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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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verblüfften Jungen von den Füßen, der sofort die Zügel fahren ließ, und hielten auf die zurückweichende Erscheinung zu. Ihr neuer Möchtegernherr lag derweil zu Boden gestreckt im Schnee und stieß ein verzweifeltes Geheul aus. Dann nahm er stolpernd und rutschend die Verfolgung auf.
    Thirishri kicherte vergnügt. *Das sollte genügen*, sagte sie sich. *Ich werde ihnen nur noch ein wenig den Weg frei blasen, damit sie besser laufen können.*
     
    Scall war mit seiner Geduld am Ende. Sich mit den Pferden ins Gebirge hinaufzuschleppen hatte ihn grausame Mühen gekostet. Kaum dass er aus der Stadt heraus war, ging es los: Zuerst begegnete er einem Karren, der mit Leichen voll beladen war. Seit der Friedhof überfüllt war, versuchten die Totengräber, ohne viel Erfolg, die Toten auf freiem Feld zwischen der Stadtmauer und dem Fluss zu verbrennen. Doch weil alles durchnässt war, gab es nur Schwelbrände, die einen erstickenden schmierigen Rauch und Verwesungsgestank verbreiteten.
    Er brütete über der Tatsache, dass er soeben noch Agellas Lehrling gewesen war, und achtete dabei wenig auf seine Schützlinge. Vorsichtshalber hatte er sich die Zügel an den Gürtel gebunden, aber seit sie die Stadt hinter sich hatten, waren die Tiere vollkommen ruhig, trotteten fügsam hinter dem Esel her und schleuderten bei jedem Tritt ihrer riesigen Hufe eine Schlammfontäne auf. Doch die Spritzer, die er abbekam, bekümmerten ihn nicht. Dieser trostlose Sumpf und die rauchenden Leichenhaufen waren der passende Hintergrund für seine Gedanken. Während er an der Stadt vorbei ritt, hatte er sich seiner Mutlosigkeit überlassen, und sein Verstand versank in Zweifeln und Ängsten. Was soll nur aus mir werden? Nur weil der Hengst zu mir gekommen ist, heißt das noch lange nicht, dass ich beim Abrichten von Pferden irgendwie von Nutzen sein kann. Was, wenn Meisterin Toulac mich gar nicht haben will? Wenn sie einen Lehrling haben wollte, dann hätte sie sicherlich schon einen. Es hat sie überhaupt niemand gefragt. Sie wollten mich einfach loswerden wie einen unbrauchbaren Lumpen, und nun hoffen sie auf das Beste. Schon lange hat Agella nach einer guten Entschuldigung gesucht, um mich loszuwerden, und heute hat sie endlich Glück gehabt. Das ist alles. Weil sie meine Tante ist, konnte sie mich nicht gut nach Hause zurückschicken – meine Mutter will mich ja sowieso nicht haben. Da musste er weinen und fühlte sich jämmerlich allein. Oberhaupt niemand will mich haben, weil ich zu nichts tauge. Meisterin Toulac wird mich genauso wenig wollen. Wenn mir die Pferde nicht gehorchen, muss sie mich ja rauswerfen – und wo soll ich dann noch hin?
    Als er mit seinen Gedanken an diesem Punkt angekommen war, wurde ihm noch einmal richtig gezeigt, wie schlecht er tatsächlich im Umgang mit Pferden war. Während sie sich den Scheiterhaufen näherten, waren die Tiere immer unruhiger geworden, was man ihnen wahrhaftig nicht vorwerfen konnte. Sobald der Wind ihnen den stinkenden Rauch zutrug, begann der Esel zu schnauben. Er bockte und trat aus, und Scall wurde zum ersten, doch keineswegs zum letzten Mal auf dieser elenden Reise im hohen Bogen abgeworfen und landete mit dem Gesicht nach unten im Morast, und zwar genau vor den mächtigen Hufen der Sefrianer. Der Schreck fuhr ihm in die Eingeweide, und für einen Augenblick hatte er geglaubt, zertrampelt zu werden. Die beiden Pferde jedoch schienen sein plötzliches Auftauchen als den Gipfel der Verhöhnung zu betrachten. Sie schnaubten und gingen einfach durch, wobei sie ihn hinter sich her zogen, da die Zügel an seinem Gürtel festgebunden waren.
    Er pflügte mit dem Gesicht voran den morastigen Boden, warf zu beiden Seiten eine Welle flüssigen Dreck auf, konnte vor lauter Schlamm nichts mehr sehen und war vollkommen hilflos. Er würgte und spuckte und rang nach Atem. Scharfkantige Steine und Schlaglöcher verbargen sich unter dem Morast, sodass er sich die Glieder aufschürfte. Zu allem Übel traf ihn ein Stein am Mund und brach ihm einen Zahn ab.
    Die Pferde hielten erst an, als sie an den Fluss erreichten. Dort tranken sie sich satt, während sie ihre Umgebung misstrauisch beäugten. Ihr schwarzes Fell dampfte in der kalten Luft. Mühsam und zittrig stand Scall wieder auf und spuckte blutigen Schlick aus. Als Erstes löste er dann die Zügel von seinem Gürtel; genauer gesagt musste er sie mit dem Messer zerschneiden, denn die Knoten hatten sich zu fest zugezogen. Die Mäuler tief ins kalte

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