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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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schnell und beweglich sein müssen, um ihm auszuweichen -
    Er ging auf sie los, aber nicht unbedacht, wie sie es erwartet hatte, sondern in einem großen geschmeidigen Sprung, dabei schwang er das Messer über seinem Kopf und ließ es mit wilder Kraft im Bogen niedersausen. Rochalla warf sich auf die Seite und fiel gegen den Spiegel. Das Messer zischte an ihrem Kopf vorbei, verfing sich in ihrem Ärmel, den es arg zurichtete, bevor sie ausweichen konnte. Durch ihre Angst hindurch verspürte sie einen ärgerlichen Stich, dass sie sich das erste gute Kleid, das sie seit Jahren besaß, ruiniert hatte, und kaum einen Herzschlag später überkam sie das kalte Entsetzen und ein brennender Schmerz. Dann rann ihr das Blut am Arm herunter.
    Sie glaubte sterben zu müssen. Doch aus den Augenwinkeln sah sie die Klinge blitzen. An ihrer Schulter spürte sie den Spiegel und warf sich dahinter. Das kostbare Glas zersplitterte, als das Messer den Spiegel traf. Die untere Hälfte kam daraufhin mit Schwung nach oben und traf den Mörder an den Knien, der vor Schmerzen und Wut aufheulte.
    Rochalla merkte, dass er sie in die Enge trieb und sie sich immer weiter von der Tür entfernte. Wenn sie jetzt, wo er abgelenkt war, keinen Ausbruch wagte, dann würde es zu spät sein. Sie nahm all ihren Mut zusammen und versuchte an ihm vorbeizukommen, doch da war zu wenig Platz. Er drehte sich um und warf sich auf sie. Das Messer schnitt über ihrem Kopf durch die Luft. Fast hätte sie ihren wahren Feind vergessen, die kalte glänzende Klinge, die ein Eigenleben zu haben schien.
    Sie konnte nicht weiter ausweichen. In der Ecke war sie gefangen, über ihr das Messer, das darauf wartete, zuzustechen, vor ihr das blutige, wilde Gesicht ihres Mörders, der sie wie eine wütende Bestie anstarrte, weil sie seine Pläne durchkreuzt hatte. Sein Blick durchbohrte sie – doch plötzlich trat ein Ausdruck des Erstaunens in seine Augen. Das Messer fiel, streifte Rochallas ausgestreckte Hand und schlug auf den Boden. Ihr war gerade genug Verstand geblieben, dass sie aus der Ecke huschte, bevor der Mann auf sie fallen konnte.
    In seinem Rücken steckte ein Schwert, und Presvel stand hinter ihm. Er zitterte am ganzen Körper und starrte wie gebannt auf den Toten. Mit einem erlösenden Schrei streckte er die Arme nach Rochalla aus, half ihr auf die Beine und umarmte sie innig. Erschüttert wie sie war, dankbar und begierig nach Trost, wich sie diesmal nicht vor ihm zurück.
    Dann brach eine Stimme in ihre Zweisamkeit ein. »Presvel?« Wenngleich der Name undeutlich gesprochen war, wegen der aufgeplatzten und geschwollenen Lippen, so war doch die Boshaftigkeit im Tonfall umso deutlicher. Seriema stand da, schwankend wie ein Rohr im Wind, doch auf den Füßen, und hielt fest, was von ihrem Mieder noch übrig war, als sei dies der letzte Rest ihrer Würde. Ihr Gesicht war voller Blutergüsse und glich einem Gewitterhimmel, ihre Augen schleuderten Blitze zwischen den geschwollenen Lidern hervor. »Wie kannst du es wagen!«, fauchte sie. »Wirf diese Schlampe aus meinem Haus.«
    Presvel starrte sie mit offenem Mund an. »Aber, Herrin …«, begann er und stockte.
    Großer Gott! Frau, ich habe dir gerade das Leben gerettet!, dachte Rochalla. So eine verdammte Undankbarkeit! Die Angst, die ihr noch in den Gliedern steckte, verwandelte sich in Zorn – doch ihre wütende Erwiderung wurde von lauten Schritten auf der Treppe verhindert.
    Sie erschraken. Von Seriema schien der Ärger abzufallen wie ein Mantel, sie rannte schutzsuchend hinter Presvel, der nach dem Schwert griff.
    »Hallo?«, rief eine Männerstimme. »Ist da jemand?«
    Das hört sich gar nicht nach einem hinterhältigen Mörder an, dachte Rochalla und atmete ein wenig auf.
    Dann streckte derjenige den Kopf zur Tür herein – ein dunkelhaariger Mann mit besorgtem Gesichtsausdruck. Er schien weder den Zustand Seriemas noch die umgeworfenen Möbel oder den zerbrochenen Spiegel zu bemerken, und auch nicht den Toten auf dem Fußboden. »Bitte … ist meine Tochter hier?«, fragte er.
    Presvel war so sehr verblüfft, dass er leise antwortete: »Im Zimmer am Ende des Korridors.«
    Ein Strahlen ging über das Gesicht des Mannes, als sei soeben die Sonne aufgegangen. »Danke. Habt vielen Dank!« Dann war er schon wieder verschwunden.

 
     
    Klopfenden Herzens rannte Tormon in ein rosa geblümtes Schlafzimmer. Von seiner Tochter sah er nur ihre ordentlich gefalteten Kleidungsstücke auf einem Stuhl. Dann

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