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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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sich auf dem Steinboden aus.
    Ivar erstickte das aufsteigende Schuldgefühl, und das Bedauern, das ihn von seinem eingeschlagenen Weg abzubringen drohte. Sie hat der Schlampe gedient, sagte er sich energisch. Sie hat bekommen, was sie verdiente. Er blickte auf den Knüppel. Das obere Ende war dunkel gefärbt und feucht, es klebten ein paar graue Haare daran. Er beschloss, ihn zu behalten, für den Fall, dass noch jemand im Haus herumlungerte. Ihm kam zu Bewusstsein, dass er weder gesehen noch gehört hatte, wie der Diener das Haus verließ.
    In der anderen Hand hielt er das glänzende große Schlachtermesser, es war noch rein und unbesudelt, doch es dürstete nach dem Blut der Einen. »Nicht mehr lange, meine Schöne«, sprach Ivar zu ihm, »nicht mehr lange.« Er ließ die Tote liegen, verließ die Küche und machte sich auf den Weg ins obere Stockwerk.
     
    Seriema wusste sehr genau, dass sie es hinauszögerte, und verachtete sich dafür. Längst sollte sie auf dem Weg zum Tempel sein. Man würde ihr selbstverständlich einen Weg durch den Pöbel bahnen, – etwas anderes wäre gar nicht denkbar gewesen – aber wer weiß, wie lange das dauern würde. Sie wusste auch, dass sie sich, sollte sie das große Opfer versäumen, die Feindschaft sowohl Hauptmann Blanks als auch der neuen Hierarchin zuziehen würde, indem sie den Eindruck erweckte, Zavahls Absetzung nicht anzuerkennen. Aber wie sollte sie Blank gegenübertreten, jetzt, da sie wusste, wie er sie benutzt hatte?
    Wie immer, wenn ihr etwas Sorge bereitete, ging sie gedankenverloren zum Fenster und schaute hinaus. Die Menschenmenge auf der Esplanade war schon kleiner geworden. Lange würde es nicht mehr dauern. Die Häuser warfen schon lange Schatten über den Platz. Ich sollte jetzt wirklich gehen, dachte Seriema. Was ist nur los mit mir? Wenn es das ist, was Männer bei mir anrichten, dann würde ich die ganze Bande bereitwillig dem finstersten Pfuhl der Hölle übergeben … O Gott! Was kann das gewesen sein?
    Während sie ihren Gedanken nachgehangen hatte, war ihr Blick unbeabsichtigt zum Eingangstunnel und der Felsmauer gewandert, die den Heiligen Bezirk von der Stadt trennte. Seit es zu schneien aufgehört und der Sturm nachgelassen hatte, hatten sich die Wolken ein wenig gelichtet, doch nun senkten sie sich schon wieder herab. Es war im Laufe des Tages etwas wärmer geworden, und der unerbittliche Nieselregen hatte wieder eingesetzt. Der Schnee taute bereits. Die Gipfel der Felsen waren in Nebel eingehüllt. Seriema spähte in die Dämmerung. Sie könnte schwören, etwas gesehen zu haben, das sich dort bewegte. Einen dunklen Schattenriss mit Flügeln …
    Es gab keine Vorwarnung. Eine plumpe, stinkende Hand griff ihr von hinten über ihre Schulter und hielt ihr Mund und Nase zu, der Arm quetschte ihre Brust. Seriema wehrte sich gegen das Ersticken, ihr Verstand war nur noch ein einziger endloser Schreckensschrei, dann wurde sie vom Fenster fortgerissen und auf den Boden geschleudert. Dort rang sie nach Luft, kroch auf allen Vieren. Plötzlich brach sie vor Schmerzen zusammen, und der Atem wurde ihr ausgetrieben, als der Unbekannte ihr in die Seite trat. Wimmernd rollte sie sich ein, um sich zu schützen, aber unbarmherzige Hände ergriffen sie und warfen sie auf den Rücken. Jemand kniete über ihr, spreizte ihre Arme und hielt sie am Boden fest.
    Seriema blickte in das breite Gesicht eines jungen Mannes, der von harter Arbeit und Entbehrung gealtert war. Er hatte schlimme Prellungen im Gesicht. Seine raue Arbeiterkleidung war zerschlissen und schmutzig, mit alten Blutflecken darauf, dazwischen sah sie voller Grauen helle, glänzende Blutspritzer. Er hatte kalte Augen wie eine Schlange, und sie blickten hart und hasserfüllt. Das nahm sie alles auf einmal wahr. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit von dem breiten glänzenden Messer in seiner Hand angezogen. Sie hielt den Blick darauf geheftet und sah nicht die andere Hand, die zum Schlag ausholte. Nur eine schnelle Bewegung sah sie aus den Augenwinkeln, dann traf sie ein wuchtiger Schlag, dass ihr die Sinne vergingen, und das Letzte, was sie sah, war die grausam glänzende Messerklinge.
    Im halbbewussten Dämmer hörte Seriema das Reißen von Stoff. Sie kämpfte darum, die tränenden Augen zu öffnen, und als es ihr endlich gelang, sah sie ein dunkles Stoffknäuel auf sich zukommen, das ihr schmutzige Finger in den Mund stopfen wollten. Die Finger zwangen sie, den Mund zu öffnen, und Seriema biss zu, so fest

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