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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Dienern hatte sie frei gegeben, damit sie mit ihrer Familie allein sein konnte. Das brauchte sie als Gegenmittel für ihre Unruhe, die in erster Linie dem Plan des Hauptmanns entsprang, den Hierarchen zu beseitigen und sie an dessen Stelle zu setzen. Ihre zweite Sorge galt der Händlersfrau und ihrer kleinen Tochter, die in der Zitadelle verschwunden waren, als ob es sie niemals gegeben hätte. Dreimal schon hatte Gilarra vorgesprochen und nach ihnen gefragt; jedes Mal war sie vertröstet worden: Sie badeten, hatten die Wächter behauptet, oder sie äßen oder schliefen. Dabei setzten die Soldaten immer dasselbe nichtssagende, höfliche Gesicht auf, mit dem sie auf eine nicht näher zu benennende Weise andeuteten, es bestehe kein Grund zur Sorge. Stets beriefen sie sich auf den Befehl des Hierarchen oder die Anweisungen des Hauptmanns, die von Gilarra nicht außer Kraft gesetzt werden konnten. Und jedes Mal hatte man sie dazu gebracht, vor dem Tor der Zitadelle wieder umzukehren, ohne dass nur ein einziges drohendes Wort gefallen wäre.
    Wenigstens war es ihr gelungen, Blanks jungen Leutnant abzufangen und ihn in deutlichen Worten auf ihre Besorgnis hinzuweisen. Galveron ist ein guter Kerl, versicherte sie sich selbst. Er würde nicht zulassen, dass ihnen etwas geschieht. Vielleicht bilde ich mir nur ein, dass sie in Gefahr schweben. Lieber Myrial, lass es wahr sein. Zavahl wird doch sicher nicht einer unschuldigen Mutter und ihrem Kind etwas antun? Er mag vielleicht fordernd und in seinem Glauben verbohrt sein, aber er ist doch darum kein schlechter Mensch und kaum jemals ungerecht gewesen – außer gegen sich selbst.
    Ihr Gatte Bevron hatte sich von der Arbeit in der Silberschmiede freigenommen. Er lag vor dem Kamin und spielte mit Aukil, ihrem kleinen Sohn. »Es ist erstaunlich, wie sich die Stimmung im Heiligen Bezirk verändert, wenn Zavahl fort ist. Es ist, als würden wir alle erleichtert aufatmen und uns entspannen«, meinte er. Gilarra schaute von dem Hemd auf, das sie bestickte. Aus Angst, die Geruhsamkeit des Nachmittags zu stören, hatte sie es bisher vermieden, über die bevorstehende Opferung Zavahls zu sprechen. Doch so hatte Bevron das Thema angeschnitten, und sie konnte kaum ausweichen, ohne ihm das Gefühl mangelnden Vertrauens zu geben. Sie zerbrach sich den Kopf, wie sie ihm die Neuigkeit auf schonende Weise mitteilen könnte, doch dann gab sie es auf. Ganz gleich, wie sie es vorbrächte, Bevron würde nicht erfreut sein. Am besten, sie brachte es einfach hinter sich. »Wenn es nach Blank geht, wirst du ab morgen jede Menge Zeit zum Entspannen haben«, erwiderte sie trocken. »Denn ab morgen Nacht wirst du neben dem neuen Hierarchen schlafen.«
    »Was?« Bevron sprang auf und zertrat dabei ein paar Holztiere, was einen Entrüstungsschrei des kleinen Aukil nach sich zog. »Du willst Zavahl opfern? Oh, Gilarra, nein! Das kann nicht wahr sein!«
    Gilarra ließ ihre Stickarbeit fallen, trat auf ihn zu und nahm seine Hände. »Das ist nicht meine Idee, Liebling. Aber wir beide scheinen die Einzigen in der Stadt zu sein, denen dieser Gedanke missfällt. Was die Menschen in Tiarond betrifft, so fühlen sie sich vom Hierarchen im Stich gelassen, und wahrscheinlich kann man das für ganz Callisiora sagen. Wenn Myrial sich von Zavahl abgewandt hat, und du musst zugeben, dass es ganz danach aussieht, dann ist er für das Volk von keinem weiteren Nutzen, außer als ein Opfer.«
    Bevron presste ihre Hände schmerzhaft zusammen. »Und wenn er geht, musst du ihn ersetzen.«
    »Liebling, wir haben stets gewusst, dass es dazu kommen könnte. Ich habe immer im Bewusstsein dieser Möglichkeit gelebt. Du hast es akzeptiert, als du mein Lebensgefährte wurdest.«
    »Nur weil ich glaubte, es würde niemals geschehen«, erwiderte Bevron. »Verfluchter Zavahl! Es wäre nie so weit gekommen, wenn er nicht solch ein frömmelnder Eiferer, solch ein eingebildeter Narr wäre!«
    »Oh, sei still!«, fuhr Gilarra dazwischen. »Der arme Zavahl – ich könnte seine Lebensauffassung niemals teilen. Ich habe keinen einsameren Mann gesehen als ihn. Einerseits tut er mir entsetzlich Leid, andererseits möchte ich am liebsten aus lauter Wut auf ihn einschlagen, weil er an seinen Problemen größtenteils selbst Schuld hat. Schon als Kind hat er alles furchtbar ernst genommen.«
    »Papa – weiterspielen!«, verlangte Aukil mit einer Unterlippe, die er wie eine offene Schublade vorgeschoben hatte, und zupfte seinem Vater am

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