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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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unbehaglich zumute gewesen. Trotz seines sonst so stolzen Anspruchs, sich niemals vom Rang einer Person einschüchtern zu lassen, flößte ihm das kalte, schroffe Benehmen der beiden großen Männer Furcht ein. Die Bewaffneten der Eskorte bedeuteten hier keine Hilfe. Vielmehr sahen sie durch ihn hindurch, als wäre er gar nicht vorhanden. Sie ritten diszipliniert und schwiegen. Nur das Lederknarren und Metallgeklirr war hin und wieder zu hören gewesen.
    Erst als sie bei dem Abhang angekommen waren und Tormon den Drachen vorweisen konnte, hatten sich die starre Haltung und der harte Gesichtsausdruck des Hierarchen etwas gelöst. Auch die Anspannung der Soldaten hatte nachgelassen. Doch das genügte nicht, um Tormon die Befangenheit zu nehmen. Der Hierarch wirkte weiterhin unzugänglich, und sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. Auch als er Tormon dankte, fehlten seiner Stimme die Wärme und die Aufrichtigkeit. Der Hauptmann an seiner Seite blieb so angespannt und bedrohlich wie eine beköderte Bärenfalle.
    Dann, als die Grabung so weit fortgeschritten war, dass schon ein gut Teil von der bewunderungswürdigen Kreatur zu sehen war, hatte Tormon sein Augenmerk auf etwas anderes gerichtet. Er stellte sich so, als würde er die Ausgrabung mit großem Interesse verfolgen, doch dabei galt seine ganze Konzentration dem heimlichen Versuch, sich langsam aber stetig seitwärts zu bewegen und größtmöglichen Abstand zwischen sich und die anderen zu legen. Im Schutz seiner Kapuze verfolgte er mit den Augen jede Bewegung des Hierarchen, des Hauptmanns und der Männer, die nicht an der Arbeit beteiligt waren. Verzweifelt suchte er die bemoosten, schlüpfrigen Felswände der Schlucht nach einem Fluchtweg ab. Wenn sich die Dinge so entwickelten, wie er es inzwischen befürchtete, dann würde er einen brauchen.
    Endlos dehnte sich die Zeit bis zum Abend, und ewig schien Tormon darauf warten zu müssen, dass seine Furcht sich bewahrheitete. Er zitterte vor Angst und Anspannung und konnte nichts dagegen tun. Nicht einen Augenblick hielt er sich für überspannt oder spielte die Gefahr herunter. Er blieb wachsam und fluchtbereit.
    Im selben Moment, als der Hierarch das Zeichen gab, rannte er los, ließ die Wachen mit den gezogenen Waffen zu seiner Rechten zurück und hastete in einem verrückten Kurs über die Trümmer des Abhangs zum Rand der Schlucht, sodass ihm niemand zu Pferde folgen konnte. Seine Angreifer hätten sicherlich erwartet, dass er zum Pfad hinauf fliehen würde, wo die Pferde angebunden waren, doch stattdessen brach er durch die Reihen der Grabenden, rannte über den Drachenkörper und dann kreuz und quer abwärts, bevor es seinen Gegnern gelang, sich zu sammeln.
    Die verstreut liegenden Baumstämme und Äste hemmten seine Lauf, boten aber eine gewisse Deckung. Pfeile surrten als dunkler, tödlicher Schwarm durch die Luft, krachten auf die Felsbrocken und schlugen dicht hinter ihm in Holz und Morast ein, dass sich sein Bauch vor Angst zusammenzog. Blanks Soldaten holten auf. Immer näher kamen ihre Schritte, das mahlende Geräusch rollender Steine, das Krachen der Zweige. Tormon konnte seine Verfolger schon keuchen hören. Ihm war übel vor Angst. Er rannte um sein Leben und betete, wie er noch nie zuvor gebetet hatte. Wenn doch die Wolken niederkämen, um ihn zu verbergen! Würde sich doch vor seinen Füßen ein Spalt auftun! Ein Wunder, oh Myrial, bitte, ein Wunder …
    Dann ein Pfeil, der ins Fleisch traf, und ein grausiger, durchdringender Schrei, der nicht enden wollte. Das ist nicht meine Stimme, dachte Tormon, ohne anzuhalten. Ich bin es nicht, der da schreit. Doch in dem aufflammenden Schmerz schwanden ihm die Sinne, und die Dunkelheit überkam ihn.
     
    Wie alle Drachen war auch Aethon ein Geschöpf des feurigen Elements und konnte von keiner Flamme versengt werden. Im Gegenteil: Auf seinen hungernden Körper hatte die Hitze der Fackeln eine belebende Wirkung. Sein Geist erhob sich aus der dunklen Tiefe des Vergessens in die Sphäre des Bewussten. Bald wurde der Drache seiner Umgebung gewahr: Er spürte die Nässe, den Morast, die schneidende Kälte. Doch kein Zeichen von Veldan oder Kazairl. In seinem geschwächten Zustand könnte er keinen Gedanken übertragen, der deutlicher gewesen wäre als ein dünnes Flüstern. Er war bestürzt, aber nicht überrascht, dass er keine Antwort bekam, denn es erschien ihm mehr als wahrscheinlich, dass die Wissenshüter unter dem Erdrutsch verschwunden waren. Und er

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