Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
dachte an die übrigen absonderlichen Bewohner von Gendival, denen sie bei ihrer Ankunft begegnet war, und dankte der Vorsehung, dass der Besucher zu den niedlichen Sorten gehörte und nicht etwa zu den tausendfüßigen Ungeheuern, die sie sicher noch bis in ihre Träume verfolgen würden. »Hier gibt es alle Arten sonderbar und wunderlich aussehendes Volk«, erklärte sie Zavahl. »Elion hat dich darauf vorbereitet, erinnerst du dich? Deshalb hast du die Augenbinde getragen. Zu diesem Zeitpunkt konntest du wohl noch nicht allzu viel auf einmal verkraften.« Sie grinste ihn an. »Aber inzwischen kannst du das, schätzte ich. Zumindest hoffe ich es.«
    Der Besucher stellte sich auf die Hinterbeine, sodass er Toulac bis an die Hüfte reichte, und sah zu den beiden Menschen mit einer geradezu unheimlich wirkenden Klugheit auf. »Wir müssen uns beeilen.« Sie vernahm seine Worte deutlich in ihrem Kopf. »Ich bin gekommen, um euch hier herauszubringen, und wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Toulac verfluchte im Stillen den Umstand, dass sie keinen Gedanken übertragen konnte. »Wer hat dich geschickt?«, fragte sie darum laut und hoffte, dass er sie verstehen würde.
    »Ich heiße Dessil. Ich wurde geschickt, um euch zu Veldan und den anderen zu bringen. Bei ihnen werdet ihr viel sicherer sein als hier.«
    »Wir werden sehr erleichtert sein, wenn wir wieder bei ihnen sind, das steht fest«, erwiderte die alte Söldnerin. »Aber warum hat Veldan nicht selbst mit mir gesprochen? Du weißt, dass ich Gedanken empfangen kann. Ich kann sie nur nicht aussenden. Ich habe den ganzen Nachmittag auf ein Wort von ihr gewartet. Geht es ihr gut?«
    »Ja. Aber sie wagt es nicht. Cergorn ist schon sehr unzufrieden, weil ihr beide hier seid. Wenn er außerdem eine Nachricht an euch auffängt, kann das nur mehr Ärger einbringen. Deshalb bin ich gekommen. Um euch Bescheid zu geben und euch zu führen.«
    Sie drehte sich zu Zavahl um und erzählte ihm, was Dessil gesagt hatte.
    »Du kannst dieses Tier verstehen?« Seine Stimme kletterte in die Höhe. »Wie?«
    »Ich höre es in meinem Kopf«, erklärte sie. »Ich kann auch den Feuerdrachen verstehen.«
    Zavahl runzelte die Stirn. Toulac erwartete, dass er ihr nicht glauben würde, und wurde überrascht. »Aber ich kann den Drachen hören. Warum höre ich nicht auch dieses Otter-Wesen?«
    Natürlich. Das konnte man sich fragen. Toulac zuckte die Achseln. »Ich glaube, das Rätsel sollten wir später lösen. Er hat gesagt, wir dürfen keine Zeit verlieren.« Und an Dessil gewandt fragte sie: »Was ist mit dem Wachposten geschehen?«
    »Er hatte einen Unfall.« Ein gewisses Vergnügen sprach aus dieser Antwort, und er pfiff leise durch die Zähne. »Ich habe durch das Treppengeländer gegriffen und eine Handvoll Perlen über den Boden rollen lassen. Unserem Volk bedeuten sie nichts, wir finden sie zu Hunderten. Aber ihr Menschen scheint sie sehr zu schätzen. Als er sich bückte, um sie aufzusammeln, habe ich mich von hinten angeschlichen und ihm eins übergebraten.«
    Toulac kicherte. »Dann lasst uns gehen«, sagte sie. »Solange es noch möglich ist.«
    »Warte mal.« Zavahl sah misstrauisch aus. »Wie können wir wissen, ob wir unserem Freund hier trauen dürfen? Vielleicht lügt er.«
    Eine Antwort sollte er nicht mehr bekommen. Plötzlich zersplitterte die Fensterscheibe, und Scherben flogen in alle Richtungen. Ein Wesen brach in die Kammer ein, das Toulacs finsterste Vorstellungen übertraf. Es sah aus wie ein Insekt, war aber so groß, dass es nur mit Mühe durch das Fenster passte. Im Moment der ersten Erstarrung blitzte in ihr die Erinnerung auf, wie sie als Kind einen Stein nach ihrem Hund warf und ein Hornissennest traf …
    Diesem Ungeheuer hier fehlten die Streifen, es glänzte nur schwarz und schillerte, aber es bot dieselbe räuberische Erscheinung, von dem dreieckigen Kopf mit den schwankenden Fühlern über den gewölbten, tropfenförmigen Leib bis hin zu dem grausam aussehenden Stachel. An den Beinen saßen Widerhaken, die riesigen Facettenaugen glitzerten böse, die gebogenen Zangen mit den gezackten Rändern zuckten und klickten gegeneinander, als freuten sie sich auf weiches Menschenfleisch. Dazu summte das Biest schrill und drohend, dass Toulac meinte, ihr müsste das Blut in den Adern gefrieren.
    Doch während sie diese Einzelheiten aufnahm, fuhr sie schon mit der Hand ans Schwert, und als sie es aus der Scheide zog, wurde hinter ihr die Tür aufgestoßen und drei

Weitere Kostenlose Bücher