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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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sie.
    Presvel lehnte sich in seinem Sitz vor. »Da irrst du, Dame Seriema. Du weißt sehr viel über kleine Mädchen – selbstverständlich. Aus eigener Erfahrung.«
    »Wie bitte?«
    »Nun, vor nicht allzu langer Zeit bist du selbst ein kleines Mädchen gewesen. Denk daran zurück, wie das war.«
    Seriema starrte ihn an, dann nahm sie einen großen Schluck Weinbrand. »Aber sie hasst mich«, behauptete sie schwach.
    »Erinnere dich«, sagte Presvel geduldig. »Wie würdest du dich gefühlt haben, wenn du unerwartet in einem fremden Zimmer aufgewacht wärest – das Zuhause verloren, die Eltern fort? Hat Gilarra dir denn nicht mitgeteilt, dass die Kleine mit ansehen musste, wie ihre Mutter ermordet wurde? Kein Wunder, dass das arme Ding überreizt ist.«
    »Verflucht, Presvel!«, grollte Seriema. »Du hast an der Tür gelauscht, als ich mit Gilarra gesprochen habe.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Entlasse mich also. Aber jetzt denke darüber nach, Herrin: Was hast du zu dem Kind gesagt? Was hat es geantwortet?«
    Seriema runzelte die Stirn. »Wenn ich es recht bedenke, so hat sie überhaupt nichts gesagt. Kein einziges Wort! Sie hat mich nur angestarrt – es war zermürbend. Sie wollte aufstehen und fiel hin, also habe ich sie aufgehoben und zurück ins Bett gebracht. Und sie hat nicht aufgehört, mich anzustarren – ich konnte spüren, wie sehr sie mich hasst.« Mit einer ungestümen Geste leerte Seriema ihr Glas. »Als ich dann versuchte, ihr den Brei zu essen zu geben, hat sie die Schüssel nach mir geworfen und angefangen, fürchterlich zu weinen.« Und mit verwundertem Gesicht fügte sie hinzu: »Bis zu diesem Augenblick hatte sie keinen Laut von sich gegeben.«
    »Seltsam«, meinte Presvel. »Andererseits kann sich großes Entsetzen auf die Menschen verschieden auswirken, wie ich gehört habe. Auf jeden Fall sollten wir zu ihr gehen und nachsehen, ob es ihr gut geht. In Anbetracht dessen, dass sie dir den Brei an den Kopf geworfen hat, müsste sie jetzt großen Hunger haben. Also werden wir die Küche plündern. Da ich für jemanden arbeite, der leidenschaftlich gern mitten in der Nacht knabbert, weiß ich, wo die Köchin die Leckereien aufbewahrt oder vielmehr für schlechte Zeiten hortet, während sie uns auf sparsame Ration …«
    »Leckereien? Hast du den Verstand verloren?«
    Presvel seufzte. »Dame Seriema«, begann er nachsichtig, »sagte ich nicht, du solltest dir die eigene Kindheit ins Gedächtnis rufen? Als du ein Kind warst, mochtest du da etwa Haferbrei?«
    »Nein. Jetzt, wo du es erwähnst, ich habe das Zeug verabscheut. Ich bin auch jetzt noch nicht darauf erpicht.«
    »Eben! Wir werden uns also mit all den Sachen beladen, die sie gern isst. Kein Problem der Welt kann so schlimm sein, dass man ein schönes dickes Stück Kuchen ausschlägt.«
    Seriema erhob sich flink auf die Füße. »Sehr gut, Presvel – wir tun, was du gesagt hast. Außerdem ist alles einen Versuch wert.«
    »Du kannst darauf zählen, dass ich die Lage immer unter Kontrolle habe, Herrin.« Presvel lächelte selbstgefällig. Er hatte es wieder geschafft. Sie würden die Treppe hinaufgehen und das Kind mit ein paar Süßigkeiten besänftigen, und es würde kein Theater geben. Seriema würde glücklich zu Bett gehen, und er wär wie üblich im Ansehen gestiegen.
    »Gut.« Plötzlich war die eiserne Härte in ihre Stimme zurückgekehrt. Presvel wurde stocksteif. Wenn sie in diesem Ton sprach, pflegte es für irgendjemanden ein schlimmes Ende zu nehmen – und diesmal war außer ihnen beiden niemand anwesend.
    »Da du dich so gut auskennst, wirst du die Treppe hinaufgehen und dich mit dem Kind befassen.« Presvel sah ihren unbeugsamen Blick – er kannte die Gefahrenzeichen. Auch entging ihm nicht das verschlagene Leuchten, das ihren Triumph anzeigte. Mit wachsendem Verdruss bemerkte er, dass sie ihn mühelos manipuliert und vollständig ausmanövriert hatte. Er stand aus dem Sessel auf. »Wie? Ich? Mit einem Kind befassen? Allein?« Fast quiekte er vor Entrüstung. »Aber, Herrin …«
    »Wie du gesagt hast, kann ich immer auf dich zählen – nicht wahr?«
    »Aber – sie ist dein Mündel – du willst doch sicherlich dabei sein?« Er holte tief Luft für den Versuch, wieder an Boden zu gewinnen. »Herrin, das wäre ein Fehler. Wenn du dem Kind jetzt nicht gegenübertrittst und dich mit seiner Art vertraut machst, wird es dir später noch viel schwerer fallen.«
    Seriema sah ihn an, ihr Gesicht war wie aus Stein, ihre Stimme

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