind! Annas riss ihrer Peinigerin den Lappen aus der Hand und beendete die Wäsche allein, mit finsterem Blick. Langsam bekam sie richtig Angst. Nichts an diesem Ort erschien ihr vertraut. Sie wusste – wusste es einfach –, dass sie noch nie in ihrem Leben in einem Zimmer mit Rosengardinen gewesen war. Noch hatte sie jemals zuvor diese Frau gesehen. Sie hatte keine Ahnung, was sich hinter dieser glänzenden Holztür befand – und das war erst recht beängstigend. Da draußen konnte sonst was sein! Ungeheuer …
    Annas fing an zu zittern. Sie wusste ja auch nicht, was hinter der Wand in ihrem Kopf war, und aus irgendeinem Grund machte ihr das am meisten Angst. Sie biss sich heftig auf die Lippen, um nicht weinen zu müssen. Aber obwohl sie sich sehr anstrengte, begannen ihre Augen zu brennen, und im Hals bildete sich ein Kloß. Sie schluckte hart. Eine Träne rollte ihr die Wange hinab, und schon folgte die Zweite.
    »Oh, bitte – nicht weinen!« Die Frau, die überhaupt kein Trost war, erschien auf einmal sehr besorgt. Sie rang die Hände und blickte aufgeregt um sich, als würde sie dringend Hilfe brauchen. »Hier – hast du Hunger?«, plapperte sie. »Iss etwas. Dann fühlst du dich gleich besser …« Damit drückte sie Annas die Schüssel in die Hand, die schon abgekühlt war.
    Annas wischte sich mit der anderen Hand die Tränen fort und schaute in die Schüssel. Haferbrei? Igitt! Sie hasste Haferbrei! Und dieser hier war

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